Wer erinnert sich noch an den Streit um die "Tankstelle"? Sir Norman Foster hatte das Berliner Reichstagsgebäude, das künftig den Deutschen Bundestag beherbergen sollte, mit einer riesigen, fünfzig Meter hohen Pergola überdachen wollen, höher als der Reichstag selbst und etwa doppelt so breit. Der berüchtigte Berliner Volksmund hatte für seinen Entwurf schnell eine seiner gemeinen Analogien gefunden – Foster gewann damals zwar den Wettbewerb, musste sich den ersten Platz aber mit Santiago Calatrava teilen, der den künftigen Plenarsaal in Anlehnung an den Vorkriegszustand des Gebäudes mit einem gefalteten Glasdach und einer großen Kuppel überwölben wollte.
Beim direkten Aufeinandertreffen der beiden Konkurrenten erwies sich Foster als der geschicktere Verhandler. Als er merkte, dass die Jury von Calatravas höchst eleganter Kuppel hingerissen war, gab er seine zunächst noch kategorische Ablehnung eines Kuppelbaus und damit seine Pergola auf und präsentierte der Jury eine eigene Kuppel. Die war zwar weniger, aber durch die Idee, eine sich spiralförmig hinaufwindende Besucherplattform und eine damals als ökologisch angepriesene Lüftung und Beleuchtung des Plenarsaales zu integrieren, kaufte er Calatrava den Schneid ab.
Damals waren Experten und Öffentlichkeit gespalten, wie so oft bei den Entwürfen für die Hauptstadtplanung nach der Wende. Calatrava galt nicht Wenigen als der bessere, der poetische Baumeister, der dem klobigen Reichstag eine völlig unvermutete jugendstilhafte Grazilität verliehen hätte.
Betrachtet man jetzt mit fast zwanzig Jahren Abstand noch einmal die Entwürfe nebeneinander in der Berlinischen Galerie, erscheint genau diese ätherische Grazilität bei Calatrava des Schönen ein wenig zu viel zu sein, während Fosters "Zitronenpresse", wie die Berliner seine Kuppel nannten, sich trotz kleinerer Macken pragmatisch in den Politik- und Publikumsbetrieb eingefügt zu haben scheint.
Über den Verlauf der Wettbewerbe für die Hauptstadtplanung sind viele dicke Bücher und Dissertationen geschrieben worden. Diese eher kleine Ausstellung in der Berlinischen Galerie kann nicht sämtliche Entwürfe und Debatten noch einmal aufrollen. Aber punktuell kann sie schon noch einmal verdeutlichen, was für ein ästhetischer Kraftakt diese Hauptstadtplanung unter ihren extremen historischen Bedingungen war.
Buchstäblich im Zentrum stand neben dem Reichstag die Beplanung des Spreebogens mit Bundeskanzleramt und Abgeordnetenbauten. Axel Schultes’ und Charlotte Franks Siegerentwurf für die "Spur" oder das "Band des Bundes", das beide Teile Berlins überspannt, mag aus heutiger Sicht immer wieder Spott herausfordern wegen der sinnlosen, inzwischen vom Berliner Wetter gezeichneten Betonbauklötzchenarchitektur zwischen den einzelnen Gebäuden. Das Bundeskanzleramt selbst gilt als voluminöser, bunkerartiger Irrtum.
Vielleicht wäre die Lösung von Arto Sipinen mit mehreren versetzt aufeinander gestapelten, kleinen Kuben doch die bessere Lösung gewesen oder der große filigrane Säulenhof von Krüger/Schubert/Vandreike, der entfernt an den Campo San Marco in Venedig erinnert und damals ebenfalls auf Platz eins landete und hier in einem wunderbaren großen Modell noch einmal zu sehen ist. Aber von den auszugsweise hier vorgeführten, zahllosen Wettbewerbsbeiträgen mutet wiederum keiner so durchschlagend an, dass er das nüchterne Pathos der Lösung von Schultes/Frank einfach widerlegen würde.
Merkwürdig weit entfernt muten all diese Debatten heute an. Dem Berliner Humor ist der Überdruss an der ebenso rasanten wie gigantischen Transformation der Stadt in den neunziger Jahren anzumerken. Eigentlich redet man ungern über die Anhäufung mediokrer Sparkassenarchitektur, in der Schlossdebatte sind die letzten Ausläufer des Defätismus auszumachen.
Aber hin und wieder blitzt doch auch so etwas wie Anerkennung für einige wenige Perlen auf, die die Hauptstadtplanung hervorgebracht hat: Die Skandinavischen Botschaften etwa, weltweit einzigartig auf einem gemeinsamen architektonischen Grundriss zusammengefasst, die Mexikanische und die Indische Botschaft oder die Niederländische von Rem Koolhaas, der Anfang der neunziger Jahre entsetzt aus Berlin geflohen war und die Hauptstadtplanung als "massacre of ideas" geschmäht hatte - ein geflügeltes Wort mittlerweile.
