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Dienstwagenprivileg
Vorfahrt für Spritfresser - zu Lasten des Klimas

Das Lieblingsauto der Deutschen ist der Dienstwagen. Je größer und teurer, desto mehr Steuern lassen sich mit ihm sparen - das Dienstwagen-Privileg macht es möglich. Kritiker fordern, die Sonderregeln dringend zu überarbeiten. Denn am Ende zahle nicht nur die Umwelt drauf.

Von Sina Fröhndrich | 09.01.2016
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    Dienstwagen vor einem Verwaltungsgebäude. (dpa / picture-alliance)
    "Ja, interessant ist, man hört gar nicht ob er an ist….wir fahren los."
    Probefahrt auf dem Firmengelände des Essener Energieversorgers RWE. Jörg Allgaier sitzt am Steuer eines neuen VW Passats. Ein Hybridauto – also ein Wagen mit konventionellem Motor und Elektroantrieb. Es geht darum, das Auto ein paar Tage lang zu testen – und dann zu entscheiden, ob es das Modell in die Dienstwagenflotte schafft. Allgaier gehört zum Flottenmanagement des Unternehmens. Er und seine Kollegen tauschen jedes Jahr ein Viertel der rund 2800 Autos aus. Seit einigen Jahren setzen sie auf klimafreundliche Modelle: also auf Dienstwagen mit wenig CO2-Ausstoß oder sogar Elektroautos. Flottenmanager Wilhelm Potthast.
    "Der überwiegende Teil sind Mittelklassefahrzeuge, zwischen Golf- und Passatklasse, dann gibt es natürlich auch ein paar Kleinfahrzeuge wie Smarts oder die neuen Ups, es gibt aber natürlich auch ein paar große Fahrzeuge im Fuhrpark."
    Derzeit stoßen alle RWE-Dienstwagen zusammen 127 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Jedenfalls wenn man sich auf die Herstellerangaben verlässt. Spätestens seit der VW-Abgasaffäre aber ist klar – ein glaubwürdiger Richtwert sind die Zahlen nicht. RWE will trotzdem vorerst an VW festhalten.
    "Wir wollen mit einem guten und langjährigen Partner jetzt keine voreiligen Schlüsse ziehen und keine Vorverurteilung vornehmen, sondern erst mal die Fakten abwarten, welche Schäden sind entstanden, welcher Aufwand wird uns entstehen. Es bleibt aber die Frage offen, was bedeutet das auf die CO2-Werte bezogen, aber das ist ja auch noch nicht ganz klar... Wir haben beschlossen, erst mal abzuwarten, dass Fakten über das Kraftfahrtbundesamt auf den Tisch kommen, dass man sich angucken kann, wie viel Prozent hätten die Angaben abweichen sollen, was bedeutet das für unseren Flottendurchschnitt? Im Zweifel geht der ein Stück weit nach oben."
    Diese Fragen sind durchaus von großer Bedeutung. Schließlich prägt RWE zusammen mit anderen Großkonzernen das Bild auf Deutschlands Straßen. Denn: Neuwagen werden vor allem gewerblich zugelassen, ein Großteil davon als Dienstwagen. Gerade Mal 30 Prozent der neuen Autos werden von Privatleuten gekauft. Unternehmen wie RWE mit großem Fuhrpark sind also ein wichtiges Geschäft für die Autobauer. Vor allem für die deutschen. RWE-Flottenmanager Potthast:
    "Es gibt einen klaren Trend, der auch seit mehreren Jahren sich etabliert hat. Bei den PKWs sind die Fahrzeuge aus dem VW-Konzern mit über fünfzig Prozent, VW, Audi, zunehmend auch Skoda und einige wenige Seats inzwischen."
    RWE least seine Dienstwagen – vier Jahre lang, dann wird ausgewechselt. Das machen auch andere Firmen so. Dienstwagen werden nur kurz genutzt. Wenn die Reparaturen anfangen, sollte man wechseln, sagt RWE-Flottenmanager Potthast. Die einstigen Dienstwagen landen dann auf dem Gebrauchtmarkt. Eine Entwicklung, die vor allem Umweltschützer kritisieren, denn längst nicht jeder Großkonzern setzt auf klimafreundliche Modelle.
    "Wir vergiften leider auch den Privatmarkt mit Dienstwagen, die eigentlich von einem Bürger normalerweise nicht gekauft werden, weil: zu hoher Spritverbrauch."
    Sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Er nimmt seit Jahren die Dienstwagen von Unternehmen, Politikern und Kirchen unter die Lupe.
    "Der Privatwagenmarkt wird vergiftet"
    "Wenn eben ein Leasingunternehmen Fahrzeuge zurückbekommt von einem Kunden, ein paar hundert Audis oder BMWs mit einer entsprechenden Motorisierung, dann ist das totes Kapital, man verkauft sie einfach zu Marktpreisen. Wenn eben viele Fahrzeuge mit einer bestimmten Motorisierung im Markt sind, muss ich bei vielleicht geringer Nachfrage die so lange im Preis senken, bis sie von irgendjemanden abgekauft werden, und aus diesem Grund haben wir so eine schleichende Vergiftung des Privatwagenmarktes mit zu hoch motorisierten Limousinen."
    Insgesamt gäbe es in den Flotten zwar immer weniger Spritfresser. Aber vor allem Unternehmenschefs gäben noch immer ein schlechtes Beispiel ab. Je höher das Gehalt, desto größer und schmutziger das Auto – so Jürgen Resch. RWE-Chef Peter Terium ist da keine Ausnahme – auch wenn sich seine Dienstwagenflotte ansonsten klimafreundlich präsentiert. Laut Deutscher Umwelthilfe ist Terium mit einer Mercedes Benz S-Klasse unterwegs. Der CO2-Ausstoß liegt deutlich über dem Durchschnittswert. Auch einige Politiker bekommen von der Umwelthilfe ein schlechtes Zeugnis. Die Limousinen von Bundes- und Landespolitikern sind oft noch immer ziemliche Dreckschleudern. Jürgen Resch:
    "Wir verstehen nicht, dass manche Politiker nach wie vor der Auffassung sind, sie bräuchten einen Motor, der sonst in einem 40-Tonner LKW verbaut wird. Wir haben einfach eine Aufrüstung auf der Straße, die zum einen das Klima gefährdet aber auch insgesamt eine Unsicherheit in die Straßen hineinbringt. Wir bräuchten eigentlich eine Kultur des etwas gemächlicheren Dahingleitens auf den Straßen."
    Für Jochen Kock vom TÜV Rheinland greift diese Kritik zu kurz. Er berät Unternehmen dabei, wie sie ihre Flotte bestücken sollten.
    "Sicherheit ist durchaus ein Thema, und diese Personen sind natürlich mit Risiken behaftet, und es ist schwierig ein entsprechend gepanzertes Fahrzeug, was auch notwendigerweise ein gewisses Gewicht mitbringt mit einem entsprechend kleinem Motor überhaupt zu bewegen. Da muss man abwägen, wo sind die Prämissen zu sehen? Da muss man auch sehen, eine Landesregierung besteht nicht nur aus Ministern, da hängt noch eine riesen Behörde mit dran, wenn man das auf den Schnitt der Behörde sieht, dann sieht das Ganze eben anders aus."
    Automobilindustrie wehrt sich
    Der Verband der Automobilindustrie argumentiert ganz ähnlich. Nicht das einzelne Fahrzeug zähle, sondern die gesamte Flotte, sagt Geschäftsführer Klaus Bräunig.
    "Wenn der Papst jetzt einen Audi A 8 fahren würde: Es gibt nur einen Papst in der Welt, damit retten wir den Umweltschutz nicht. Und wenn ich seriös über die CO2-Senkung für die Zukunft diskutieren will, mit welchen politischen Maßnahmen, dann muss ich mir eben die Masse der Fahrzeuge angucken."
    Außerdem, betont Bräunig: Selbst die hochpreisigen, leistungsstarken Oberklasseautos würden inzwischen klimabewusst gewählt.
    "Die Unterstellung, alle Firmenwagen sind die S-Klasse, der A8 oder der 7er BMW, und die Leute fahren hochsubventioniert den Firmenwagen durch die Lande, entspricht einfach nicht den Fakten. Deswegen hat die Oberklasse gerade mal 1,7 Prozent Anteil an allen Firmenwagen in Deutschland. Und es ist ja nicht so, dass in den flottenverantwortlichen Betreibern die letzten Jahre nichts passiert ist."
    Tatsächlich gibt es zumindest den Wunsch nach Veränderung. Denn: Ökologischere Flotten – das bedeutet auch weniger Verbrauch und damit weniger Kosten – sowohl bei der Leasingrate als auch beim Sprit. Grüne Flotte gleich günstige Flotte. Und: Ein Aushängeschild für Unternehmen.
