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Diesel-Manipulation
VW-Rückruf des Passats verzögert sich

Bereits im vergangenen Dezember wurden von VW technische Lösungen vorgestellt, durch die manipulierte Autos nachgerüstet werden sollten. Der Rückruf vom VW-Passat verzögert sich aber, weil die Software überarbeitet werden muss. Rund 2,5 Mio. Autobesitzer warten in Deutschland darauf, dass ihr VW nachgerüstet wird. Der Unmut unter ihnen ist groß.

Von Alexander Budde | 14.04.2016
    Ein Auspuff eines Autos mit einem VW-Logo im Hintergrund.
    Ein Auspuff eines Autos mit einem VW-Logo im Hintergrund. (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    "Das ist ein VW Touran mit 1,6-Liter-Dieselmaschine um die 100 PS, hervorragende Verbrauchswerte, hervorragende Fahreigenschaften. Das Auto läuft technisch einwandfrei, bin hoch zufrieden."
    Wolfgang Meyer - sein Name ist geändert – hat in Hannover einen Fuhrbetrieb mit zehn VW-Dieselautos. In acht davon ist manipulierte Software eingebaut, erfuhr der VW-Fan in einem Schreiben Mitte Februar. Sowas hatte er dem Volkswagen-Konzern nicht zugetraut:
    "Da hat man mir mitgeteilt, dass ich betroffen bin. Ich finde das einfach nicht in Ordnung, wie VW mit seinen Kunden umgeht!"
    Neue technische Lösungen im Dezember
    Seither wartet Meyer auf Nachricht, wann seine Dieselautos in die Werkstatt gerufen werden – so wie rund 2,5 Millionen weitere in Deutschland betroffene Autobesitzer auch. VW-Chef Matthias Müller hatte im Dezember vorigen Jahres technische Lösungen zur "Nachrüstung" vorgestellt. Damit ließe sich ein Großteil der weltweit elf Millionen Fahrzeuge so weit ertüchtigen, dass sie zumindest die europäischen Grenzwerte einhalten:
    "Für alle drei europäischen Varianten des Motortyps EA 189 stehen inzwischen tragfähige Lösungen bereit, für die wir grünes Licht vom Kraftfahrtbundesamt erhalten haben. Das heißt, für alle in Europa betroffenen Modelle können wir künftig sicherstellen, dass wir auf dem Prüfstand und auf der Straße mit ein und derselben Abgasstrategie unterwegs sind - und natürlich alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen!"
    Laut VW soll für Dieselfahrzeuge mit zwei und 1,2 Litern Hubraum ein Software-Update genügen. Aktualisiert werden muss auch die Software bei den 1,6-Liter-TDI-Motoren, zusätzlich wird mit dem sogenannten Strömungstransformator noch ein Plastikrohr zwischen Luftfilter und Motor eingefügt.
    Der Konzern versichert, dass sich die Nachrüstungen weder auf den Verbrauch noch die Motorleistung spürbar negativ auswirken. Aber was ist, wenn die Autobesitzer im Alltag andere Erfahrungen machen?
    Rückrufaktion verzögert sich weiter
    Fakt ist: Der bereits für März angekündigte Rückruf der VW-Volumenmarke Passat mit 2,0 Liter Hubraum verzögert sich weiter. Trotz wochenlanger Prüfungen der Software hat das Kraftfahrtbundesamt als zuständige Aufsichtsbehörde keine endgültige Freigabe erteilt. Jetzt soll die Software-Lösung noch einmal überarbeitet werden, um alle vorgegebenen Grenzwerte einzuhalten. Freigaben gibt es laut VW für den VW-Pick-up Amarok, aber auch für die Audi-Modelle A 4, A5 und Q5 sowie Seat Exeo.
    Rückkaufangebote oder Gutscheine über 1.000 Dollar pro Fahrzeug, wie sie für Amerikaner im Gespräch sind, soll es hierzulande nicht geben. Nicht alle Opfer der Diesel-Manipulation wollen sich damit abfinden. In ganz Europa fordern VW-Kunden Schadensersatz. Schon jetzt haben sich 85.000 Autobesitzer zusammengeschlossen.
    Dass hiesige VW-Kunden grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz haben, sagt auch Marion Jungbluth. Die Expertin vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) beruft sich auf Studien. Sie sollen belegen, dass die betroffenen Fahrzeuge nach Bekanntwerden der Abgasmanipulation erheblich an Wiederverkaufswert verloren haben.
    Sollten sich etwa Leistung und Verbrauch durch die amtlich verordnete Nachrüstung erheblich verschlechtern, könnten Klagen erfolgreich sein. Das Problem: Der Nachweis muss auf dem Prüfstand geführt werden – die realitätsfernen Laborbedingungen dort werden von Verbraucherschutz- und Umweltverbänden seit Jahren kritisiert. Marion Jungbluth:
    Juristischer Vergleich mit US-Kunden nicht auf hiesigen Markt übertragbar
    "Diese große Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich jetzt an Anwälte oder an die Stiftungen wenden, macht ja mindestens eines deutlich: Dass der Unmut und auch das Unverständnis der Verbraucher sehr groß ist, wieso sie eigentlich von VW kein Angebot bekommen. Das Problem ist, dass wir in Deutschland keine Musterfeststellungsklage haben, sodass auch Verbraucherverbände wie wir eine Klage durchführen können, auf die sich dann auch andere Verbraucher nachher berufen können."
    Volkswagen teilt in einer schriftlichen Stellungnahme mit, dass es nach aktuellem Kenntnisstand keine Auswirkungen auf die Restwerte der nachgerüsteten Fahrzeuge geben wird. Der angestrebte Vergleich mit den US-Kunden sei auf den hiesigen Markt nicht übertragbar. Das Vertrauen in die von deutschen Autobauern so beworbene Diesel-Technologie in den USA sei nämlich tief erschüttert.