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Diesel-Emissionen
VW-Softwareupdate hält Umweltvorschriften nicht ein

Untersuchungen des Berliner Emissionskontrollinstituts EKI haben ergeben, dass VW-Dieselautos trotz Nachrüstungen weiterhin unerlaubt hohe Stickoxide ausstoßen. Die Ergebnisse, die dem Deutschlandfunk vorliegen, sind ernüchternd. Das Bundesverkehrsministerium war zu einer Stellungnahme nicht bereit.

Von Gerhard Schröder | 13.03.2017
    Der Auspuff eines VW Tiguan vor dem Volkswagen Werk in Wolfsburg.
    Der Auspuff eines VW Tiguan vor dem Volkswagen Werk in Wolfsburg. (dpa-Bildfunk / Ole Spata)
    Axel Friedrich hat den Vorher-Nachher-Test gemacht. Er wollte wissen: Wie wirksam war das Softwareupdate, das das Bundesverkehrsministerium angeordnet hat. Die Ergebnisse, die dem Deutschlandfunk vorliegen, sind ernüchternd. Vor der Nachbesserung blies der VW Golf TDI Variant 964 Milligramm Stickoxid pro Kilometer in die Luft. Nach dem Update waren es noch 604 Milligramm, sagt Axel Friedrich, Leiter des Emissionskontrollinstituts EKI in Berlin. "Die Emissionen sind um 38 Prozent gesunken, liegen aber immer noch um das 3,3fache über dem Grenzwert von Euro 5. Also besser geworden, aber eben nicht gut", sagte Institutsleiter Friedrich.
    Peinliche Lage für Verkehrsminister Dobrindt
    Gut wäre ein Wert von weniger als 180 Milligramm, das ist der gestzliche Grenzwert, den der getestete VW Golf eigentlich nicht überschreiten darf. Tatsächlich bläst er mehr als dreimal so viel Stickoxide in die Luft, was den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in eine peinliche Lage bringt.
    "Die Fahrzeuge des VW-Konzerns werden durch die Abarbeitung des Rückrufs in einen Zustand versetzt, mit dem sämtliche Umweltvorschriften eingehalten werden", sagte Dobrindt nach Bekanntwerden des Abgasskandals im Herbst 2015. Der Verkehrsminister ordnete an: VW muss 2,5 Millionen Fahrzeuge zurückrufen und illegale Abschalteinrichtungen entfernen, mit denen VW die Aufsichtsbehörden ausgetrickst hatte. Jetzt aber zeigt sich: Auch nach dem Rückruf halten die Fahrzeuge die gesetzlichen Grenzwerte nicht ein.
    Keine Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums
    Wie ist das zu erklären? Das aufsichtführenden Kraftfahrtbundesamt KBA hatte die Nachbesserungen doch geprüft und genehmigt. Eine Nachfrage beim KBA blieb jedoch unbeantwortet. Auch das Bundesverkehrsministerium war zu einer Stellungnahme nicht bereit. Volkswagen selbst stellte eine Antwort zwar in Aussicht, blieb die aber bis zum Sendetermin schuldig. Wegducken reicht nicht, meint dagegen Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Sie hatte die Messungen in Auftrag gegeben: "Die Messergebnisse sind sehr enttäuschend. Wir können sie nicht aktzeptieren. Die deutsche Umwelthilfe wird sie auch als Grundlage nehmen für eine Klage gegen das Kraftfahrtbundesamt und damit gegen die Bundesregierung auf Aberkennung der Typzulassung für entsprechende Fahrzeuge."
    Resch fordert: Alle Dieselfahrzeuge, die die Grenzwerte nicht einhalten, müssen nachgerüstet werden. Und zwar so, dass sie die gesetzlichen Anforderungen tatsächlich erfüllen. Und zwar nicht nur bei Prüfungen im Labor, sondern auch im Straßenbetrieb. Dazu, sagt der Abgasexperte Axel Friedrich, reichen Softwareupdates allerdings nicht aus: "Es liegt an der eingesetzten Technik, die sehr einfach ist. Sie haben nur eine Abgasrückführung, die eingesetzt wird zur Minderung der Stickoxidemissionen. Das heißt, sehr simple Technik. Nicht wie heute bei guten Fahrzeugen mit einer sogenannten SCR-Anlage, das heißt mit Harnstoffeinspritzung und einem Katalysator. Die sind in diesen Fahrzeugen nicht verbaut"
    Strengere Abgastests erst ab 2019
    Nachrüstungen sind aber durchaus möglich, Friedrich hat das an einem VW Passat ausprobiert und einen SCR-Katalysator nachträglich einbauen lassen. Das Ergebnis: Die Stickoxid-Emissionen sanken von über 1.000 auf 55 Milligramm pro Kilometer. Ein Minus von 95 Prozent. Kostenpunkt: 1500 Euro.
    Friedrich: "Das würde sehr viel weiterhelfen, wenn wir diese hochemittierenden Fahrzeuge mit solchen Systemen ausrüsten würden. Dann hätten wir die Probleme weitgehend gelöst." Davon allerdings will Dobrindt nichts wissen. Strengere Abgastests sollen erst ab 2019 gelten, und das auch nur für Neufahrzeuge. Dieselautos, die schon zugelassen sind, dürfen auch in Zukunft mehr Stickoxid in die Luft blasen, als gesetzlich eigentlich erlaubt ist.