Peter Kapern: Vor zehn Jahren noch, meine Damen und Herren, wurden in Deutschland Tag für Tag gut 28 Millionen Tageszeitungen verkauft; im ersten Quartal dieses Jahres waren es gerade noch 22 Millionen. Und noch drastischer als die Auflage sind die Werbeeinnahmen geschrumpft. Keine Frage: Der deutschen Presse geht es nicht besonders gut, und vor diesem Hintergrund hält der VDL heute und morgen in Berlin seinen Verbandstag ab. Der VDL, das ist der Verband Deutscher Lokalzeitungen, in dem die kleineren deutschen Zeitungen zusammengeschlossen sind. Zum Vorstand des VDL gehört auch Lutz Schumacher, Geschäftsführer des Nordkuriers, der in Neubrandenburg erscheint, also dort, wo das Zeitungsmachen in Deutschland besonders schwierig ist. Guten Morgen, Herr Schumacher.
Lutz Schumacher: Ja schönen guten Morgen!
Kapern: Finden Sie, Herr Schumacher, beim Kongress in Berlin jetzt das Patentrezept gegen die Zeitungskrise?
Schumacher: Das wäre schön. – Nein, aber das wird wohl nicht passieren, denn das Patentrezept, das gibt es auch gar nicht. Es ist eher ein ständiges Suchen nach vielen kleinen Lösungen, um weiter zu kommen.
Kapern: Wie lange wird es noch Lokalzeitungen in Deutschland geben?
Schumacher: Ach, ich glaube, noch sehr, sehr lange. Den Abgesang auf die Zeitungen, den gibt es ja schon jetzt doch seit wahrscheinlich auch zehn Jahren, und ich glaube, dass wir auch in zehn Jahren noch eine ganz vitale Zeitungslandschaft haben werden, weil bei allen Schwierigkeiten, muss man sagen, funktioniert das Zeitungsmachen ja doch in Deutschland immer noch ganz gut.
Kapern: Ihre Kritiker, Herr Schumacher, das werden Sie wissen, haben Ihnen den wenig schmeichelhaften Namen "Zumacher" gegeben, weil Sie vor vier Jahren bei der Münsterschen Zeitung eine gesamte Lokalredaktion über Nacht vor die Tür gesetzt haben. Ist Zumachen wirklich das Gebot der Stunde für Lokalzeitungen in Deutschland, um zu überleben?
Schumacher: Nein, gar nicht. Der Fall, der ist ein bisschen eigen, der steht eigentlich wenig jetzt im Zusammenhang mit der Zeitungskrise, da ging es eher um inhaltliche Schwierigkeiten bei einem Blatt. Da wurde ja auch nichts zugemacht, sondern da wurde die Zeitung ja weitergeführt, die existiert ja auch heute noch, lebt und ist ganz gut am Markt unterwegs.
Nein, im Gegenteil! Wir müssen eigentlich lokale Strukturen stärken, und deshalb ist ja der Verbandstag für uns auch so wichtig, dass wir eben gucken, welche Rezepte finden wir, um die lokale Berichterstattung, die ja sehr aufwendig ist für Verlage, weiterhin auch gewährleisten zu können oder beziehungsweise sogar auszubauen, denn das ist eigentlich die Stärke der deutschen Presse, dass sie eben im Lokalen, also dort, wo Menschen leben, arbeiten, Kultur genießen, wo die Kinder zur Schule gehen, und so weiter, weil sie da eigentlich als Einziger vor Ort ist und als Einziger Inhalte aufbereiten kann.
Kapern: Aber auch beim Nordkurier, Herr Schumacher, werden ja Lokalredaktionen zusammengelegt und ausgedünnt. Auf Usedom gibt es keine Lokalredaktion mehr, das wird jetzt aus dem entfernten Anklam mehr schlecht als recht mitbedient. Was genau meinen Sie, wenn Sie sagen, man müsse die lokalen Strukturen stärken? Wie misst sich das an der Realität?
Schumacher: Also ich glaube, da sind Sie ziemlich falsch informiert. Wir haben in den letzten Jahren bei unseren Zeitungen – und das ist eigentlich ein Branchentrend -, wir haben eigentlich sehr, sehr viel mehr gemacht. Wir haben lokale Stellen aufgerüstet, zum Beispiel bei unserem Blatt 14 neue Stellen eingerichtet, und wir machen auch sehr viel mehr lokale Seiten. Das zeigen auch Studien in der Branche, dass eigentlich die Vielfalt im Lokalen steigt, und das ist das Rezept, da geht was hin. Diese Veränderungen werden ... Wir betreiben Veränderungen, wir müssen ja auch Veränderungen machen, und die werden oft sehr schnell diffamiert, da gibt es auch Verteilungskämpfe. Das ist auch ein Thema zwischen Verbänden und Gewerkschaften, weil es da immer um Bezahlung geht. Deshalb kommen dann schnell auch solche Informationen auf den Markt, wie Sie die jetzt auch gerade genannt haben. Habe ich öfters schon gehört! Ich kann mit Zahlen belegen: Das Gegenteil ist der Fall.
