Christoph Heinemann: Bundesregierung und Bundeswehr würdigen heute die Widerstandskämpfer des Militärs, die vor 63 Jahren Adolf Hitler töten wollten. Wie in jedem Jahr werden Rekruten am Bendlerblock in Berlin ihr Gelöbnis ablegen. Dort waren nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 Oberst Claus von Stauffenberg und drei Mitverschwörer erschossen worden. Für den Historiker Professor Michael Stürmer, er ist außerdem Chefkorrespondent der Tageszeitung "Die Welt", bildet der 20. Juli '44 das sperrigste Datum der jüngeren deutschen Geschichte.
Michael Stürmer: Na ja, erst mal ist es ein gescheitertes Attentat. Das hätte nicht die Welt retten können, aber es hätte unendliches Leid verhindern können. Und wahrscheinlich hätte es das verhindert, nicht nur gekonnt, sondern auch hätte es verhindert. Das ist schon mal eine sperrige Sache. Scheitern zu feiern ist immer schwieriger, als Erfolge zu feiern. Sperrigkeit Nummer zwei: die Zuordnung. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist fast jeder ein Widerstand gewesen. Im Zweiten Weltkrieg und seit '33 waren das ziemlich wenige, die da drin waren. Und die Zuordnung ist immer sehr schwierig. Nehmen Sie die Idee, es sei ein Aufbäumen Preußens gewesen gegen dieses vulgäre Dritte Reich, gegen den Österreicher und so weiter. Nehmen Sie das, das stimmt eben alles nicht. Sondern der Adel, auch der Hochadel, war mindestens zur Hälfte sehr nationalsozialistisch durchsetzt, sehr braun. Und es waren gerade Einzelne, die sich dagegen aufbäumten. Der Riss ging zum Teil durch die Familien. Dann nehmen Sie das natürlich von der Linken her. Speziell von den Kommunisten gesagt wurde, aber wir waren doch auch Widerstand. Das ist richtig. Aber es war nicht diese Verschwörung, die im Zentrum des Systems versuchte, das System umzudrehen. Das war ja der Sinn dieses Walküre-Befehls, dass man damit die militärischen Befehlswege gegen Hitler, SS, Gestapo, Himmler, und so weiter und so weiter drehen konnte. Das ist ein sperriges Datum.
Heinemann: Herr Professor Stürmer, wie haben sich die Attentäter Deutschlands Zukunft vorgestellt?
Stürmer: Na ja, erst mal wissen wir darüber sehr viel weniger, als wir gerne wissen würden. Denn dies war ja keine Seminarveranstaltung, wo man das dann sauber ablegte in DIN A4-Ordnern, sondern es war eine geheime Verschwörung unter unendlich gefährlichen Umständen, wo die Gestapo-Augen und -Ohren überall waren und wo ein unbedachtes Wort sehr viel Böses anrichten konnte. Die Eintragung ins Gästebuch des Grafen Hardenberg hat vielen Leuten das Leben gekostet, nur um ein Beispiel zu geben.
Was in großen Umrissen klar ist, ist, man wollte vor allem Deutschland retten. Die Verschwörer sprachen von "Finis Germaniae", das Ende Deutschlands. Und sie stellten sich das als Besetzung, Zerteilung, Knechtung vor. Die Agrarisierungspläne waren ja alle schon in der Mache. Man wusste, Deutschland wird geteilt, wenn die Niederlage kommt. Man wollte also dieses Ende Deutschlands verhindern - nicht nur aus deutschen Gründen, sondern auch aus europäischen Gründen. Europa mit einem todunglücklichen, zerrissenen Deutschland, das hatte man schon einmal erlebt, nämlich mit Versailles. Und Versailles war gegenüber dem, was nun zu erwarten war, noch eine eher milde Form.
Zweitens: sicherlich für eine lange Zeit des Übergangs erst einmal eine starke rechtsstaatlich aber autoritäre Regierungsform. Denn, wie ja noch die Väter und Mütter des Grundgesetzes sehr große Zweifel an vielen Ausdrucksformen der Demokratie hegten, waren auch die Leute des 20. Juli ja gebrannte Kinder. Sie hatten ja erlebt die Schwäche von Weimar, die Zerrissenheit von Weimar, die Katastrophe, die durch die große Depression und die Schwäche von Weimar erzeugt worden war, und dass mehr als die Hälfte der Deutschen entweder nationalsozialistisch oder kommunistisch gestimmt hatten zu Anfang der 30er Jahre. Das alles hatten sie erlebt und waren entsprechend doch sehr, sehr vorsichtig. Erinnere aber noch einmal daran: Die Väter des Grundgesetzes haben das nicht anders gesehen.
