Christian Bremkamp: Aussetzung der Wehrpflicht, Wahlschlappe in Baden-Württemberg, schwarz-grüne Gedankenspiele und nicht zuletzt die radikale Kehrtwende in der Energiepolitik – alles brennende Themen, über die in der CDU akuter Gesprächsbedarf besteht. Heute Vormittag nun sollen über 100 Kreisvorsitzende die Gelegenheit bekommen zu sagen, was sie von all dem halten, bei einer Aussprache im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Markus Feldenkirchen, Hauptstadtreporter des "Spiegel", auf was muss sich Kanzlerin Merkel ab elf Uhr denn gefasst machen?
Markus Feldenkirchen: Na, also ich glaube, dafür, dass wir in der CDU sind, also einer konservativen Partei, die immer noch Wert legt auf bürgerliche Umgangsformen, müssen wir uns auf einiges gefasst machen. Da hat sich über die letzten Jahre – das ist der Grundstock –, aber speziell über die letzten Wochen und Monate derart viel Unzufriedenheit, Frustration angestaut, und wenn die Herrschaften trotz ihrer, ja, wie soll man sagen, ihrer guten Kinderstube darauf hören, was ihnen zurzeit Unbehagen bereitet, dann werden das, glaube ich, die kritischsten Worte, die Angela Merkel zu hören bekommt, seitdem sie Kanzlerin ist.
Bremkamp: Da wird also wirklich aufgemuckt?
Feldenkirchen: Ja, also mit den ganzen Abstrichen, die man machen muss, weil wir uns in der CDU befinden. Das ist ja klassischerweise so, dass die Linken untereinander ein sehr viel emotionaleres und auch ungehobelteres Verhältnis pflegen – also ich denke, auf Schimpfworte und Lautstärken darf man sich bei so was nicht einstellen –, aber die klare Kritik an den von Ihnen gerade auch vorgetragenen Punkten, die wird Angela Merkel zu hören bekommen.
Bremkamp: An was hat die Basis denn eigentlich am meisten zu knabbern – sind es diese Themen oder ist es die Art und Weise, mit der in der Regierung gerade Politik gemacht wird?
Feldenkirchen: Ich glaube, es sind schon vordergründig die Themen. Angela Merkel hat der CDU vieles geraubt in den letzten Jahren, worüber sie stolz war. Sie hält das für eine angemessene Modernisierung der Partei, viele in der Partei sehen das anders. Für mich ist eine Partei letztlich eine Werte- und Gefühlsgemeinschaft, und da gibt es einen wärmenden Scheit in der Mitte, um den man sich immer wieder versammelt – das ist bei der CDU nicht groß anders als bei der SPD zum Beispiel. Und während Gerhard Schröder bei der SPD mit seiner Agenda 2010 einfach mit einem großen Knall vieles weggeräumt hat, einfach eine Spedition beauftragt hat und alles wegbringen lassen, hat Angela Merkel über die Jahre mit Akzentuierungen bei für die CDU wichtigen Themen, bei Veränderungen – zuletzt die Atompolitik – doch vieles von dem weggeschafft, was man früher mal als gemeinsame Basis verstanden hat.
Bremkamp: Gerade beim Thema Energiewende wurde ja gleich klargemacht, einen Sonderparteitag dazu wird es nicht geben. War das vielleicht ein Fehler, reicht so ein Treffen heute gar nicht aus?
Feldenkirchen: Es ist natürlich der Versuch, im Nachhinein Diskussionsbereitschaft und auch Legitimation für eine solche abenteuerliche Wende zu schaffen. Es könnte gut sein, dass das in der CDU mit ihren Umgangsformen gelingt, wobei das Thema Atompolitik und der Ausstieg für die CDU wirklich genauso hoch emotional war, wie das für die Grünen der Ausstieg daraus, die Forderung danach immer war. Ich habe selber viele Veranstaltungen der CDU miterlebt, wo zum Schluss eigentlich nur noch ein Thema die Leute richtig aufgewühlt und zum Jubeln gebracht hat, und das war eben dieses Bekenntnis, wir halten an der Atompolitik fest, beziehungsweise haben dort einen nüchterneren Umgang damit. Und irgendwie war das Thema zum Schluss als eines von wenigen übrig geblieben, mit dem man sich überhaupt noch unterscheiden konnte vom politischen Gegner. Und ich meine, das brauchen Parteien nun mal, irgendwas, worauf sie verweisen können, um zu sagen, wir sind anders, wir stehen für anderes und haben nicht nur einen unterschiedlichen Namen.
Bremkamp: Was kann denn Frau Merkel da jetzt noch machen, um das zu kitten?
Feldenkirchen: Das wird sehr schwierig für sie. Ich glaube, ihr Interesse kann nur sein, dieses Thema wirklich so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, diesen Ausstiegsbeschluss abzuhaken und dann in den zwei Jahren, die noch bleiben zur nächsten Bundestagswahl, einfach durch überzeugenderes Regierungshandeln die Partei wieder für sich zu gewinnen, als das in den ersten zwei Jahren unter Schwarz-Gelb der Fall war.
Bremkamp: Und vielleicht möglichst wenig über schwarz-grüne Optionen sprechen?
Feldenkirchen: Ja, also da reagieren sehr viele Mitglieder, eben die, die jetzt auch da heute ihren Unmut artikulieren werden, wenn sie sich denn trauen, doch sehr allergisch drüber. Das mag intellektuell alles sehr charmant sein, diese Überlegung, aber im Grunde fühlt das klassische konservative CDU-Mitglied doch ein riesiges Unbehagen nach wie vor gegenüber den Grünen, auch wenn es natürlich bei diversen Themen, gerade bei der Entwicklung, die beide Parteien hinter sich haben, mittlerweile einige Gemeinsamkeiten gibt.
