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Diesel-Fahrverbot in Stuttgart
Nachrüstung als Hintertür

Lange wurde darüber debattiert, nun ist es beschlossen: das Fahrverbot für ältere Diesel-PKWs ab Anfang 2018 in Stuttgart. Im vorgestellten Luftreinhalteplan für die Stadt ist das Verbot ein fester Bestandteil – allerdings, mit einem eingebauten Hintertürchen. Und zwar über die Nachrüstung älterer Autos.

Von Thomas Wagner | 05.05.2017
    DEU; Deutschland, Stuttgart, 16.01.2017: Feinstaubalarm in Stuttgart. Die Messungen der Landesanstalt fuer Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Wuerttemberg haben erneut ergeben, dass die Feinstaubbelastung in der Landeshauptstadt ueberschritten wurde. Die Folge ist ein Appell an die Autofahrer, freiwillig auf OePNV umzusteigen. Zudem soll auf Komfortkamine verzichtet werden. Â DEU Germany Stuttgart 16 01 2017 Feinstaubalarm in Stuttgart the Measurements the State Institute for Environment Measurements and Nature conservation bath Wuerttemberg have again result that the Fine particulate pollution in the State capital ueberschritten was the Impact is a Appeal to the Motorists Voluntarily on OEPNV to upgrade also should on waived will â
    Feinstaubalarm in Stuttgart. (imago stock&people)
    "Oslo hat die Diesel ausgesperrt. Paris hat die Stadtautobahn zugemacht. London hat die City-Maut"
    Und was anderswo in Europa gang und gebe sei, so der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer, werde nun auch in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Wirklichkeit: Fahrverbote für ältere Diesel-PKW unterhalb der Schadstoffnorm Euro sechs.
    "Ein zeitlich befristetes Fahrverbot zum 1.1.2018 – das ist der Plan"
    Was das Fahrverbot konkret bedeutet
    Bekräftigt der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann, kommt Sekunden später aber auf ein Hintertürchen zu sprechen:
    "Parallel dazu läuft jetzt noch die Diskussion: Gibt es noch einen Weg, um das zu verhindern?"
    Und diesen Weg, so Hermann, gibt es. Das Zauberwort heißt. "Nachrüstung" der betroffenen älteren Diesel-Fahrzeuge – Nachrüstung mit Filteranlagen, die die Stickoxid- und Feinstaubemissionen dieser von Fahrverboten bedrohten PKW erheblich reduzieren. Die Zielvorgabe:
    "Mantra: Die Nachrüstung muss mindestens so viel bringen wie die Fahrverbote."
    Wie eine solche Nachrüstung betroffener Diesel-PKW aussehen könnte – darüber, so Hermann, liefen derzeit intensive Verhandlungen zwischen der baden-württembergischen Landesregierung und der Automobilindustrie.
    Erst die Ankündigung des Fahrverbots rüttelte Hersteller wach
    Die habe sich anfangs der Forderung nach Nachrüstung mit besseren Abgasnachbehandlungsanlagen geschlossen entgegengestemmt. Erst nach der Ankündigung der Diesel-Fahrverbote zeigten sich die Autohersteller flexibler.
    "Seit die Fahrverbote auf den Tisch liegen, hat sich da deutlich was bewegt. Plötzlich sind da Ingenieure zu uns gekommen und haben gesagt: Das geht doch! Wir leben im Land der Erfinder, der besten Technologien – warum sollen wir denn an der Innovationskraft unserer Wirtschaft zweifeln?"
    Ja, warum eigentlich? Möglicherweise deshalb, weil sich die Autohersteller und die Zulieferer selbst nicht sicher sind, ob sie die geforderte Nachrüstung älterer Diesel-PKW stemmen können. Die Hersteller prüften technische Möglichkeiten der Emissions-Reduzierung auch bei älteren Dieselautos, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie.
    Umstellung von Euro 5 auf Euro 6 ist problematisch
    Konkrete Lösungsansätze – Fehlanzeige! Und erst gestern sagte Rolf Bulander, in der Geschäftsleitung des Auto-Zulieferers Bosch für Diesel-Technologie zuständig:
    "Wer jetzt die Vorstellung hat, man kann ein Euro 5 Fahrzeug durch Nachrüstung auf ein Euro-6-Fahrzeug RDE-fähig umstellen, den muss ich da enttäuschen."
    Deshalb fällt es vielen schwer, daran zu glauben, dass die Auto-Hersteller ältere Diese-Fahrzeuge durch Nachrüstung sauberer bekommen.
    "Das schaffen die doch einfach nicht!" Glaubt Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin des BUND Baden-Württemberg. Folge aus ihrer Sicht:
    "Ich gehe davon aus, dass man ab dem 1. Januar nicht mehr reinfahren darf mit älteren Dieselfahrzeugen."
    Nachrüstung wird voraussichtlich Milliarden kosten
    Das alleine geht der Deutschen Umwelthilfe, wie es in einer Stellungnahme am Nachmittag heißt, aber nicht weit genug: Selbst die angeblich saubereren Euro-6-Dieselautos erfüllten nicht die europäischen Schadstoffnormen; auch für sie müssten die Fahrverbote gelten.
    Gerichtlich will die Umwelthilfe daher eine Verschärfung der Fahrverbote erzwingen. In einem anderen Punkt lobt sie allerdings den grünen baden-württembergischen Verkehrsminister. Es geht um Hermanns Vorstellung darüber, wer die Kosten der Nachrüstung tragen müsse:
    "Ich bin der Meinung dass die Verantwortung bei den Herstellern liegt. Das machen sie in anderen Ländern gezwungenermaßen."
    Allerdings könnten solche Nachrüst-Anlagen staatlicherseits gefördert werden, beispielsweise über einen Fonds. Immerhin gehe es um sehr viel Geld.
    "Also wir gehen mal grob davon aus, dass es fünf bis zehn Milliarden wird, die die Nahrüstung kosten wird."