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Dirk Ippen wird 80
Die Erfolgsgeschichte eines Verlegers

Die Ippen-Gruppe ist ein wenig bekannter deutscher Medien-Riese - das gilt auch für den Mann dahinter: Dirk Ippen. Dabei gibt sein Unternehmen viele Lokal- und Regionalzeitungen heraus und ist auch im Digitalen erfolgreich. Das liegt vor allem an der Fokussierung aufs Lokale.

Von Brigitte Baetz | 13.10.2020
Zeitungsverleger, hält eine Tageszeitung in seinem Büro in seinen Händen.
Der Verleger Dirk Ippen ist inzwischen 80 Jahre alt. (picture alliance/Sven Hoppe/dpa)
Die Hälfte der Anteile an seiner Verlagsgruppe hat er abgegeben, unter anderem an seinen Neffen Daniel Schöningh und seinen Sohn Jan Ippen.
Doch der Senior vertritt das Konglomerat aus Tageszeitungen und deren Online-Auftritten, aus Radiostationen und zahlreichen Anzeigenblättern immer noch nach außen und gibt die Linien vor - ganz im Sinne der Erziehung seiner gutbürgerlichen Eltern.
Ippen sagt: "Wer den Marschallstab im Tornister hat, der ist verpflichtet, ihn auch auszupacken, will sagen, wer also eigentlich begabt ist, der muss auch mit seinen Kräften etwas machen. Man darf sich nicht auf die faule Haut legen."
Erste Schritte im Ruhrgebiet
Und das hat Dirk Ippen auch nie getan. Sein Vater, der unter anderem Minderheitsgesellschafter war bei der damals großen "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", der WAZ, hatte ihm kurz vor seinem Tod Ende der 60er Jahre einen Anteil am "Westfälischen Anzeiger" in Hamm verschafft – einem Unternehmen mit Substanz, aber ohne große Zukunftsvision.
Der erst 28-jährige Dirk Ippen schaffte es als Juniorverleger und Chefredakteur in Personalunion, den Verlag zu restrukturieren und das Blatt publizistisch stärker in der Region zu verankern. Das kam ihm dann auch zugute, als die WAZ versuchte, den "Westfälischen Anzeiger" zu verdrängen. Doch David schlug Goliath.
"Viele große Dinge scheitern an Kleinigkeiten. Die WAZ ist in Hamm auch letzten Endes an Kleinigkeiten gescheitert, weil sie dachten: Wir sind die große WAZ. Uns liebt jeder. Aber die wussten gar nicht, wie genau die Befindlichkeiten der Leser in Hamm sind," erinnert sich Ippen.
Lokales wichtiger als die große weite Welt
Dirk Ippen hatte für sich erkannt, dass die Leser sich in ihrer Zeitung wiederfinden wollen, sich im Zweifel eher für die Taubenzucht interessierten als für die Lage am Persischen Golf. Edelfedern und Großkommentatoren findet man in der Ippen-Presse daher bis heute eher selten, dafür viel von dem, was oft von überregional arbeitenden Journalisten belächelt wird: Lokalkolorit.
"Der Kern der Zeitung ist nämlich nicht, Nachrichten zu vermitteln. Das war immer nicht der Kern und heute schon erst recht nicht, wo ich bei Google und anderswo jede Nachricht beliebig finde, sondern der Kern der Zeitung ist, eine Gemeinschaft zu schaffen und sogar immer so etwas wie das gedruckte Facebook, wo man sich wiederfindet. Und das ist in der Tat in Großstädten immer schwieriger geworden", sagt Ippen.
Auch im Digitalen erfolgreich
Und deshalb hat die regional basierte Ippen-Gruppe weniger zu kämpfen als andere Verlage. Dirk Ippens Sohn Jan hat zudem als einer der ersten in der Branche ein System für die Verlagsgruppe entwickelt, das es erlaubt, redaktionelle und Werbe-Synergien für die inzwischen über 50 Newsportale zu nutzen. Es hilft auch, Artikel im Google-Ranking ganz nach oben zu bekommen.
Dirk Ippen steht mit gefalteten Händen in einem Restaurant.
Dirk Ippen mischt in seinem Verlag immer noch mit (imago/ B. Lindenthaler)
Die wichtige Lokalberichterstattung wird vor Ort koordiniert, Überregionales und Vermischtes hauptsächlich in den Zentralredaktionen in München und Frankfurt. Aber weiterhin gilt Ippens Vorgabe: nicht am Leser vorbeischreiben, auch nicht am Online-Leser.
"Sie können nicht in einer, wenn sie irgendwo streng katholisch und einer katholischen Landgegend sind - ich sage mal, wie wir in Oberbayern - da können Sie keine Zeitung machen, wo Landwirtschaft und Kirche und alles Mögliche verächtlich gemacht wird. Das passt einfach nicht. Umgekehrt, wenn Sie in Bremen eine Zeitung herausgeben, die muss auch ein bisschen anders sein", so Ippen.
Blick auf die Zahlen
Aus dem Verlag des "Westfälischen Anzeigers" heraus hatte Dirk Ippen über Jahre durch geschickte Zukäufe so genannter Kreisblätter, also Zeitungen, die einen Landkreis abdecken, ein deutschlandweites Netz von Regional- und Lokalblättern geschaffen – selten als Alleinverleger, sondern meistens in Kooperation.
"Es waren Familienunternehmen, die waren durch Generationen in der Familie gewesen. Und irgendwann lässt dann mal auch die unternehmerische Kraft nach. Irgendwann gibt es dann auch zu viele Miterben und Tanten und Nichten und Neffen, die alle vor allem Geld sehen wollen und keine innere Beziehung mehr haben zu dem Unternehmen und den aktiven Gesellschaftern das Leben nur schwer machen."
Dirk Ippen hat sich solche Unternehmen systematisch herausgesucht und wieder auf unternehmerische Linie gebracht. Genauso, wie er es mit dem "Münchner Merkur" und zuletzt mit der "Frankfurter Rundschau" gemacht hat.
Vom Massen- zum Nischenprodukt
Der Altverleger blieb immer in erster Linie Kaufmann – was sich nicht rechnet, wird auch nicht weiter finanziert. Das mussten jüngst die Mitarbeiter des "Siegerlandkuriers" erfahren, einem kleinen, aber publizistisch renommierten Anzeigenblatt, das vom Ippen-Verlag "Westfälischer Anzeiger" an die Konkurrenz verkauft und dann von dieser eingestellt wurde.
Dirk Ippen macht sich keine Illusionen über die Zukunft der gedruckten Presse. Das Produkt Zeitung werde durch die Digitalisierung vom Massen- zum Nischenmarkt. Wer zu klein sei, werde über kurz oder lang geschluckt.