Kapern: Also Sie haben nicht die Lokalredaktion auf Usedom geschlossen? Der Inselbote hat nach wie vor auf Usedom eine eigene Lokalredaktion?
Schumacher: Ja, hat er. Hat er, genau! Wir haben sogar gerade eine Sonntagsausgabe zusätzlich an den Markt gegeben. Das heißt, wir erscheinen jetzt sieben Tage und nicht mehr sechs Tage die Woche.
Kapern: Welche weiteren Rezepte gibt es gegen die Zeitungskrise? Welche Rolle spielt das Online-Angebot bei Lokalzeitungen?
Schumacher: Ja, das spielt eine zunehmend wichtige Rolle und das ist auch eine der Herausforderungen für uns, denn wir wissen, dass wir in zehn Jahren anders dastehen werden. Das heißt, wir werden als Zeitung auf jeden Fall nicht mehr nur auf Papier erscheinen, sondern wir werden sehr viel stärker im Internet da sein, wir werden stärker Angebote, die man als Apps bezeichnet, die auf diesen kleinen, flachen Tablet-PCs laufen, haben. Wir werden die E-Paper-Ausgaben haben. Das sind Ausgaben, die man sich selber ausdrucken kann und die jederzeit an jedem Ort verfügbar sind. Die werden wir sehr viel stärker sehen, und das ist sicherlich der Weg in die Zukunft. Ein kleines Problem dabei ist: Es fehlt noch ein wenig das Geschäftsmodell darunter. Wir machen das jetzt alles als Zeitung, investieren teilweise Millionen in Redaktionssysteme, in neue Software, in technisches Gerät, denn für solche Multimedia-Angebote brauchen sie ja nicht mehr nur Texte, sondern sie brauchen Bilder, sie brauchen bewegte Bilder, sie brauchen Töne. Das heißt, da müssen auch wieder Redakteure fortgebildet werden, sie müssen neue Geräte an die Hand bekommen, müssen damit umgehen lernen. Teilweise brauchen wir auch schlicht mehr Personal, weil das in einer Person alles einfach gar nicht mehr abbildbar ist. Das ist auch ein alternativloser Weg, weil wir wissen, dass die Nachfrage danach besteht und weil wir denken, dass in absehbarer Zeit eben die Gewichte zwischen dem elektronischen Publizieren und dem klassischen Publizieren auf Papier sich verschieben werden zugunsten der Elektronik.
Kapern: Lutz Schumacher war das, der Geschäftsführer des Nordkuriers, zur Perspektive der Lokalzeitungen in Deutschland. Herr Schumacher, vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Schumacher: Ja! Auf Wiederhören!
Lutz Schumacher: Ja schönen guten Morgen!
Kapern: Finden Sie, Herr Schumacher, beim Kongress in Berlin jetzt das Patentrezept gegen die Zeitungskrise?
Schumacher: Das wäre schön. – Nein, aber das wird wohl nicht passieren, denn das Patentrezept, das gibt es auch gar nicht. Es ist eher ein ständiges Suchen nach vielen kleinen Lösungen, um weiter zu kommen.
Kapern: Wie lange wird es noch Lokalzeitungen in Deutschland geben?
Schumacher: Ach, ich glaube, noch sehr, sehr lange. Den Abgesang auf die Zeitungen, den gibt es ja schon jetzt doch seit wahrscheinlich auch zehn Jahren, und ich glaube, dass wir auch in zehn Jahren noch eine ganz vitale Zeitungslandschaft haben werden, weil bei allen Schwierigkeiten, muss man sagen, funktioniert das Zeitungsmachen ja doch in Deutschland immer noch ganz gut.
Kapern: Ihre Kritiker, Herr Schumacher, das werden Sie wissen, haben Ihnen den wenig schmeichelhaften Namen "Zumacher" gegeben, weil Sie vor vier Jahren bei der Münsterschen Zeitung eine gesamte Lokalredaktion über Nacht vor die Tür gesetzt haben. Ist Zumachen wirklich das Gebot der Stunde für Lokalzeitungen in Deutschland, um zu überleben?
Schumacher: Nein, gar nicht. Der Fall, der ist ein bisschen eigen, der steht eigentlich wenig jetzt im Zusammenhang mit der Zeitungskrise, da ging es eher um inhaltliche Schwierigkeiten bei einem Blatt. Da wurde ja auch nichts zugemacht, sondern da wurde die Zeitung ja weitergeführt, die existiert ja auch heute noch, lebt und ist ganz gut am Markt unterwegs.
