Samstag, 27. April 2024

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Dienstwagen-Regelung
"Autos nach ihrer Energieeffizienz fördern"

Die Bundesregierung will Elektroautos als Dienstwagen stärker bei der Steuer begünstigen. Autos müssten aber nach ihrer Energieeffizienz gefördert werden, sagte Gerd Lottesiepen vom ökologischen Verkehrsclub im Dlf. Dies gelte auch für batterieelektrische Autos, denn es gebe nicht unendlich viel Strom.

Gerd Lottsiepen im Gespräch mit Silke Hahne | 01.08.2018
    Hinweisschild zu einer Stromtankstelle, für Elektroautos
    Reine Elektroautos tragen zum Klimaschutz bei - Plug-in-Hybride deutlich weniger, so Gerd Lottesiepen (imago / Jochen Tack)
    Silke Hahne: Die Bundesregierung plant, Elektro- und Hybridautos steuerlich besserzustellen, wenn sie als Dienstwagen angeschafft werden. Das hat das Bundeskabinett heute beschlossen: Wer dienstlich ein E- oder Hybridauto hat und das auch privat nutzt, muss in Zukunft nicht mehr ein Prozent des Listenpreises seines Autos versteuern – sondern nur noch die Hälfte. Und weil Dienstwagen nach wenigen Jahren häufig gebraucht an Privatleute verkauft werden, rechnet Verkehrsminister Andreas Scheuer damit, dass endlich ein größerer Gebrauchtwagenmarkt entsteht, E- und Hybridautos also billiger und in größerer Zahl unter die Leute kommen. Sind das auch gute Nachrichten für die Umwelt? Darüber konnte ich vor dieser Sendung mit Gerd Lottsiepen sprechen vom ökologischen Verkehrsclub VCD. Als Erstes hab ich ihn gefragt: Hat die Regierung jetzt endlich den richtigen Hebel gefunden, um Elektromobilität zu fördern?
    Gerd Lottsiepen: Nein, das hat sie nicht. Sie fördert vor allen Dingen große, schwere Autos, die als Plug-in-Hybride verkauft werden. Das sind Autos, die haben einen starken Motor, sie haben zusätzlich einen Elektromotor und eine aufladbare Batterie. Wir wissen aber, dass diese Fahrzeuge nur relativ wenig rein elektrisch fahren, sie fahren vor allen Dingen eben auf weiteren Strecken, auf Autobahnen, mit dem Verbrennermotor und verbrauchen entsprechend ihrer Größe und entsprechend auch, wie sie gefahren werden, viel Sprit.
    "Plug-in-Hybride werden meist mit Verbrennermotor gefahren"
    Hahne: Warum glauben Sie, dass vor allem Hybridautos gekauft werden und nicht reine Elektroautos?
    Lottsiepen: Reine Elektroautos werden deshalb weniger gekauft, weil halt die Reichweite sehr beschränkt ist. Wenn die Batterie leergelaufen ist, hat man keine Möglichkeit weiterzufahren. Das ist bei Plug-in-Hybriden anders, weil dort eben dann der Verbrenner einsetzt. Das klingt erst mal vorteilhaft, wir wissen nur aus Erfahrung, dass bei den Plug-in-Hybriden überwiegend auch mit dem Verbrennermotor gefahren wird, weil die Reichweite, die ist dort noch mal deutlich geringer als bei den batterieelektrischen Fahrzeugen, in der Realität oft nur 30, 40 Kilometer, manchmal sogar weniger. Und vor allen Dingen, die großen, schweren Fahrzeuge, die vor allen Dingen als Plug-in-Hybride verkauft werden, die fahren ja auch viel auf Autobahnen. Die sind weite Strecken unterwegs. Und von daher fahren sie einen sehr großen Teil ihres Fahrzeuglebens tatsächlich im Verbrennermodus.
    Hahne: Das heißt, es gibt eigentlich einen guten Grund dafür, dass E-Autos auch bei Betrieben bisher nicht besonders beliebt sind?
    Lottsiepen: Für viele Zwecke reichen Elektrofahrzeuge, batterieelektrische Fahrzeuge aus, wenn man keine große Reichweite hat – für Lieferdienste, zum Beispiel auch für Pflegedienste, für all die reichen batterieelektrische Fahrzeuge tatsächlich aus. Elektrofahrzeuge tragen tatsächlich stark zum Klimaschutz bei, Plug-in-Hybride deutlich weniger, weil sie deutlich weniger rein elektrisch fahren. Und dazu kommt noch, dass gerade die Plug-in-Hybride aus deutscher Produktion, das sind oft große, starke Limousinen, an die dann halt noch einen Elektromotor dazugebaut wurde, eine Batterie dazugegeben wurde, und da geht's aber darum, dass diese Fahrzeuge weitergefahren können wie bisher, und vor allen Dingen, weil es da eine sehr merkwürdige Umrechnungsformel gibt, dass sie den Herstellern helfen, den CO2-Grenzwert einzuhalten.
    "Autos stärker fördern, die wenig Strom verbrauchen"
    Hahne: Was wäre denn stattdessen ökologisch gesehen sinnvoll?
    Lottsiepen: Man müsste Autos, die man fördern will, tatsächlich nach ihrer Energieeffizienz fördern. Das gilt auch für batterieelektrische Autos. Aus unserer Sicht sind vor allen Dingen die Fahrzeuge zu fördern oder deutlich stärker zu fördern, die wenig Strom verbrauchen, weil wir haben auch nicht unendlich viel Strom und erst recht nicht regenerativ erzeugten Strom. Also auch da muss man auf die Energieeffizienz achten. Bei Plug-in-Hybriden gilt das umso mehr, dort sollten auch nur solche Fahrzeuge, und zwar schwächer als batterieelektrische Fahrzeuge, die auch im Verbrennermodus, also mit dem Diesel- oder Benzinmotor, energieeffizient sind, wenig verbrauchen. Autos, die in der Realität zehn Liter verbrauchen, aber auch kurze Strecken rein elektrisch fahren können, sind ökologisch einfach nicht zielführend.
    Hahne: Sie fordern auch, dass auch Fahrräder, Dienstfahrräder und E-Bikes, also Pedelecs, gefördert werden. Jetzt ist die Nachfrage nach E-Bikes schon sehr hoch – sind das keine Argumente? Das kostet ja auch Geld, bringt ja auch Einnahmenachteile für den Staat.
    Lottsiepen: Da argumentieren wir eindeutig aus ökologischer, aus klimapolitischer Sicht, wenn Autofahrer, egal welchen Antrieb sie haben, auf ein E-Bike umsteigen, dann hilft das dem Klima, dann hilft das der Umwelt auf jeden Fall sehr stark, weil die E-Bikes ja sehr viel weniger Energie verbrauchen. Die kosten ja auch einiges, sie sind deutlich teuer als reine Fahrräder, und wenn man diese Förderlogik hat, dass man dem Klimaschutz damit helfen will, dann müssten E-Bikes – Fahrräder auch, aber vor allen Dingen E-Bikes – natürlich stark gefördert werden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.