Aber die Ausstellung in der Berlinischen Galerie zeigt, dass es sich lohnt, mit wachsendem zeitlichem Abstand immer wieder einmal auf diese beispiellose Phase der Architektur in Deutschland zu blicken.
Beim direkten Aufeinandertreffen der beiden Konkurrenten erwies sich Foster als der geschicktere Verhandler. Als er merkte, dass die Jury von Calatravas höchst eleganter Kuppel hingerissen war, gab er seine zunächst noch kategorische Ablehnung eines Kuppelbaus und damit seine Pergola auf und präsentierte der Jury eine eigene Kuppel. Die war zwar weniger, aber durch die Idee, eine sich spiralförmig hinaufwindende Besucherplattform und eine damals als ökologisch angepriesene Lüftung und Beleuchtung des Plenarsaales zu integrieren, kaufte er Calatrava den Schneid ab.
Damals waren Experten und Öffentlichkeit gespalten, wie so oft bei den Entwürfen für die Hauptstadtplanung nach der Wende. Calatrava galt nicht Wenigen als der bessere, der poetische Baumeister, der dem klobigen Reichstag eine völlig unvermutete jugendstilhafte Grazilität verliehen hätte.
Betrachtet man jetzt mit fast zwanzig Jahren Abstand noch einmal die Entwürfe nebeneinander in der Berlinischen Galerie, erscheint genau diese ätherische Grazilität bei Calatrava des Schönen ein wenig zu viel zu sein, während Fosters "Zitronenpresse", wie die Berliner seine Kuppel nannten, sich trotz kleinerer Macken pragmatisch in den Politik- und Publikumsbetrieb eingefügt zu haben scheint.
Über den Verlauf der Wettbewerbe für die Hauptstadtplanung sind viele dicke Bücher und Dissertationen geschrieben worden. Diese eher kleine Ausstellung in der Berlinischen Galerie kann nicht sämtliche Entwürfe und Debatten noch einmal aufrollen. Aber punktuell kann sie schon noch einmal verdeutlichen, was für ein ästhetischer Kraftakt diese Hauptstadtplanung unter ihren extremen historischen Bedingungen war.
Buchstäblich im Zentrum stand neben dem Reichstag die Beplanung des Spreebogens mit Bundeskanzleramt und Abgeordnetenbauten. Axel Schultes’ und Charlotte Franks Siegerentwurf für die "Spur" oder das "Band des Bundes", das beide Teile Berlins überspannt, mag aus heutiger Sicht immer wieder Spott herausfordern wegen der sinnlosen, inzwischen vom Berliner Wetter gezeichneten Betonbauklötzchenarchitektur zwischen den einzelnen Gebäuden. Das Bundeskanzleramt selbst gilt als voluminöser, bunkerartiger Irrtum.
Vielleicht wäre die Lösung von Arto Sipinen mit mehreren versetzt aufeinander gestapelten, kleinen Kuben doch die bessere Lösung gewesen oder der große filigrane Säulenhof von Krüger/Schubert/Vandreike, der entfernt an den Campo San Marco in Venedig erinnert und damals ebenfalls auf Platz eins landete und hier in einem wunderbaren großen Modell noch einmal zu sehen ist. Aber von den auszugsweise hier vorgeführten, zahllosen Wettbewerbsbeiträgen mutet wiederum keiner so durchschlagend an, dass er das nüchterne Pathos der Lösung von Schultes/Frank einfach widerlegen würde.
Merkwürdig weit entfernt muten all diese Debatten heute an. Dem Berliner Humor ist der Überdruss an der ebenso rasanten wie gigantischen Transformation der Stadt in den neunziger Jahren anzumerken. Eigentlich redet man ungern über die Anhäufung mediokrer Sparkassenarchitektur, in der Schlossdebatte sind die letzten Ausläufer des Defätismus auszumachen.
Aber hin und wieder blitzt doch auch so etwas wie Anerkennung für einige wenige Perlen auf, die die Hauptstadtplanung hervorgebracht hat: Die Skandinavischen Botschaften etwa, weltweit einzigartig auf einem gemeinsamen architektonischen Grundriss zusammengefasst, die Mexikanische und die Indische Botschaft oder die Niederländische von Rem Koolhaas, der Anfang der neunziger Jahre entsetzt aus Berlin geflohen war und die Hauptstadtplanung als "massacre of ideas" geschmäht hatte - ein geflügeltes Wort mittlerweile.
Aber die Ausstellung in der Berlinischen Galerie zeigt, dass es sich lohnt, mit wachsendem zeitlichem Abstand immer wieder einmal auf diese beispiellose Phase der Architektur in Deutschland zu blicken.