Heinemann: Die Sperrigkeit des Themas, von der sie gesprochen haben, holt uns in gewisser Weise gegenwärtig anders ein. Es wird über einen geplanten Film über die Attentäter des 20. Juli debattiert. In vielen Zeitungen ist heute ein Foto von Tom Cruise zu sehen in einer Offiziersuniform der Wehrmacht. Halten Sie Tom Cruise für geeignet, Claus Graf Schenk von Stauffenberg zu spielen?
Stürmer: Also, Tom Cruise ist einer der besten Schauspieler, die es überhaupt gibt. Die Deutschen haben eigentlich nicht so eine gute Presse in Filmen, speziell in Amerika. Man sollte eigentlich froh sein darüber. Ich habe da überhaupt nicht das geringste Problem. Tom Cruise ist ein hoch professioneller Schauspieler. Er wird das glänzend machen. Warum eigentlich nicht? Und in Preußen gilt von jeher das Wort, dass jeder nach seiner eigenen Fasson selig werden soll.
Heinemann: Das gilt auch für Scientology?
Stürmer: Das gilt auch für Scientology, solange die sich nichts Kriminelles zu Schulden kommen lassen. Und meines Wissens haben sie gerade hier in Berlin unlängst eine Zentrale eröffnet. Und die Polizei war nicht als allererstes da, sondern man beobachtet das. Und bisher gab es keinen Grund, es zu schließen. Ich stehe dem total fern, aber ich bin der Meinung vom alten Fritz: Lass die Leute nach ihrer eigenen Fassung selig werden.
Heinemann: Stauffenberg war Schüler, oder vielleicht sogar Jünger des Dichters Stefan George, eines Kreises, zu dessen Zielen, wie Frank Schürmacher in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" schrieb, die Unterwerfung und Umprogrammierung ihrer Mitglieder gehörte. Der George-Kreis würde heute von Sektenbeauftragten oder auch vom Verfassungsschutz beobachtet, schrieb Schürmacher. Könnten die heftigen Angriffe auf den Scientologen Cruise damit zu tun haben, dass die Deutschen an diese Seite von Stauffenberg nicht erinnert werden möchten?
Stürmer: Ohne den katholischen Hintergrund, ohne das Infanterie-Regiment 9, ohne Stefan George wäre Stauffenberg nicht Stauffenberg gewesen. Man muss ihn nehmen, wie er war, ein Mensch in seinem Widerspruch, ein großer Held. Wenn wir davon mehr gehabt hätten, dann wäre es um Deutschland damals und heute besser bestellt gewesen. Stefan George, das war ein esoterischer Kreis um einen großen Mann gescharrt, und auch Stefan George stand in einer gewissen Tradition. Dazu gehörte Gundolf und viele andere hochbedeutende Leute. Das ist keine Sekte gewesen. Das war kein schwarzer Kult, sondern das war eine Art von hoch literarischer, hochidealistischer Jugendbewegung, gescharrt um einen Meister. Wo immer sie große Dichter haben, wo immer sie große Musiker haben, haben sie dieses Phänomen. Also, ich würde auch hier sagen: Kirche im Dorf lassen bitte.
Heinemann: Wie bewerten Sie diese Diskussion um Cruise?
Stürmer: Ach, künstlich.
Heinemann: Inwiefern?
Stürmer: An den Haaren herbeigezogen. Ich verstehe sie überhaupt nicht.
Moderator: Ist das so ein Reflex gegen Hollywood? Gegen einen, den latenten...