Bremkamp: Markus Feldenkirchen, Hauptstadtreporter des "Spiegel", herzlichen Dank für diese Einschätzungen!
Feldenkirchen: Gerne!
Markus Feldenkirchen: Na, also ich glaube, dafür, dass wir in der CDU sind, also einer konservativen Partei, die immer noch Wert legt auf bürgerliche Umgangsformen, müssen wir uns auf einiges gefasst machen. Da hat sich über die letzten Jahre – das ist der Grundstock –, aber speziell über die letzten Wochen und Monate derart viel Unzufriedenheit, Frustration angestaut, und wenn die Herrschaften trotz ihrer, ja, wie soll man sagen, ihrer guten Kinderstube darauf hören, was ihnen zurzeit Unbehagen bereitet, dann werden das, glaube ich, die kritischsten Worte, die Angela Merkel zu hören bekommt, seitdem sie Kanzlerin ist.
Bremkamp: Da wird also wirklich aufgemuckt?
Feldenkirchen: Ja, also mit den ganzen Abstrichen, die man machen muss, weil wir uns in der CDU befinden. Das ist ja klassischerweise so, dass die Linken untereinander ein sehr viel emotionaleres und auch ungehobelteres Verhältnis pflegen – also ich denke, auf Schimpfworte und Lautstärken darf man sich bei so was nicht einstellen –, aber die klare Kritik an den von Ihnen gerade auch vorgetragenen Punkten, die wird Angela Merkel zu hören bekommen.
Bremkamp: An was hat die Basis denn eigentlich am meisten zu knabbern – sind es diese Themen oder ist es die Art und Weise, mit der in der Regierung gerade Politik gemacht wird?
Feldenkirchen: Ich glaube, es sind schon vordergründig die Themen. Angela Merkel hat der CDU vieles geraubt in den letzten Jahren, worüber sie stolz war. Sie hält das für eine angemessene Modernisierung der Partei, viele in der Partei sehen das anders. Für mich ist eine Partei letztlich eine Werte- und Gefühlsgemeinschaft, und da gibt es einen wärmenden Scheit in der Mitte, um den man sich immer wieder versammelt – das ist bei der CDU nicht groß anders als bei der SPD zum Beispiel. Und während Gerhard Schröder bei der SPD mit seiner Agenda 2010 einfach mit einem großen Knall vieles weggeräumt hat, einfach eine Spedition beauftragt hat und alles wegbringen lassen, hat Angela Merkel über die Jahre mit Akzentuierungen bei für die CDU wichtigen Themen, bei Veränderungen – zuletzt die Atompolitik – doch vieles von dem weggeschafft, was man früher mal als gemeinsame Basis verstanden hat.
Bremkamp: Gerade beim Thema Energiewende wurde ja gleich klargemacht, einen Sonderparteitag dazu wird es nicht geben. War das vielleicht ein Fehler, reicht so ein Treffen heute gar nicht aus?
Feldenkirchen: Es ist natürlich der Versuch, im Nachhinein Diskussionsbereitschaft und auch Legitimation für eine solche abenteuerliche Wende zu schaffen. Es könnte gut sein, dass das in der CDU mit ihren Umgangsformen gelingt, wobei das Thema Atompolitik und der Ausstieg für die CDU wirklich genauso hoch emotional war, wie das für die Grünen der Ausstieg daraus, die Forderung danach immer war. Ich habe selber viele Veranstaltungen der CDU miterlebt, wo zum Schluss eigentlich nur noch ein Thema die Leute richtig aufgewühlt und zum Jubeln gebracht hat, und das war eben dieses Bekenntnis, wir halten an der Atompolitik fest, beziehungsweise haben dort einen nüchterneren Umgang damit. Und irgendwie war das Thema zum Schluss als eines von wenigen übrig geblieben, mit dem man sich überhaupt noch unterscheiden konnte vom politischen Gegner. Und ich meine, das brauchen Parteien nun mal, irgendwas, worauf sie verweisen können, um zu sagen, wir sind anders, wir stehen für anderes und haben nicht nur einen unterschiedlichen Namen.
Bremkamp: Was kann denn Frau Merkel da jetzt noch machen, um das zu kitten?
Feldenkirchen: Das wird sehr schwierig für sie. Ich glaube, ihr Interesse kann nur sein, dieses Thema wirklich so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, diesen Ausstiegsbeschluss abzuhaken und dann in den zwei Jahren, die noch bleiben zur nächsten Bundestagswahl, einfach durch überzeugenderes Regierungshandeln die Partei wieder für sich zu gewinnen, als das in den ersten zwei Jahren unter Schwarz-Gelb der Fall war.
Bremkamp: Und vielleicht möglichst wenig über schwarz-grüne Optionen sprechen?
Feldenkirchen: Ja, also da reagieren sehr viele Mitglieder, eben die, die jetzt auch da heute ihren Unmut artikulieren werden, wenn sie sich denn trauen, doch sehr allergisch drüber. Das mag intellektuell alles sehr charmant sein, diese Überlegung, aber im Grunde fühlt das klassische konservative CDU-Mitglied doch ein riesiges Unbehagen nach wie vor gegenüber den Grünen, auch wenn es natürlich bei diversen Themen, gerade bei der Entwicklung, die beide Parteien hinter sich haben, mittlerweile einige Gemeinsamkeiten gibt.
Bremkamp: Markus Feldenkirchen, Hauptstadtreporter des "Spiegel", herzlichen Dank für diese Einschätzungen!
Feldenkirchen: Gerne!