Der blaue Planet, umgeben von einer leicht verwirbelten Wolkendecke – als das Foto 1968 von den Amerikanern veröffentlicht wurde, war es ein Propagandainstrument im Kalten Krieg. Die USA wollten beweisen, dass sie im Rennen um die Vorherrschaft im Weltraum, in dem zuvor die Sowjetunion dominierte, stark aufgeholt hatten. Doch das Foto bekam schnell eine andere Bedeutung:
"Russell Schweickart, einer der Astronauten, hat diesen schönen Slogan geprägt: "No Frames, no boundaries" ... - man sieht von dort oben die Konflikte nicht mehr. Deswegen wurde dieses Bild aus dem Kontext des kalten Krieges herausgenommen und zu einer Ikone der Gegenkultur, insbesondere dann der Umweltbewegung."
Anselm Franke hat die Ausstellung gemeinsam mit dem Pop-Theoretiker Diedrich Diederichsen kuratiert. Zu sehen sind Gemälde, Fotos und Installationen - vor allem aber Filme und Zeitschriften, die von der Entwicklung des Weltbilds bis in die 90er-Jahre berichten. Das Foto vom blauen Planeten löste die Aufnahmen von den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki als globale Ikone ab. Neben der Angst vor einem Nuklearkrieg zwischen Ost und West wuchs die Sorge um die Welt als Ganzes. Eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielte der "Whole Earth Catalog", der ab 1968 von Stewart Brand herausgegeben wurde.
"Der Katalog ist die wichtigste Publikation der kalifornischen Gegenkultur gewesen, also der Hippies, der Kommunenbewegung, der Umweltbewegung, auch der psychedelischen Bewegung, auch der Esoteriker, der Psychologen etc. - also ein unglaubliches Potpourri von unterschiedlichen Strömungen auf diesen Seiten des Whole Earth Catalog, der eigentlich ein Mailorder-Katalog war, ohne aber kommerziell zu sein: Er gab nur "access to tools", also Zugang zu Werkzeugen, und diese Idee der Werkzeuge als Emanzipationstools, also wenn man die richtigen Werkzeuge hat, kann man auch eine neue Zivilisation bauen – ... alles steht im Zeichen, "wir müssen die Erde als ein System verstehen ..."
... im Gegensatz zu den dualistischen Weltbildern, die zuvor dominiert hatten. Es ging um Ökologie, aber auch um das Hinterfragen von Machtstrukturen. Die Kybernetik stand hoch im Kurs, die Wissenschaft von der Steuerung sozialer Systeme durch Organisation von Informationsströmen.
"Alles musste kybernetisch organisiert werden, von der Schulklasse über die Space Colony, die zu begründen war. Das ist ein großer Traum gewesen, wir könnten uns von der Macht entfernen und von allem Bösen, was die Macht tut."
Die Ausstellung präsentiert Zeitungsberichte und Filme über Hippie-Kommunen, die damals wie Pilze aus dem Boden schossen. Bands, die für die Bewegung den Soundtrack lieferten, werden kurz porträtiert – Jefferson Airplane, The Grateful Dead und die Doors.
"Die Songtexte der Doors beinhalten tatsächlich fast alle Motive, die diese Ausstellung bespricht, auch alle Paradoxa. Man besingt, was der Mensch alles Schlimmes mit dem Planeten gemacht hätte: geplündert, vergewaltigt und so weiter. Und im nächsten Atemzug heißt es trotzdem wieder: "We want the world, and we want it now!"
Solche Widersprüche hebt die Ausstellung hervor: Sie zeigt Fotos von Studenten in Berkeley, die gegen Computer demonstrieren, weil sie sie als Ausdruck einer technokratischen Massengesellschaft empfinden und Artikel des Whole-Earth-Catalog-Gründers Stewart Brand, der den Computer als Ausdruck des Individualismus feiert. Die Idee einer hierarchiefreien Gesellschaft sei in Kalifornien von den Hippiekommunen in die Computernetzwerke übergegangen, sagt Anselm Franke:
"In diesem Traum leben wir eigentlich noch immer. Der hat sich speziell in den 90er-Jahren, in der Internetbegeisterung, gepaart mit Globalisierungsbegeisterung. Nach dem Fall der Berliner Mauer die Idee, das jetzt auch jede andere Grenze fallen würde. ... Heute haben wir da eine Reihe von Zweifeln."
Darum endet die Ausstellung auch in den 90er-Jahren. Sie präsentiert eine solche Fülle unterschiedlicher Konzepte, dass es schwer ist, den Überblick zu behalten. "Das Ganze ist das Unwahre", steht auf einer der letzten Schautafeln - ein Adorno-Zitat. Vielleicht ist das ja auch als Hinweis an die Zuschauer gemeint. Man sollte lieber mehrmals kommen. Alles auf einmal anzuschauen, bringt nichts, denn dann stellt sich schnell Ratlosigkeit ein.
