Interessanterweise hat der WWF hauptsächlich Befürworter einer digitaleren Landwirtschaft eingeladen - mit unterschiedlichen Motiven. Da ist beispielsweise Bernhard Schmitz vom Landmaschinenhersteller AGCO International, der die Vorteile für die Bauern und die Umwelt preist, passend zu seinem Produktangebot selbst fahrender Maschinen:
"Digitale Lösungen sind zum Beispiel Lenksysteme, GPS-Lenksysteme, wo der Fahrer nicht mehr selber lenken muss, sondern ein automatisches System das übernimmt. Dadurch erzielt der Landwirt schon eine viel höhere Präzision, kann Betriebsmittel einsparen. Dadurch, dass er genauer über den Acker fährt. Man kann Düngemittel einsparen, man kann Diesel einsparen. Und dadurch, dass ich keine Auslassungen oder Überlappungen habe zwischen den einzelnen Fahrspuren, kann ich halt auch die Flächen besser ausnutzen. "
Aus ganz anderen Gründen ist Jutta Zeisset für eine digitalere Landwirtschaft. Sie findet, Landwirte sollen und müssen die sogenannten sozialen Medien nutzen - also Facebook, Instagram und Co - um ihre Arbeit transparenter zu machen und zur Selbstvermarktung. Sie betreibt einen Hofladen mit Café in der Nähe von Freiburg. Ohne ihre Online-Aktivitäten kämen gar keine Kunden zu ihr, betont Zeisset:
"Grundsätzlich ist wichtig, dass Landwirte Öffentlichkeitsarbeit machen, egal auf welchem Weg. Facebook ist einer davon, Instagram ist einer oder Twitter. Also: Über sich reden, Transparenz schaffen, um so Vertrauen zurück zu gewinnen, das wir dringend benötigen."
Onlinewerbung durch digitale Stallbesuche
Faktisch Interessierte in die Ställe lassen, sei in vielen Bereichen der Viehhaltung schon aufgrund der Vorschriften gar nicht möglich, betont sie. Aber eben virtuell. Widerstände etwa gegen neue Stallbauten könnten so auch verringert werden. Eine flächendeckende Breitbandversorgung wünscht sich Jutta Zeisset ganz oben auf der Liste, um den Bauern Onlineaktivitäten zu erleichtern.
Auch Walter Haefeker vom Europäischen Berufsimkerverband kann der Digitalisierung viel abgewinnen, weil dadurch der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln durch punktgenaueren Einsatz reduziert werden könnte. Er setzt dabei etwa auf Bilderkennung und künstliche Intelligenz. Davon profitierten auch die Bienen glaubt er.
"Nehmen wir das Beispiel Glyphosat, das ist am einfachsten. Das ist ein Unkrautbekämpfungsmittel. Im Moment wird das großflächig ausgebracht, also auch dort wo das Unkraut gar nicht ist. Und mit kleinen, leichten Agrarrobotern kann man schon heute die gleiche Fläche von Unkraut befreien. Der Roboter fährt über die Fläche, erkennt mit Bilderkennung das Unkraut und setzt dann eine lokale Maßnahme, also eine Einzelpflanzenbekämpfung."
Außerdem könnten Landmaschinen nur noch intelligenter werden, nicht mehr schwerer. Eine digitale Landwirtschaft werde besser sein als eine chemische, ist er überzeugt, auch weil sie schneller und flexibler neue Lösungen finden könne. Durch die Zulassungsverfahren bräuchten zum Beispiel neue Pestizide sehr lange, bis sie auf dem Acker eingesetzt werden können. Für neue clevere Roboter gibt es solche Hürden nicht.
Nutzen der digitalen Landwirtschaft ist umstritten
Wasser in den Wein goss vor allem ein Öko-Bauer aus Brandenburg: Benedikt Bösel, der zudem im Bundesverband Deutscher Startups aktiv ist. Er betonte, sein Betrieb kämpfe vor allem mit der Verbesserung seiner schlechten Böden - da helfe Digitalisierung nur bedingt. Er sieht darin einfach nur ein Werkzeug von vielen und ärgert sich, dass öffentliche Fördermittel derzeit hauptsächlich in diesen Bereich fließen.
Der WWF selbst bezieht zum Thema digitale Landwirtschaft eine uneindeutige Position. Sie sei eine große Chance für den Umweltschutz, wenn dadurch der Pestizid- und Düngemitteleinsatz verringert werde, sagt Geschäftsführer Jörg-Andreas Krüger. Eindeutige Beweise für die Vorteile gibt es noch nicht.
Außerdem sieht Krüger auch folgendes Problem:
"Dass Digitalisierung momentan so ein bisschen ein Zauberwort ist, wo alle Menschen sagen: Wow, da sind wahrscheinlich wahnsinnig viele Chancen drin, aber wie es genau funktioniert und welche Risiken vielleicht damit verbunden sind, das steht noch nicht so ganz fest."
Schon jetzt ist aber klar: Sie wird eine große Menge an Daten generieren, bei denen geklärt werden muss, wem die gehören, wer sie wie nutzen darf. Und Digitalisierung verursacht auch erst einmal Kosten, wenn sie funktioniert kostet sie Arbeitsplätze - alles gesellschaftliche Fragen, die weiter diskutiert werden müssen.