    Trotzdem stimmt nach wie vor: Große Autos mit hohem Verbrauch werden vor allem gewerblich genutzt. Das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg listet jeden Monat die Neuzulassungen auf. Klar erkennbar: Teure, PS-starke Autos sind für den Privatmann oft zu teuer.
    Ein Eintrag aus einem Internetforum: Hier schreibt ein Studienabsolvent der Wirtschaftswissenschaften über das Angebot seines potentiellen Arbeitgebers:
    "Entweder 3400 fix oder 3100 fix plus Firmenwagen zur freien Verfügung inklusive Tankkarte. Marken sind entweder Audi, BMW oder Mercedes bis 40.000 Euro. Eigentlich habe ich ein gutes Auto, allerdings komm ich jetzt schon ins Grübeln, da ich mir natürlich nie ein Auto in der Preisklasse kaufen könnte oder wollte."
    "Der sehr kraftvolle und gestreckte Wagenkörper demonstriert Spannung und Gelassenheit zugleich..."
    Die Mercedes S-Klasse – von Januar bis November deutschlandweit das meistgekaufte Auto in der Oberklasse. Mit fast 7.000 Neuwagen. Käufer: Fast ausschließlich Gewerbekunden, also vor allem Dienstwagennutzer. Ähnlich ist es beim 7er BMW und beim Audi A8. Auch Mittelklassewagen wie der VW Passat oder der Opel Insignia werden vor allem gewerblich zugelassen. Kleine, kompakte und günstigere Autos werden eher von Privatfahrern nachgefragt.
    Kaum Kosten durch Steuervorteile
    Dienstwagen hingegen sind steuerlich privilegiert. Wer einen Firmenwagen privat nutzen darf, muss zwar Steuern zahlen. Allerdings so wenig, dass Umweltschützer und Volkswirte von einer Subvention sprechen.
    Wer einen Dienstwagen hat, kann ein Fahrtenbuch führen – und private Fahrten abrechnen. Ein aufwendiges Modell. Üblich ist deswegen die sogenannte 1-Prozent-Regel. Der Dienstwagennutzer versteuert ein Prozent des Listenpreises. Kostet ein Dienstwagen also beispielsweise 30.000 Euro, muss der Nutzer auf 300 Euro monatlich Lohnsteuer zahlen. Alexander Mahler vom Forum für ökologisch-soziale Marktwirtschaft sagt, das sei ein klarer Nachteil für Privatkäufer.
    "Wenn man sich einen durchschnittlichen VW Passat anschaut, dann kostet der 36.000 Euro. Wenn man den als Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen hat, muss man den versteuern, sprich man muss bei 36.000 Euro, 360 Euro im Monat versteuern. Wenn man das gleiche Auto nimmt, sich den privat anschafft, dann kostet dieser Passat 720 Euro im Monat. Dann sieht man, dass es eine Differenz gibt. Einmal bei dem, was als geldwerter Vorteil versteuert wird, und: den Vorteil keinen Privatwagen kaufen zu müssen."
    Es ist dieses sogenannte Dienstwagenprivileg, das Automobilindustrie auf der einen Seite und Umweltschützer und Steuerexperten auf der anderen Seite seit Jahren entzweit. Alexander Mahler spricht von einer Subvention in Höhe von 4 Milliarden Euro im Jahr. Geld, das an anderer Stelle fehlt. Auch die OECD kritisiert die steuerliche Bevorzugung von Dienstwagen.
    Lisa Paus ist Steuerfachfrau bei den Grünen. Spätestens seit der VW-Affäre sei es an der Zeit etwas zu ändern.
    "Wir wissen jetzt, dass in den letzten fünf Jahren praktisch nichts passiert ist. Die Deutsche Umwelthilfe hat neue Listen veröffentlicht, wonach der CO2-Ausstoß der großen Dienstwagen sich sehr stark reduziert hat, von 170 Gramm auf 130 Gramm. Das waren aber Werte unter Laborbedingungen. Wir wissen inzwischen, dass das mit der Realität nichts zu tun hat, sondern dass die gleichen Autos nach wie vor den gleichen Ausstoß produzieren, dass das nur Verbesserungen auf dem Papier waren. Dazu hat diese zusätzliche, steuerliche Unterstützung von Dienstwagen geführt."