"Russell Schweickart, einer der Astronauten, hat diesen schönen Slogan geprägt: "No Frames, no boundaries" ... - man sieht von dort oben die Konflikte nicht mehr. Deswegen wurde dieses Bild aus dem Kontext des kalten Krieges herausgenommen und zu einer Ikone der Gegenkultur, insbesondere dann der Umweltbewegung."
Anselm Franke hat die Ausstellung gemeinsam mit dem Pop-Theoretiker Diedrich Diederichsen kuratiert. Zu sehen sind Gemälde, Fotos und Installationen - vor allem aber Filme und Zeitschriften, die von der Entwicklung des Weltbilds bis in die 90er-Jahre berichten. Das Foto vom blauen Planeten löste die Aufnahmen von den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki als globale Ikone ab. Neben der Angst vor einem Nuklearkrieg zwischen Ost und West wuchs die Sorge um die Welt als Ganzes. Eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielte der "Whole Earth Catalog", der ab 1968 von Stewart Brand herausgegeben wurde.
"Der Katalog ist die wichtigste Publikation der kalifornischen Gegenkultur gewesen, also der Hippies, der Kommunenbewegung, der Umweltbewegung, auch der psychedelischen Bewegung, auch der Esoteriker, der Psychologen etc. - also ein unglaubliches Potpourri von unterschiedlichen Strömungen auf diesen Seiten des Whole Earth Catalog, der eigentlich ein Mailorder-Katalog war, ohne aber kommerziell zu sein: Er gab nur "access to tools", also Zugang zu Werkzeugen, und diese Idee der Werkzeuge als Emanzipationstools, also wenn man die richtigen Werkzeuge hat, kann man auch eine neue Zivilisation bauen – ... alles steht im Zeichen, "wir müssen die Erde als ein System verstehen ..."
... im Gegensatz zu den dualistischen Weltbildern, die zuvor dominiert hatten. Es ging um Ökologie, aber auch um das Hinterfragen von Machtstrukturen. Die Kybernetik stand hoch im Kurs, die Wissenschaft von der Steuerung sozialer Systeme durch Organisation von Informationsströmen.
"Alles musste kybernetisch organisiert werden, von der Schulklasse über die Space Colony, die zu begründen war. Das ist ein großer Traum gewesen, wir könnten uns von der Macht entfernen und von allem Bösen, was die Macht tut."
Die Ausstellung präsentiert Zeitungsberichte und Filme über Hippie-Kommunen, die damals wie Pilze aus dem Boden schossen. Bands, die für die Bewegung den Soundtrack lieferten, werden kurz porträtiert – Jefferson Airplane, The Grateful Dead und die Doors.
"Die Songtexte der Doors beinhalten tatsächlich fast alle Motive, die diese Ausstellung bespricht, auch alle Paradoxa. Man besingt, was der Mensch alles Schlimmes mit dem Planeten gemacht hätte: geplündert, vergewaltigt und so weiter. Und im nächsten Atemzug heißt es trotzdem wieder: "We want the world, and we want it now!"
Solche Widersprüche hebt die Ausstellung hervor: Sie zeigt Fotos von Studenten in Berkeley, die gegen Computer demonstrieren, weil sie sie als Ausdruck einer technokratischen Massengesellschaft empfinden und Artikel des Whole-Earth-Catalog-Gründers Stewart Brand, der den Computer als Ausdruck des Individualismus feiert. Die Idee einer hierarchiefreien Gesellschaft sei in Kalifornien von den Hippiekommunen in die Computernetzwerke übergegangen, sagt Anselm Franke:
"In diesem Traum leben wir eigentlich noch immer. Der hat sich speziell in den 90er-Jahren, in der Internetbegeisterung, gepaart mit Globalisierungsbegeisterung. Nach dem Fall der Berliner Mauer die Idee, das jetzt auch jede andere Grenze fallen würde. ... Heute haben wir da eine Reihe von Zweifeln."
Darum endet die Ausstellung auch in den 90er-Jahren. Sie präsentiert eine solche Fülle unterschiedlicher Konzepte, dass es schwer ist, den Überblick zu behalten. "Das Ganze ist das Unwahre", steht auf einer der letzten Schautafeln - ein Adorno-Zitat. Vielleicht ist das ja auch als Hinweis an die Zuschauer gemeint. Man sollte lieber mehrmals kommen. Alles auf einmal anzuschauen, bringt nichts, denn dann stellt sich schnell Ratlosigkeit ein.