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Diesel-Gipfel
Rückkauf, Prämie oder Nachrüstung?

Die Regierung berät über verschiedene Konzepte, wie alte Dieselfahrzeuge sauberer werden können - ohne dass der Autobesitzer auf den Kosten sitzen bleibt oder unter Fahrverboten leidet. Die Meinungen über Rückgabe, Hardware-Nachrüstungen oder Rabatte beim Neukauf gehen weit auseinander.

Von Nadine Lindner | 28.09.2018
    Das Auspuffrohr eines älteren Fahrzeugs ist an einer befahrenen Durchgangsstraße in Stuttgart zu sehen.
    Wie können die Schadstoffe aus dem Auspuff reduziert werden? (dpa-Bildfunk / Bernd Weißbrod)
    Ab dem frühen Nachmittag kommen mehrere Minister mit dem Chef des Bundeskanzleramtes, Helge Braun, zusammen. Die Aufgabe für die Ressorts Verkehr, Umwelt, Wirtschaft und Finanzen ist nicht trivial. Sie sollen eine gemeinsame Position zur politischen Lösung der Diesel-Krise finden.
    Dreiklang vorgesehen
    Verkehrsminister Andreas Scheuer, CSU, hatte Anfang der Woche ein Konzept vorgelegt, das einen Dreiklang aus Rückkaufmöglichkeiten, Umtauschprämien und technischen Nachrüstungen vorsieht. Grundlegende Meinungsunterschiede gibt es innerhalb der Regierung nach wie vor beim Thema Nachrüstungen, also dem nachträglichen Einbau von SCR-Katalysatoren. Staatssekretär Florian Pronold, SPD, bekräftigte gestern Abend im Bundestag noch einmal die Position:
    "Wir sehen doch gerade, dass es ohne die Hardware-Nachrüstung nicht geht. Und dass in bis zu 15 großen Städten in Deutschland Fahrverbote drohen. Die Hersteller müssen den Mist, den sie angerichtet haben auch wieder auslöffeln."
    "Es ist kein Geheimnis, dass ich nichts von Hardware-Nachrüstungen halte, ich habe technische, rechtliche und finanzielle Bedenken", sagt dagegen Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU, der diesen Aspekt ohne große Begeisterung in sein Papier aufgenommen hat. Ob heute schon eine Entscheidung fällt oder ob dies erst im Koalitionsausschuss am Montagabend geschieht, ist noch nicht absehbar.
    Wie positionieren sich die Autobauer?
    Entscheidend ist jedoch noch eine zweite Frage: Wie positionieren sich die deutschen Hersteller BMW, Volkswagen und Daimler? Volkswagen hat laut "Spiegel" Nachrüstungen von Euro-5-Dieseln zugestimmt. Auch wenn VW die Finanzierung nur zu 80 Prozent übernehmen will und Rückkaufmöglichkeiten ablehnt. VW setzt auf Umtauschprämien für den Kauf neuer Autos.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich gestern in einem Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" für kostenlose Nachrüstungen ausgesprochen, auch wenn sie die Flottenerneuerung favorisiert. Offensichtlich gibt es auch bei anderen Herstellern Bewegung. Die "FAZ" berichtet heute, dass BMW, Audi, Volkswagen und Daimler Gutscheine für Einbauten von externen Zulieferern aushändigen wollen. Allerdings wollen sie dann keine Garantie für das nachgerüstete Auto übernehmen, was für Kunden ein großes Problem werden könnte.
    Unmut bei der Opposition
    Bei der Opposition im Bundestag sorgen die Vorstöße vom Verkehrsminister und der Industrie für Unmut - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Für die AfD kritisierte der Verkehrspolitiker Dirk Spaniel gestern am späten Abend im Bundestag die Stickoxid-Messmethoden als ideologisch bedingt:
    "Jeder misst in Europa, wie er will. Und Deutschland verhängt sich selber Fahrverbote, weil linksgrüne Umweltämter auf Länderebene das Kampf gegen das Auto führen. Und die CDU fällt einfach fröhlich mit."
    Die gerichtlich verhängten Fahrverbote seien nicht haltbar. Der grünen Umerziehungspolitik müsse entgegen getreten werden, so Spaniel. Die Linken kritisieren hingegen die Position der Industrie als "Unverschämtheit". Durch die Eigenbeteiligung der Kunden wollten die Konzerne noch an der Krise verdienen. Die linke Verkehrspolitikerin Ingrid Remmers:
    "Die Vertrauenskrise der Auto-Industrie ist entstanden, weil man dort glaubte und immer noch glaubt, man könne sich ständig nach Belieben über gesetzliche Bestimmungen hinwegsetzen."
    Zudem sorgt noch ein weiterer Punkt bei den Umweltverbänden für Irritationen: Die deutsche Bundesregierung, vor allem das Bundesumweltministerium hat in dieser Woche, zeitlich parallel zu den Diesel-Verhandlungen, seinen Widerstand gegen strengere CO2 Grenzwerte aufgegeben. Der ökologisch orientierte Verkehrsverband VCD warnte vor einen "Kuhhandel".