Stürmer: Es ist natürlich ein Reflex gegen Hollywood: Wir haben unsere deutsche Innerlichkeit, und nun schaut euch mal die Amerikaner, die sind nicht so innerlich, nicht so gefühlvoll und überhaupt, wir sind doch große Europäer und schaut mal unsere fabelhafte Geschichte an. Dies ist doch alles absoluter Kokolores. Da soll man bitte mit aufhören. Hollywood macht meistens die besten Filme. Und handwerklich sind sie immer gut gemacht. Nicht immer in der Sache, da bin ich kein großer Fan. Ich finde, es gibt wunderbare europäische Filme, ich finde "Das Leben der Anderen" ist ein wunderbares Zeichen. Aber, warum geht der große Macher nach Hollywood? Weil er meint, dort sehr viel besser Filme machen zu können. Man soll das doch mal neidlos respektieren. Es gibt Dinge, die können wir besser, wie zum Beispiel Autos und mittelgroße Autos bauen, es gibt Dinge, die können die Amerikaner nun mal sehr viel besser.
Heinemann: Zurück zum 20. Juli: Haben die Deutschen Stauffenberg verklärt?
Stürmer: Bis zu einem gewissen Grade ja, verklärt, natürlich. Aber Heilige werden immer verklärt. Und von Heiligen, zu einer heiligen Vita gehört natürlich auch, dass der Heilige in seinen frühen Jahren ein bisschen von Zweifeln angenagt wird, dass er in seinen frühen Jahren nicht so heilig war, dass der junge Offizier beim Bamberger Reiterregiment 17 zunächst mal sagte, also, der ganze Komplex Versailles, den muss man überwinden. Das hieß ja nicht, dass er scharf darauf war, Krieg zu spielen. Meistens sind Soldaten sehr viel realistischer als Zivile, was Krieg und seinen tödlichen Ernst bedeutet. Das war schon da.
Aber Stauffenberg kann man gar nicht, glaube ich, genug verklären. Schauen Sie mal, der Mann hat seit 1938 geplant. Er ist immer wieder gegengelaufen, gegen diese massenhafte Begeisterung für Hitler, er war wahnsinnig einsam. Dazu gehört erst mal schon ein großer Heroismus. Dann ist er in Afrika schwerstens verwundet worden. Der hätte jederzeit sagen können, für mich ist der Krieg vorbei, ich habe dem Vaterland gegeben, was zu geben war. Jetzt sich in dieses tödliche Risiko zu begeben und zu wissen, dass das Verbrecher waren, und zu wissen, dass die ganze Familie dabei draufgehen konnte und alle, die dabei beteiligt waren, das ist schon heroisch.
Heinemann: Der Historiker Professor Michael Stürmer in den "Informationen am Mittag" im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Stürmer: Danke Ihnen.
Michael Stürmer: Na ja, erst mal ist es ein gescheitertes Attentat. Das hätte nicht die Welt retten können, aber es hätte unendliches Leid verhindern können. Und wahrscheinlich hätte es das verhindert, nicht nur gekonnt, sondern auch hätte es verhindert. Das ist schon mal eine sperrige Sache. Scheitern zu feiern ist immer schwieriger, als Erfolge zu feiern. Sperrigkeit Nummer zwei: die Zuordnung. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist fast jeder ein Widerstand gewesen. Im Zweiten Weltkrieg und seit '33 waren das ziemlich wenige, die da drin waren. Und die Zuordnung ist immer sehr schwierig. Nehmen Sie die Idee, es sei ein Aufbäumen Preußens gewesen gegen dieses vulgäre Dritte Reich, gegen den Österreicher und so weiter. Nehmen Sie das, das stimmt eben alles nicht. Sondern der Adel, auch der Hochadel, war mindestens zur Hälfte sehr nationalsozialistisch durchsetzt, sehr braun. Und es waren gerade Einzelne, die sich dagegen aufbäumten. Der Riss ging zum Teil durch die Familien. Dann nehmen Sie das natürlich von der Linken her. Speziell von den Kommunisten gesagt wurde, aber wir waren doch auch Widerstand. Das ist richtig. Aber es war nicht diese Verschwörung, die im Zentrum des Systems versuchte, das System umzudrehen. Das war ja der Sinn dieses Walküre-Befehls, dass man damit die militärischen Befehlswege gegen Hitler, SS, Gestapo, Himmler, und so weiter und so weiter drehen konnte. Das ist ein sperriges Datum.
Heinemann: Herr Professor Stürmer, wie haben sich die Attentäter Deutschlands Zukunft vorgestellt?
