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"Die Unkenntlichmachung ist unwiderruflich"

Die Deutschlandsprecherin von Google, Lena Wagner, rechnet hierzulande mit einem Start von Google Street View bis Ende des Jahres, auch wenn bereits über 244.000 Widersprüchen gegen den Geodatendienst vorliegen. Wagner rät, mit Widersprüchen bis zum Start von Street View zu warten, da die Unkenntlichmachungen von Häusern unwiderruflich sei.

Lena Wagner im Gespräch mit Theo Geers | 21.10.2010
    Theo Geers: Lena Wagner in Hamburg, Sie sind Pressesprecherin von Google Deutschland. Hat Sie diese hohe Zahl von 244.237 Einsprüchen aus 20 deutschen Großstädten überrascht?

    Lena Wagner: Nein, uns hat sie nicht überrascht. Wir sehen das auch nicht als eine hohe Zahl an. Es sind nämlich weniger als drei Prozent der Haushalte aus diesen 20 genannten großen Städten. Insofern ist das ein geringer Anteil an der Gesamtzahl der Haushalte in diesen 20 Städten. Wir wussten schon immer, dass Street View ein nützliches Produkt ist, wir haben das in bisher über 25 Ländern gelauncht und haben da gesehen, dass Nutzer wirklich Freude daran haben, dieses Feature von Google Maps zu nutzen, und auch die Deutschen nutzen es bereits, um beispielsweise ihren Urlaub zu planen in Ländern, wo wir das bereits gelauncht haben, wie Frankreich und Niederlande beispielsweise. Also hunderttausende deutsche Nutzer nutzen heutzutage schon wöchentlich Street View.

    Geers: Noch mal eine Frage zu den 244.000 Einsprüchen, Frau Wagner. Sie rechnen das prozentual auf die Haushalte um, kommen dann auf knapp drei Prozent. Aber wenn man die Häuser nehmen würde, dann wäre doch der Prozentsatz etwas höher. Rechnen Sie das nicht ein bisschen schön, was die Zahl der Widersprüche betrifft?

    Wagner: Nein, wir rechnen es nicht schön. Wir haben die Anzahl der geblurrten Häuser nicht errechnet, aber es werden auf alle Fälle weniger sein als diese 245.000 Einsprüche, die wir bekommen haben. Das kommt daher, dass natürlich in manchen Häusern mehrere Haushalte wohnen, also mehrere Parteien. Insofern kann es natürlich sein, dass aus der Hauptstraße 10 beispielsweise zwei Leute aus demselben Haus einen Antrag gestellt haben auf Unkenntlichmachung. Insofern wird die Anzahl an unkenntlich gemachten Häusern in Deutschland oder in den 20 Städten weniger sein als 250.000 Häuser.

    Geers: Was passiert denn jetzt mit den Einsprüchen? Wie werden die bearbeitet, Frau Wagner?

    Wagner: Die kommen bei uns an, sowohl per Brief als auch per Online-Tool, das wir eigens dafür eingerichtet haben. Die werden bei uns von über 200 Kollegen, die eigens dafür geschult sind, bearbeitet. Das heißt, die Adresse wird natürlich erst mal in das Tool eingegeben, dann wird das Haus aufgerufen, das Bild des Hauses, dort wird es eingegrenzt, sowohl von der Frontalsicht als auch natürlich aus dem Winkel von rechts, auch aus dem Winkel von links, sodass das Haus wirklich nicht mehr erkennbar ist, und dann wird es unkenntlich gemacht. Diese Unkenntlichmachung ist für immer, das heißt, sie ist unwiderruflich, weil wir mit den Datenschutzbeauftragten besprochen haben – das war ein Wunsch von denen -, dass wir auch die Rohdaten, also die Originaldaten unkenntlich machen.

    Geers: Das heißt also, man kann es sich hinterher nicht noch mal wieder anders überlegen, zum Beispiel, wenn man dann plötzlich denkt, es ist doch ganz praktisch, wenn das Haus bei Street View zu sehen wäre, wenn man es zum Beispiel verkaufen oder vermieten möchte?

    Wagner: Nein, das geht leider nicht. Wenn ein Widerspruch bei uns eingetroffen ist und wir den bearbeitet haben, können wir die Verwischung nicht mehr rückgängig machen. Deswegen haben wir auch immer gesagt, dass wir empfehlen, erst mal abzuwarten, sich das Haus anzuschauen, sobald der Service live ist, und auch dann hat natürlich nach wie vor jeder die Möglichkeit, einen Einspruch einzulegen. Das geht ganz einfach. In Street View selbst ist eine Funktion integriert, die heißt "Ein Problem melden". Das ist ein Link, auf den kann man klicken und da kann man ganz einfach Google mitteilen, das ist mein Haus und das möchte ich nicht drin haben. Insofern hat auch jeder nach wie vor die Möglichkeit, sich sein Haus anzuschauen und das auch noch im Nachhinein unkenntlich zu machen. Rückgängig kann man die Unkenntlichmachung leider nicht machen.

    Geers: Da wird sich dann möglicherweise vielleicht noch der eine oder andere Vermieter bei seinem Mieter bedanken, wenn der Mieter den Einspruch eingelegt hat. – Aber noch mal zurück zum Thema Street View, Frau Wagner. Wie lange brauchen Sie denn jetzt, um die 244.000 Widersprüche abzuarbeiten? Vorher darf und soll Street View ja nicht starten.

    Wagner: Genau. Das haben wir mit den deutschen Datenschutzbehörden so besprochen. Wir haben zugesagt, dass wir die bearbeiten werden, wobei ich auch hier hinweisen muss, dass wir dort mit Fehlern rechnen, weil wir natürlich manche Eingaben nicht komplett bekommen haben. Manchmal kann man eine Hausnummer nicht sehen. Dementsprechend ist es nicht so einfach zu identifizieren. Wir werden noch dieses Jahr starten - das haben wir immer gesagt und dabei bleibt es auch – für die 20 größten deutschen Städte, und da das Jahr recht weit fortgeschritten ist, wird es in den nächsten paar Wochen dazu kommen, dass die 20 größten deutschen Städte ihr Haus in Street View sehen können.

    Geers: 244.000 Bürger haben Nein gesagt zu Google Street View. Das war die Pressesprecherin von Google Deutschland, Lena Wagner. Vielen Dank.

    Wagner: Sehr gerne.