
Ein bisschen Bau gibt es noch bei Bilfinger. Aber das ist nicht mehr der klassische Bau von Häusern oder U-Bahn-Tunneln, die, wie vor sieben Jahren in Köln geschehen, Hochbauten wie das Stadtarchiv auch mal zum Einsturz bringen können. Bilfinger konzentriert sich jetzt auf den Industriebau, also etwa auf Montagehallen, Gerüste, Produktionsanlagen oder Kraftwerke. Und Bilfinger wartet solche Anlagen, gerne auch für die Öl- und Gasindustrie. Den lange gut laufenden klassischen Bau verkauft und auf den schlechter laufenden Geschäften sitzen geblieben?
"Im Moment ist es so. Und es liegt im Grunde aus meiner Sicht am neuen CEO, zu zeigen, dass da zukünftig nicht der Fall ist." Das erwartet Jasko Terzic, Finanzanalyst beim Bankhaus Metzler. Der neue Chief Executive Officer, der neue Vorstandsvorsitzende also, heißt Tom Blades, hat früher unter anderem beim Gasekonzern Linde gearbeitet und ist bei Bilfinger der vierte Chef in zwei Jahren. Er traut sich zu, den verkleinerten Bilfinger-Konzern in die Spur zu bringen: "Die Entwicklung vom Baukonzern mit großen Prestigeprojekten hin zu einem Dienstleistungskonzern halte ich für richtig. Genau in dieser Welt kenne ich mich aus. Hier habe ich 38 Jahre Erfahrung gesammelt", so Blades heute Mittag in einer Telefonkonferenz.
Einen kleinen Erfolg kann der in Hamburg geborene Engländer schon zeigen. Die Halbjahreszahlen bei Bilfinger waren zwar weiterhin ordentlich rot. Aber im zweiten Quartal allein zeigte sich zumindest vor Steuern. Zinsen und Abschreibungen, also im operativen Geschäft, ein kleines Plus von zwei Millionen Euro. Das ist angesichts eines Umsatzes von knapp 1,1 Milliarden Euro natürlich fast nichts. Aber immerhin besser als die 34 Millionen Euro Verlust im Vorjahresquartal. Ist das die Wende zum Besseren? Analyst Terzic will es nicht ausschließen.
Schwieriges Geschäftsumfeld
"Zum Teil ja. Richtung Kraftwerksgeschäft: Da wird aus meiner Sicht das Geschäftsumfeld schwierig bleiben. Hier ist es aber so, dass der Konzern weiterhin beabsichtigt, Teile, die kraftwerksnah sind, zu verkaufen. Im Bereich der sonstigen Industriedienstleistungen mit dem Fokus auf Öl- und Gasindustrie ist das Geschäftsumfeld sehr, sehr schwierig. Nichtsdestotrotz, und das zeigen auch Statement s von anderen Wettbewerbern wie Siemens zum Öl- und Gasgeschäft, ist es mittel- bis langfristig kein unattraktives Geschäft. Das Potenzial für externe Dienstleister ist da."
Bilfinger muss etwa verdauen, dass in den Vereinigten Staaten der Schiefergas-Boom beeinträchtigt ist. Auch die hiesigen Energieerzeuger machen eher Kraftwerke dicht, bauen jedenfalls keine neuen. Einen gewissen Ausgleich schafft eine stabile Nachfrage aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie.
Auch die finanzielle Lage war schon mal schlechter. Der Verkaufserlös für das abgegebene Bau- und Immobiliengeschäft trifft bei dem MDax-Konzern noch in diesem Jahr ein, immerhin rund 500 Millionen Euro. Der Vorstandsvorsitzende Tom Blades sagt, das müsse reichen um die restlichen Altlasten zu beseitigen und auch nach vorne zu schauen:
"Die Erlöse aus dem Verkauf von Building und Facility ermöglichen uns außerdem strategische Investitionen in Wachstumsmärkten vorzunehmen. Und eine aktive Rolle in der fortschreitenden Marktkonsolidierung einzunehmen."
Die Börse scheint zumindest für heute überzeugt.