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"Die Zeit spielt gegen Obama"

US-Präsident Barack Obama sei im zweiten TV-Duell aktiver und aggressiver gewesen und habe Mitt Romney ein paar Mal erwischt, sagt Charles King Mallory IV, Direktor des Berliner Aspen-Instituts. Entscheidend sei aber, ob er mit dieser aggressive Positionierung bei den unabhängigen Wählern ankommen werde.

Charles King Mallory im Gespräch mit Christiane Kaess | 17.10.2012
    Christiane Kaess: Vor einer knappen halben Stunde ist es zu Ende gegangen, das Rededuell im amerikanischen Fernsehen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney. Ein weiteres soll es noch geben vor der Wahl am 6. November. Beim ersten Duell vor ein paar Wochen schnitt Obama unerwartet schlecht ab: zu defensiv, müde und abgeschlagen, das war damals die Kritik, wohingegen Romney überraschenderweise im Vergleich zum Amtsinhaber glänzen konnte.
    Am Telefon verbunden sind wir jetzt mit Charles King Mallory, er ist Direktor des deutschen Aspen-Instituts mit einer eher konservativen Ausrichtung. Guten Morgen, Herr Mallory!

    Charles King Mallory: Guten Morgen, Frau Kaess.

    Kaess: Herr Mallory, Sie haben das Duell für uns verfolgt. Es gab ja das Versprechen Obamas, mehr Aktivität werde zu sehen sein in diesem zweiten Duell. Ist ihm das Ihrer Meinung nach geglückt?

    Mallory: Ja. Eindeutig war der Präsident aggressiver und aktiver in dieser Debatte und er ist besser davon gekommen als letztes Mal.

    Kaess: Wie hat er denn seine Taktik geändert?

    Mallory: Ja es fing einfach damit an, wo er hinguckte, als Romney sprach. Er hat nicht nach unten geguckt, er sah nicht so deprimiert aus wie letztes Mal, er hat dann auch aktiv unterbrochen, er hat Romneys Fakten infrage gestellt, er hat einfach eine viel aktivere, aggressivere Position eingenommen. Die Frage ist, ob diese aggressive Positionierung, die ja gut ankommt bei seiner Basis, auch gut ankommt bei den unabhängigen Wählern, die im Endeffekt diese Wahl entscheiden werden.

    Kaess: Was glauben Sie, wie sie ankommen wird?

    Mallory: Schwer zu sagen. Man muss diese Gruppe dann auch noch mal unterteilen, und ich habe während der Debatte ganz genau auf die Reaktionen, die man ja live verfolgen konnte, von Frauen geschaut, weil da hat Romney einen wesentlichen Nachteil und da, glaube ich, kam die Position von Obama nicht so wahnsinnig gut an. Wir müssen die Umfragen abwarten, die uns eine objektive Latte geben, um die Ergebnisse von der Debatte zu sehen. Für mich gab es keinen eindeutigen Sieger dieser Debatte. Im Endeffekt geht es um die Wahlmänner und Obama liegt da vorne im Moment, und die Zeit spielt gegen Obama in diesem Zusammenhang.

    Kaess: Noch mal kurz zur Haltung Obamas. Im ersten Duell wollte er ja vermeiden, als "angry black man", also als verärgerter schwarzer Mann zu wirken. Können Sie diese Bedenken nachvollziehen?

    Mallory: Ja, das kann ich nachvollziehen. Aber das Problem mit seiner Zurückhaltung ist, er wollte auch nicht den Vorteil, den er schon hatte unter den Wahlmännern – und heute steht der Vorteil im Moment um 50 Wahlmänner, wenn man alle Staaten zuordnet; es gibt um die elf Staaten, die wirklich im Spiel stehen -, er wollte diesen Vorteil nicht verspielen mit irgendeiner aggressiven Position in der ersten Debatte. Aber das Problem ist, dass in der ersten Debatte es Romney gelungen ist, seine Glaubwürdigkeit als möglicher Präsident zu etablieren und die Seifenblase der negativen Werbung von Obama platzen zu lassen.

    Kaess: Wie hat Romney jetzt im zweiten Duell im Vergleich dazu auf Sie gewirkt?

    Mallory: Der Präsident hat Romney ein paar Mal erwischt, das muss man einfach mal sagen, und ich sehe im Moment keinen eindeutigen Sieger. Ich glaube, Romney war ein bisschen zurückhaltender, ein bisschen höflicher. Ob das ein Vorteil für ihn sein wird, kann ich nicht beurteilen, aber ich glaube, die Zeit spielt für Romney.

    Kaess: Warum?

    Mallory: Ja, weil um die 80 Prozent der unentschiedenen Wähler für die neue Person wählen im Endeffekt, und es geht im Endeffekt hier um 146 Wahlstimmen, Wahlmänner, die noch nicht wirklich entschieden sind. Und wenn Romney 40 Prozent davon gewinnt, also die Hälfte von der Quote, die normalerweise für den Gegner des Präsidenten wählen, dann hat er es geschafft.

    Kaess: Mal abseits der Wahlarithmetik – kann Romney auch souveräner wirken, weil er jetzt nicht mehr sich seiner eigenen Partei präsentieren muss und nicht mehr so radikal sich darstellen muss?

    Mallory: Das ist natürlich klassische Wahlkampftaktik unter den Republikanern. Man muss sich sehr nach rechts positionieren in den Vorwahlen, um innerparteilich sozusagen sich zu behaupten, und die große Herausforderung besteht immer darin, sich wieder Richtung Mitte zu bewegen rechtzeitig vor den Hauptwahlen, um die unabhängigen Wähler zu gewinnen.

    Kaess: Wie groß ist hier das Risiko, dass Romney wieder die Wähler am rechten Rand verliert?

    Mallory: Eher glaube ich nicht. Im Endeffekt sind die Republikaner sehr mobilisiert und die Anzahl der Wähler, die eigentlich zu den Wahlstätten kommen, wird auch entscheidend sein in der Wahl. Er kann auf eine sehr mobilisierte republikanische Wählerschaft zählen und seine sogenannte schwache Vergangenheit in Massachusetts, wo er eher als moderater Politiker bezeichnet wird, spielt eigentlich zu seinem Vorteil in dieser Periode.

    Kaess: Ist sein Profil noch klar?

    Mallory: Das ist eine Frage, die man jedem Politiker eigentlich stellen kann. Ich glaube, beide haben im Laufe der Debatte Momente durchleuchtet, wo etwas gesagt wurde und etwas anderes getan wurde. Ich sehe nicht einen klaren Vorteil oder Nachteil für den einen oder den anderen dort.

    Kaess: Charles King Mallory war das, er ist Direktor des deutschen Aspen-Instituts, das eine eher konservative Ausrichtung hat. Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Mallory.

    Mallory: Gerne, Frau Kaess.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

    Mehr zum Thema finden Sie in unserem Sammelportal US-Wahl 2012.