Stürmer: Na ja, erst mal wissen wir darüber sehr viel weniger, als wir gerne wissen würden. Denn dies war ja keine Seminarveranstaltung, wo man das dann sauber ablegte in DIN A4-Ordnern, sondern es war eine geheime Verschwörung unter unendlich gefährlichen Umständen, wo die Gestapo-Augen und -Ohren überall waren und wo ein unbedachtes Wort sehr viel Böses anrichten konnte. Die Eintragung ins Gästebuch des Grafen Hardenberg hat vielen Leuten das Leben gekostet, nur um ein Beispiel zu geben.
Was in großen Umrissen klar ist, ist, man wollte vor allem Deutschland retten. Die Verschwörer sprachen von "Finis Germaniae", das Ende Deutschlands. Und sie stellten sich das als Besetzung, Zerteilung, Knechtung vor. Die Agrarisierungspläne waren ja alle schon in der Mache. Man wusste, Deutschland wird geteilt, wenn die Niederlage kommt. Man wollte also dieses Ende Deutschlands verhindern - nicht nur aus deutschen Gründen, sondern auch aus europäischen Gründen. Europa mit einem todunglücklichen, zerrissenen Deutschland, das hatte man schon einmal erlebt, nämlich mit Versailles. Und Versailles war gegenüber dem, was nun zu erwarten war, noch eine eher milde Form.
Zweitens: sicherlich für eine lange Zeit des Übergangs erst einmal eine starke rechtsstaatlich aber autoritäre Regierungsform. Denn, wie ja noch die Väter und Mütter des Grundgesetzes sehr große Zweifel an vielen Ausdrucksformen der Demokratie hegten, waren auch die Leute des 20. Juli ja gebrannte Kinder. Sie hatten ja erlebt die Schwäche von Weimar, die Zerrissenheit von Weimar, die Katastrophe, die durch die große Depression und die Schwäche von Weimar erzeugt worden war, und dass mehr als die Hälfte der Deutschen entweder nationalsozialistisch oder kommunistisch gestimmt hatten zu Anfang der 30er Jahre. Das alles hatten sie erlebt und waren entsprechend doch sehr, sehr vorsichtig. Erinnere aber noch einmal daran: Die Väter des Grundgesetzes haben das nicht anders gesehen.
Heinemann: Die Sperrigkeit des Themas, von der sie gesprochen haben, holt uns in gewisser Weise gegenwärtig anders ein. Es wird über einen geplanten Film über die Attentäter des 20. Juli debattiert. In vielen Zeitungen ist heute ein Foto von Tom Cruise zu sehen in einer Offiziersuniform der Wehrmacht. Halten Sie Tom Cruise für geeignet, Claus Graf Schenk von Stauffenberg zu spielen?
Stürmer: Also, Tom Cruise ist einer der besten Schauspieler, die es überhaupt gibt. Die Deutschen haben eigentlich nicht so eine gute Presse in Filmen, speziell in Amerika. Man sollte eigentlich froh sein darüber. Ich habe da überhaupt nicht das geringste Problem. Tom Cruise ist ein hoch professioneller Schauspieler. Er wird das glänzend machen. Warum eigentlich nicht? Und in Preußen gilt von jeher das Wort, dass jeder nach seiner eigenen Fasson selig werden soll.
Heinemann: Das gilt auch für Scientology?
Stürmer: Das gilt auch für Scientology, solange die sich nichts Kriminelles zu Schulden kommen lassen. Und meines Wissens haben sie gerade hier in Berlin unlängst eine Zentrale eröffnet. Und die Polizei war nicht als allererstes da, sondern man beobachtet das. Und bisher gab es keinen Grund, es zu schließen. Ich stehe dem total fern, aber ich bin der Meinung vom alten Fritz: Lass die Leute nach ihrer eigenen Fassung selig werden.
Heinemann: Stauffenberg war Schüler, oder vielleicht sogar Jünger des Dichters Stefan George, eines Kreises, zu dessen Zielen, wie Frank Schürmacher in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" schrieb, die Unterwerfung und Umprogrammierung ihrer Mitglieder gehörte. Der George-Kreis würde heute von Sektenbeauftragten oder auch vom Verfassungsschutz beobachtet, schrieb Schürmacher. Könnten die heftigen Angriffe auf den Scientologen Cruise damit zu tun haben, dass die Deutschen an diese Seite von Stauffenberg nicht erinnert werden möchten?
