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Die Zukunft der Webseiten

Internet.- Immer mehr Browser integrieren den neuen Multimediastandard HTML5, obwohl er noch gar nicht richtig fertig ist. Der Wissenschaftsjournalist Heinz Schmitz informiert im Interview mit Manfred Kloiber über den aktuellen Stand der Entwicklung.

16.10.2010
    Manfred Kloiber: Auch wenn es sperrig klingt: HTML, die Hypertext Markup Language, ist eine wirkliche Erfolgsgeschichte. Denn nur dieser Computersprache ist es zu verdanken, dass Webseiten so aussehen wie sie aussehen. Aber HTML hat natürlich auch Schwächen, besonders wenn es um Multimediadaten geht. Dann kommen bislang spezielle Technologien zum Einsatz, die ein Video oder eine Animation so anzeigen, wie es sich der Webdesigner vorstellt. Bekanntestes Beispiel dafür ist Flash. Doch spätestens seit der Weigerung von Apple-Chef Steve Jobs, Adobes Flash auf seine iPhones und iPads zu integrieren, ist eigentlich klar, dass ein neuer Multimediastandard für Webseiten her muss. Heinz Schmitz, ist HTML5 die Lösung aller Probleme?

    Heinz Schmitz: Das kann man leider nicht so bejahen. Sicherlich ist HTML5 weiter als das bestehende HTML4.1, das zurzeit aktiv ist. Aber das kommt ja aus dem letzten Jahrtausend. Das wurde ja 1999 schon definiert und da hat über die Web2.0-Dienste oder über YouTube und so etwas noch gar keiner nachgedacht.

    Kloiber: HTML5 – was genau macht eigentlich dieser Standard oder was soll er auf Webseiten bewirken?

    Schmitz: Also HTML5 ist zunächst mal eine strukturierte Sprache. Im Gegensatz zu HTML4, wo alles durcheinander ist, gibt es endlich mal Strukturen. Es gibt eine Programmierschnittstelle, DOM heißt die. Damit kann man auch Programme an den Browser anflanschen. Es ist so, dass HTML5 zu einem Betriebssystem des Webs werden soll. Es ist so, dass die meisten User heute gerade mal fünf Programme native auf dem Rechner benutzen – der Rest wird schon über das Internet genutzt. Und wenn man sich ansieht, was Google zum Beispiel macht mit Biskara oder rightli – da gibt es schon Software über das Netz. Und das wird auch die Zukunft sein und darauf ist HTML5 strukturiert.

    Kloiber: Gibt es denn ganz spezielle Aspekte, was eben halt die Multimediaeigenschaften angeht?

    Schmitz: Ja, das ist ein Punkt dabei, dass es in den Strukturen auch so Sachen wie Video und Audio kennt. Leider ist das nicht ohne Wermutstropfen, denn die Interessen, wie zum Beispiel von Apple mit Quicktime oder von ... die haben sich doch in den Gesprächen der Konsortien sehr stark durchgesetzt. Ursprünglich sollte HTML5 nur die Ogg-Vorbis-Treiber kennen, also die Open-Source-Treiber kennen. Aber durch die Interessen der Firmen gibt es denn eben auch später H.246, es wird MPEG geben, es wird Quicktime geben.

    Kloiber: Das sind die unterschiedlichen Videoformate, wie man ein Video codieren kann. Sie sagen, es gibt da unterschiedliche Einflüsse, Interessen. Aber wenn es ein Standard werden soll, muss es ja einen gemeinsamen Nenner geben. Wie weit ist jetzt HTML5 in Sachen Standardisierung?

    Schmitz: Das sollte an sich dieses Jahr abgeschlossen werden. Aber wie das nun mal im Web so üblich ist, dauert das einfach alles ein wenig länger. Man hatte an sich für diesen Monat, für den Oktober damit gerechnet, aber das ist noch nicht soweit, es wird wahrscheinlich im nächsten Jahr sein. Im Moment ist ein Draft vom 7. Oktober draußen, als Editorialdraft. Das ist ziemlich weit. Auf der anderen Seite, wenn man sich jetzt ansieht, was schon Realität ist, was die Browser schon drin haben, da gibt es ein sehr, sehr weites Spektrum. Wie haben das mal getestet: Es gibt eine Seite, html5test.com. Der Internetexplorer 8 zum Beispiel, der so bekannt ist, im Moment, läuft mit 27 von 300 Kompatibilitätspunkten. Oder Firefox – die Version 3.6, die im Moment aktuell ist – mit 139 Punkten, Opera mit 159 Punkten, also Opera 10.6. Der Apple Safari, Apple ist ja der große Vorreiter angeblich für HTML5, kommt gerade mal auf 165 Punkte, und der Sieger des Ganzen ist Google. Google Chrome ist mit 217 Punkten der zurzeit kompatibelste Browser zu HTML5, den es gibt.

    Kloiber: Wir stellen also fest: Obwohl es noch keinen Standard gibt, gibt es bereits Browser, die diesem Standard folgen. Gibt es auch Angebote?

    Schmitz: Es gibt auch Webseiten, die darauf basieren. Es gibt auch Testwebseiten, wo so Sachen gesammelt werden, wo Designer ihre Sachen ausprobieren und da kann man auch sehen, wie dieser Browser reagiert.