Montag, 29. April 2024

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"Diese Verluste dürfen nicht sozialisiert werden"

Der FDP-Politiker Hermann Otto Solms hält angesichts der internationalen Finanzkrise neue Regulierungen für denkbar. "Man wird darüber diskutieren müssen, ob die Unterlegung des Kreditgeschäftes mit Eigenkapital verstärkt werden muss", sagte Solms, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Ein Aufkommen des Staates für aktuelle Verluste lehnte er entschieden ab.

Moderation: Sandra Schulz | 20.03.2008
    Sandra Schulz: Und mitgehört hat Hermann Otto Solms, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Guten Morgen!

    Hermann Otto Solms: Guten Morgen, Frau Schulz.

    Schulz: Haben Sie den Banken zu sehr vertraut?

    Solms: Ich muss noch mal daran erinnern: Der Ursprung der Krise stammt von der Immobilienfinanzierung der Vereinigten Staaten. Da ist sicher leichtfertig gehandelt worden. Die Banken international haben verbriefte Kreditprodukte gekauft und gehandelt, in denen diese Risiken mit drinsteckten. Das haben sie nicht beherrscht, und nun müssen sie die Konsequenzen tragen.

    Schulz: Das heißt, es hat zu riskante Geschäfte gegeben. Das heißt, es hat an Transparenzregeln gefehlt?

    Solms: Das heißt, dass hier Bankmanager gehandelt haben, die von dem Geschäft nicht genug verstanden haben oder leichtfertig gehandelt haben, weil sie keinen eigenen richtigen Geschäftszweck gehabt haben.

    Schulz: Und wie anders kann man diesem Problem begegnen, wenn nicht mit strengerer Regulierung?

    Solms: Zunächst einmal muss man ja feststellen, dass Basel II jetzt erst in Kraft getreten ist. Nach den Regeln von Basel II dürften beispielsweise die Übertragungen von solchen Risiken in Zweckgesellschaften, die außerhalb der Bilanz geführt werden, gar nicht mehr vorgenommen werden. Deswegen wird von daher schon eine Stabilisierung in Zukunft zu erwarten sein.

    Das zweite ist: Natürlich ist die amerikanische Regierung aufgefordert und die amerikanische Zentralbank aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass diese leichtfertige Kreditfinanzierung im Immobilienmarkt, aber möglicherweise auch in anderen Märkten, so nicht weitergehen kann, dass also solche Risiken nicht weiter entstehen können.

    Schließlich, drittens, muss man dann in Ruhe überlegen, wenn die Krise vorüber ist, was man im internationalen Bereich der Regulierung zusätzlich tun kann oder sollte. Man wird darüber diskutieren müssen, ob die Unterlegung des Kreditgeschäftes mit Eigenkapital verstärkt werden muss. Das scheint mir jedenfalls aus heutiger Sicht ein wichtiger Diskussionspunkt zu sein.

    Schulz: Das heißt aber auch, dass die Fehler in den Vereinigten Staaten gemacht werden und dass der Rest der Welt sozusagen diese Fehler ausbaden muss?

    Solms: Nein. Die Banken und die Hedgefonds und Private Equity Fonds und die Regulierungsgesellschaften, sie haben ja alle versucht, sozusagen mitzuschwimmen und mitzuspielen in diesem großen Spiel. Und da sind eben einige dabei, die haben es überzogen und übertrieben und die müssen jetzt die Konsequenzen tragen. Diese Verluste dürfen nicht sozialisiert werden und dürfen nicht vom Staat übernommen werden.

    Schulz: Aber es gibt auch schon erste Einschätzungen, nach denen die Krise ebenso das deutsche Wirtschaftswachstum gefährden könnte. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut hat sich als erstes vorgewagt und angekündigt, seine Prognose um mindestens 0,2 Prozentpunkte zu senken.

    Solms: Ja, das glaube ich auch. Das wird sich auf die Realwirtschaft auswirken. Das wird auch das Exportgeschäft der deutschen Wirtschaft dämpfen. Wir werden nicht in eine Rezession fallen, aber das Wachstum wird zurückgehen. Das scheint augenscheinlich zu sein. Das ist aber kein Grund, jetzt mit Konjunkturprogrammen dem zu begegnen. Man muss jetzt die krisenhaften Auswirkungen beherrschen lernen und einige, die es übertrieben haben, müssen die Konsequenzen ziehen. Es müssen einige Gesellschaften durchaus geschlossen werden.

    Schulz: Mit welchen Konsequenzen müssen wir rechnen mit Blick auf den deutschen Haushalt?

    Solms: Wenn das Wachstum zurückgeht, dann werden sicherlich auch die Steuereinnahmen etwas maßvoller fließen trotz dieser gewaltigen Steuererhöhungen, die die Bundesregierung ja durchgesetzt hat. Und deswegen wäre es jetzt angezeigt, dass die Bundesregierung endlich damit beginnen würde, tatsächlich zu sparen. Was man aber täglich liest ist, dass laufend neue Ausgabenforderungen aus den Reihen des Kabinetts kommen. Hier müsste der Finanzminister, aber hier müsste auch die Bundeskanzlerin endlich ein Stoppzeichen setzen. Es ist nicht die Zeit, die Staatsausgaben auszuweiten, sondern es ist die Zeit, mit den Steuergeldern verantwortungsvoller umzugehen.

    Schulz: Das Stoppzeichen haben Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück ja just ausgegeben. Sie haben signalisiert, dass für diese zusätzlich geforderten Ausgaben in Milliardenhöhe kein Raum ist. Das heißt, Sie applaudieren Merkel und Steinbrück?

    Solms: Nein. Ich applaudiere ihnen nicht, denn reden ist das eine und handeln das andere. Während sie das sagen, werden gleichzeitig zusätzliche Ausgabenforderungen auf den Weg gebracht. Das Wohngeld soll erhöht werden, die Ausgaben für Krippenplätze sollen erhöht werden, und viele andere Beispiele gibt es dafür. Dafür ist im Moment einfach kein Raum.

    Schulz: Sehen Sie die Gefahr eines erneut verfassungswidrigen Haushaltes?

    Solms: Das sehe ich im Moment nicht. Wir sind unterhalb der zulässigen Grenzen, die die Verfassung uns gegeben hat. Aber das ist ja auch nur ein sehr wenig ehrgeiziges Ziel. Wir müssten eigentlich längst einen ausgeglichenen Haushalt haben, also einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung. Das war auch ohne Weiteres erreichbar, wenn Sie bedenken, dass wir ja etwa 2007 schon 50 Milliarden Mehreinnahmen hatten als im Jahre zuvor. Deswegen hätten wir dieses Jahr längst einen ausgeglichenen Haushalt haben können. Das ist nur deshalb verhindert worden, weil eben der Staat uferlos zusätzliche Ausgaben beschließt.

    Schulz: Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk heute Morgen Hermann Otto Solms, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Danke für diese Einschätzungen.