Stürmer: Ohne den katholischen Hintergrund, ohne das Infanterie-Regiment 9, ohne Stefan George wäre Stauffenberg nicht Stauffenberg gewesen. Man muss ihn nehmen, wie er war, ein Mensch in seinem Widerspruch, ein großer Held. Wenn wir davon mehr gehabt hätten, dann wäre es um Deutschland damals und heute besser bestellt gewesen. Stefan George, das war ein esoterischer Kreis um einen großen Mann gescharrt, und auch Stefan George stand in einer gewissen Tradition. Dazu gehörte Gundolf und viele andere hochbedeutende Leute. Das ist keine Sekte gewesen. Das war kein schwarzer Kult, sondern das war eine Art von hoch literarischer, hochidealistischer Jugendbewegung, gescharrt um einen Meister. Wo immer sie große Dichter haben, wo immer sie große Musiker haben, haben sie dieses Phänomen. Also, ich würde auch hier sagen: Kirche im Dorf lassen bitte.
Heinemann: Wie bewerten Sie diese Diskussion um Cruise?
Stürmer: Ach, künstlich.
Heinemann: Inwiefern?
Stürmer: An den Haaren herbeigezogen. Ich verstehe sie überhaupt nicht.
Moderator: Ist das so ein Reflex gegen Hollywood? Gegen einen, den latenten...
Stürmer: Es ist natürlich ein Reflex gegen Hollywood: Wir haben unsere deutsche Innerlichkeit, und nun schaut euch mal die Amerikaner, die sind nicht so innerlich, nicht so gefühlvoll und überhaupt, wir sind doch große Europäer und schaut mal unsere fabelhafte Geschichte an. Dies ist doch alles absoluter Kokolores. Da soll man bitte mit aufhören. Hollywood macht meistens die besten Filme. Und handwerklich sind sie immer gut gemacht. Nicht immer in der Sache, da bin ich kein großer Fan. Ich finde, es gibt wunderbare europäische Filme, ich finde "Das Leben der Anderen" ist ein wunderbares Zeichen. Aber, warum geht der große Macher nach Hollywood? Weil er meint, dort sehr viel besser Filme machen zu können. Man soll das doch mal neidlos respektieren. Es gibt Dinge, die können wir besser, wie zum Beispiel Autos und mittelgroße Autos bauen, es gibt Dinge, die können die Amerikaner nun mal sehr viel besser.
Heinemann: Zurück zum 20. Juli: Haben die Deutschen Stauffenberg verklärt?
Stürmer: Bis zu einem gewissen Grade ja, verklärt, natürlich. Aber Heilige werden immer verklärt. Und von Heiligen, zu einer heiligen Vita gehört natürlich auch, dass der Heilige in seinen frühen Jahren ein bisschen von Zweifeln angenagt wird, dass er in seinen frühen Jahren nicht so heilig war, dass der junge Offizier beim Bamberger Reiterregiment 17 zunächst mal sagte, also, der ganze Komplex Versailles, den muss man überwinden. Das hieß ja nicht, dass er scharf darauf war, Krieg zu spielen. Meistens sind Soldaten sehr viel realistischer als Zivile, was Krieg und seinen tödlichen Ernst bedeutet. Das war schon da.
Aber Stauffenberg kann man gar nicht, glaube ich, genug verklären. Schauen Sie mal, der Mann hat seit 1938 geplant. Er ist immer wieder gegengelaufen, gegen diese massenhafte Begeisterung für Hitler, er war wahnsinnig einsam. Dazu gehört erst mal schon ein großer Heroismus. Dann ist er in Afrika schwerstens verwundet worden. Der hätte jederzeit sagen können, für mich ist der Krieg vorbei, ich habe dem Vaterland gegeben, was zu geben war. Jetzt sich in dieses tödliche Risiko zu begeben und zu wissen, dass das Verbrecher waren, und zu wissen, dass die ganze Familie dabei draufgehen konnte und alle, die dabei beteiligt waren, das ist schon heroisch.
Heinemann: Der Historiker Professor Michael Stürmer in den "Informationen am Mittag" im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Stürmer: Danke Ihnen.