    Lisa Paus will deswegen eine geänderte Besteuerung, nach dem Prinzip: Je höher der CO2-Ausstoß eines Dienstwagens, desto höher die Steuerlast.
    "Wenn ich von meinem Arbeitgeber ein Auto gestellt bekomme, dass ich eben auch privat nutzen kann, dass diese 1-Prozent-Regel dynamisiert wird und abhängig gemacht wird vom CO2-Ausstoß. Wenn ich unbedingt darauf bestehe und mit meinem Arbeitgeber aushandle, es muss unbedingt der Audi A8 sein oder BMW 7er, dann bedeutet das, dass der einen hohen CO2-Ausstoß hat, dann muss ich einfach mehr bezahlen für dieses Dienstwagenprivileg."
    Klaus Bräunig vom Verband der Automobilindustrie hält dagegen: Wer ein größeres Auto fahre, spüre das schon jetzt. Ein größeres Auto sei schließlich ein teureres Auto und bringe dadurch mehr Steuern.
    Doch die Versteuerung ist nur ein Punkt, den Kritiker vorbringen. Der andere: Wer einen Dienstwagen hat, kann ihn jederzeit quasi kostenlos nutzen. Denn fast immer gibt es vom Arbeitgeber eine Tankkarte dazu. Jede Privatfahrt ist damit umsonst. In den Urlaub nach Italien fliegen? Unsinnig und teuer, wenn man ein Auto umsonst nutzen kann, sagt Alexander Mahler vom Forum für ökologisch-soziale Marktwirtschaft.
    "Wenn ein Dienstwagen gestellt wird und wenn und eine Tankkarte gestellt wird, entstehen keine Kosten pro Kilometer. Selbst wenn das Auto weniger CO2 im Durchschnitt ausstößt, wird es mehr gefahren. Und auch ein Auto, das wenig CO2 ausstößt, wenn es mehr gefahren wird, kommt mehr CO2 in die Atmosphäre. Und wenn man die Leute fragt: ‚Würdet ihr euch das Fahrzeug auch privat kaufen?‘, bekommt man oft die Antwort, ‚Nein, privat wäre es zu teuer, ich kann es mir nur als Dienstwagen leisten‘."
    VDA-Experte Klaus Bräunig hält dieses Argument allerdings für vollkommen abwegig.
    "Für die vielen Pflegedienste, für den Handelsvertreter, für den Außendienst; das ist das, was die große Masse, also zwei Drittel, beim Firmenwagen ausmacht. Die fahren in der Woche Tausende Kilometer, und die die ihn nutzen dürfen, fahren doch nicht am Wochenende noch Tausende Kilometer, sondern sie sind froh, wenn sie zuhause bleiben können oder ihre private Mobilität mit anderen Verkehrsträgern machen."
    Das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut der Universität Köln hat das Dienstwagenprivileg 2011 untersucht. Ein Autor der Studie ist Jürgen Thöne. Sein Fazit:
    "Gerade in ökologischer Hinsicht, da wird der Begriff des Privilegs am deutlichsten. Es lohnt sich für den Arbeitnehmer eigentlich erst dann wirklich, wenn vom Arbeitgeber auch alle laufenden Kosten getragen werden – das ist auch das übliche Modell -, einschließlich des Treibstoffverbrauchs. Dadurch dass der Beschäftigte monatlich eine Zahlung zu leisten hat, ist es völlig egal für sein Einkommen, wie viel oder wie wenig er fährt."
    Versteuerung nach CO2-Ausstoß
    Thöne will deshalb die Besteuerung nach dem Verbrauch ausrichten. Und er schlägt Folgendes vor: Ist ein Dienstwagen besonders umweltschädlich, soll das Unternehmen nicht mehr den vollen Kaufpreis beim Finanzamt geltend machen können.
    Laut Thöne ist der Dienstwagen noch immer eine Art Lockmittel der Unternehmen zur Personalgewinnung. Wer gute Leute haben möchte, braucht entsprechende Anreize – und dazu gehöre eben auch ein Dienstwagen. Deswegen sei es Sache der Politik, das Privileg abzuschaffen. Und sich nicht auf den guten Willen großer Unternehmen zu verlassen.
    "Es geht um eine steuergesetzliche Regelung – und wenn man sagt, die hat eine schädliche Wirkung in ökologischer Sicht oder verteilungspolitisch problematische Wirkung, dann ist natürlich der Gesetzgeber gefragt. Das ist von vornherein nicht Aufgabe der Unternehmen und Moralität der einzelnen Nutzer."