Nein, im Gegenteil! Wir müssen eigentlich lokale Strukturen stärken, und deshalb ist ja der Verbandstag für uns auch so wichtig, dass wir eben gucken, welche Rezepte finden wir, um die lokale Berichterstattung, die ja sehr aufwendig ist für Verlage, weiterhin auch gewährleisten zu können oder beziehungsweise sogar auszubauen, denn das ist eigentlich die Stärke der deutschen Presse, dass sie eben im Lokalen, also dort, wo Menschen leben, arbeiten, Kultur genießen, wo die Kinder zur Schule gehen, und so weiter, weil sie da eigentlich als Einziger vor Ort ist und als Einziger Inhalte aufbereiten kann.
Kapern: Aber auch beim Nordkurier, Herr Schumacher, werden ja Lokalredaktionen zusammengelegt und ausgedünnt. Auf Usedom gibt es keine Lokalredaktion mehr, das wird jetzt aus dem entfernten Anklam mehr schlecht als recht mitbedient. Was genau meinen Sie, wenn Sie sagen, man müsse die lokalen Strukturen stärken? Wie misst sich das an der Realität?
Schumacher: Also ich glaube, da sind Sie ziemlich falsch informiert. Wir haben in den letzten Jahren bei unseren Zeitungen – und das ist eigentlich ein Branchentrend -, wir haben eigentlich sehr, sehr viel mehr gemacht. Wir haben lokale Stellen aufgerüstet, zum Beispiel bei unserem Blatt 14 neue Stellen eingerichtet, und wir machen auch sehr viel mehr lokale Seiten. Das zeigen auch Studien in der Branche, dass eigentlich die Vielfalt im Lokalen steigt, und das ist das Rezept, da geht was hin. Diese Veränderungen werden ... Wir betreiben Veränderungen, wir müssen ja auch Veränderungen machen, und die werden oft sehr schnell diffamiert, da gibt es auch Verteilungskämpfe. Das ist auch ein Thema zwischen Verbänden und Gewerkschaften, weil es da immer um Bezahlung geht. Deshalb kommen dann schnell auch solche Informationen auf den Markt, wie Sie die jetzt auch gerade genannt haben. Habe ich öfters schon gehört! Ich kann mit Zahlen belegen: Das Gegenteil ist der Fall.
Kapern: Also Sie haben nicht die Lokalredaktion auf Usedom geschlossen? Der Inselbote hat nach wie vor auf Usedom eine eigene Lokalredaktion?
Schumacher: Ja, hat er. Hat er, genau! Wir haben sogar gerade eine Sonntagsausgabe zusätzlich an den Markt gegeben. Das heißt, wir erscheinen jetzt sieben Tage und nicht mehr sechs Tage die Woche.
Kapern: Welche weiteren Rezepte gibt es gegen die Zeitungskrise? Welche Rolle spielt das Online-Angebot bei Lokalzeitungen?
Schumacher: Ja, das spielt eine zunehmend wichtige Rolle und das ist auch eine der Herausforderungen für uns, denn wir wissen, dass wir in zehn Jahren anders dastehen werden. Das heißt, wir werden als Zeitung auf jeden Fall nicht mehr nur auf Papier erscheinen, sondern wir werden sehr viel stärker im Internet da sein, wir werden stärker Angebote, die man als Apps bezeichnet, die auf diesen kleinen, flachen Tablet-PCs laufen, haben. Wir werden die E-Paper-Ausgaben haben. Das sind Ausgaben, die man sich selber ausdrucken kann und die jederzeit an jedem Ort verfügbar sind. Die werden wir sehr viel stärker sehen, und das ist sicherlich der Weg in die Zukunft. Ein kleines Problem dabei ist: Es fehlt noch ein wenig das Geschäftsmodell darunter. Wir machen das jetzt alles als Zeitung, investieren teilweise Millionen in Redaktionssysteme, in neue Software, in technisches Gerät, denn für solche Multimedia-Angebote brauchen sie ja nicht mehr nur Texte, sondern sie brauchen Bilder, sie brauchen bewegte Bilder, sie brauchen Töne. Das heißt, da müssen auch wieder Redakteure fortgebildet werden, sie müssen neue Geräte an die Hand bekommen, müssen damit umgehen lernen. Teilweise brauchen wir auch schlicht mehr Personal, weil das in einer Person alles einfach gar nicht mehr abbildbar ist. Das ist auch ein alternativloser Weg, weil wir wissen, dass die Nachfrage danach besteht und weil wir denken, dass in absehbarer Zeit eben die Gewichte zwischen dem elektronischen Publizieren und dem klassischen Publizieren auf Papier sich verschieben werden zugunsten der Elektronik.
Kapern: Lutz Schumacher war das, der Geschäftsführer des Nordkuriers, zur Perspektive der Lokalzeitungen in Deutschland. Herr Schumacher, vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Schumacher: Ja! Auf Wiederhören!