    Dienstwagen sind ein gutes Geschäft für die Autobauer. Sie werben um Großkunden – mit Rabatten und hübschen Videos.
    "Da muss man aber eben mal die Frage stellen, wie wichtig ist es für die deutsche Wirtschaft oder für unseren Staat, wenn man sich fragt wie viel Arbeitsplätze mittelbar oder unmittelbar an der Automobilwirtschaft hängen."
    Betont Jochen Kock vom TÜV Rheinland.
    "Wenn wir über Dienstwagen reden und über Einschränkungen dort, muss man sich eben die Frage stellen, werden die Leute zukünftig auf privater Ebene genauso Autos kaufen? Das ist für die deutsche Wirtschaft schon ein sehr wichtiges Argument."
    So sieht es anscheinend auch die Politik. Die Kölner Studie wurde im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellt. Politische Folgen hatte sie keine. Sie verschwand in der Schublade. Und das, obwohl SPD-Chef Sigmar Gabriel lange Zeit kein Fan der Dienstwagen-Regelung war. Der frühere Bundesumweltminister sagte 2009:
    "Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass in Städten wie Berlin 75 Prozent der Geländewagen Dienstkraftfahrzeuge sind, das ist "Viagra in Chrom" für viele Leute – Nichts gegen Viagra, aber das sollen die Leute schon selbst bezahlen."
    Heute sind solche Töne von Sigmar Gabriel – inzwischen Wirtschaftsminister - nicht mehr zu hören. Sein Ministerium wie auch das Umweltministerium verweisen auf die Kollegen im Finanzministerium. Dort heißt es auf Anfrage:
    "Zurzeit ist im Bundesfinanzministerium nicht geplant, die Besteuerung von Dienstwagen zu ändern."
    So reagiert die Bundesregierung auch auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag im November. Nach Bekanntwerden der VW-Abgasaffäre.
    Den Verband der Automobilindustrie dürfte das freuen. Die Autobauer stünden schon jetzt unter enormem Druck, sagt Klaus Bräunig.
    "Wir haben eine sehr scharfe CO2-Regulierung. Das macht für die Automobilindustrie eine enorme Anstrengung notwendig. Wir haben außerdem mit der Mineralölsteuer für den faktischen Verbrauch einen Druck und wir haben zusätzlich eine ökologische Komponente bei der KfZ-Steuer. Noch stärker Druck aufzubauen… - weiß ich gar nicht, was man tun will."
    Der Verband hat auch die Gewerkschaft auf seiner Seite – in diesem Fall sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig.
    So wird sich an der Besteuerung von Dienstwagen vorerst wohl nichts ändern. Weiterhin werden also vor allem Deutschlands Flottenmanager bestimmen, welche Autos über die Straßen rollen. Vor allem ihrer Nachfrage müssen die Autokonzerne entsprechen. Geht es nach RWE-Flottenmanager Potthast, sollten die Hersteller mehr in Elektromobilität oder Hybridautos investieren:
    "Was wir gefordert haben, ist wirklich eine offensive Förderung dieser Fahrzeuge. Es ist ja dann auch die Frage, welcher Restwert wird für ein Fahrzeug nach vier Jahren angesetzt wird. Je höher der Restwert, desto geringer der Wertverlust, desto kleiner die Leasingrate, umso attraktiver wird’s für den Mitarbeiter. Darüber kann auch eine Steuerung erfolgen. Das Zweite, was wir platziert haben: ‘Bitte stellt uns auch hier Fahrzeuge für Probefahrten zur Verfügung!‘."
    Auch die Allianz, Tchibo oder die Deutsche Telekom versuchen ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren. In einigen Unternehmen gibt es inzwischen ein Bonus-Malus-System – für Spritfresser und umweltschädliche Autos müssen Mitarbeiter eine Gebühr zahlen. Und wer zu viele Privatkilometer fährt, zahlt drauf.
    Trotzdem: Bis die ersten Daxvorstände auf ihre schweren und PS-starken Autos verzichten, werden wohl noch viele Jahre ins Land gehen. Im Frühjahr 2015 wählten mehr als 200 Flottenmanager den Firmenwagen des Jahres. Sieger in der oberen Mittelklasse: der Maserati Ghibli. Eine italienische Businesslimousine. Maximale Leistung: 330 PS. Noch weit entfernt vom Ziel, das die EU für 2020 vorgegeben hat.