Lange: Das heißt, der Zeitplan, wonach sich Erwin Teufel bis zum Jahresende erklärt und im Februar dann der Spitzenkandidat gewählt wird, ist nicht mehr ganz zu halten?
Brunnhuber: Nach dem, was jetzt schon geschehen ist und wie auch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, wäre es auf jeden Fall für Erwin Teufel und auch die Partei sinnvoller, eine frühere Entscheidung zu treffen, als sich an dem Zeitplan festzuhalten. Der war vielleicht vor einem halben Jahr noch richtig, jetzt überschlagen sich die Ereignisse und wir sind keine Eisenbahn, die den Fahrplan einhalten muss, egal ob es schneit oder regnet, sondern eine politische Partei. Wenn sich in der Öffentlichkeit politische Ereignisse ergeben, die andere Diskussionsmöglichkeiten fordern, dann sollte man sie auch nützen und nicht auf den Zeitplan warten. Bis Weihnachten ist es noch viel zu lang, da geht noch viel zu viel Zeit verloren. Ich glaube, dass jetzt schon so viel diskutiert wurde, dass am Schluss alle beschädigt sind: die Partei, Kandidaten und nicht zuletzt Erwin Teufel, und das wäre eigentlich schade.
Lange: Wenn Sie Berater wären, was würden Sie ihm raten, weitermachen oder aufhören?
Brunnhuber: Dazu möchte ich selber gar nichts sagen in der Öffentlichkeit, weil ich meine, das würde Erwin Teufel gerade erst recht noch bockiger machen. Er ist ein Mensch, der sicherlich selber beobachten kann, was um ihn herum vorgeht und er wird seine Entscheidungen entsprechend treffen können.
Lange: Er fühlte sich schon vor Wochen von der eigenen Landtagsfraktion "gemobbt" – ist da überhaupt noch eine Vertrauensbasis vorhanden, die weitere vier Jahre hält?
Brunnhuber: Diese Wortwahl habe ich damals nicht so richtig verstanden, weil kein Mensch deswegen schon sozusagen zum Mobbing übergeht, wenn er jemanden fragt: Wie hältst du es denn nun, wie wird deine Entscheidung sein? Und deswegen wäre es sicherlich vernünftig, dass man auch bei Ministerpräsidenten in aller Ruhe akzeptiert, dass eben wirklich die Menschen auch zu Hause in jeder Gemeinde, egal wo man hinkommt, Abgeordnete gefragt werden, wie die Entscheidung ausgehen wird. Und dass das natürlich eine Frage ist, die dann auch wiederum in den Gremien diskutiert wird, das kann man nicht verhindern und nicht vermeiden.
Lange: Der Ministerpräsident macht geltend, dass er der Garant für die neuerliche absolute Mehrheit sei. Wenn das so ist, kommen Sie ja kaum an ihm vorbei – aber ist das denn so?
Brunnhuber: Dass er hervorragende Arbeit geleistet hat, bestätigen ihm ja auch alle Umfragen, ob sie nun bestellt und gewollt oder ungewollt von irgendwelchen Institutionen gemacht wurden. Aber dass natürlich eine Diskussion beginnt, wenn jemand 65 wird, die Wahl erst in zwei Jahren stattfindet und wir eine Amtszeit von fünf Jahren haben, ist völlig normal, insbesondere wenn es jemanden gibt – und mehrere Personen – die wesentlich jünger sind und das Amt auch ausüben könnten. Insofern ist es etwas selbstverständliches, es wäre direkt fatal, wenn in der CDU Baden-Württembergs nicht ein solcher Dialog begonnen hätte.
Lange: Ich höre heraus, dass Sie doch viel Sympathie für einen Wechsel hätten.
Brunnhuber: Ich will mich dazu öffentlich nicht äußern, das habe ich auch meiner Landesgruppe versprochen, aber meine Sympathien gelten dem jetzigen Amtsinhaber Erwin Teufel. Ich möchte, dass die Debatte schnell beendet wird und je schneller sie beendet wird, umso klarer werden wir auch in der Lage sein, die Perspektiven für die kommende Wahl sauber zu organisieren.
Lange: Aber was bedeutet es für die Partei, wenn er weitermachen würde? Dann wäre doch eine ganze Riege möglicher Nachfolger im Grunde verbrannt: Günther Öttinger, der Fraktionschef, muss sich ja jetzt schon im Grunde mit dem Etikett rumschlagen, er sei der Prinz Charles der Landespolitik.
Brunnhuber: Da kann man natürlich unterschiedlicher Auffassung sein. Ein Ministerpräsident Erwin Teufel in Hochform ist sicherlich auch für die Landespartei nach gewisser Diskussion zu akzeptieren. Eine Partei wie die baden-württembergische CDU, die in ihrem Grundmuster doch sehr konservativ angelegt ist, würde sich nach meinem Dafürhalten relativ schnell auch wieder hinter Erwin Teufel scharen. Wenn es natürlich auch zutrifft, was Sie sagen, dass zumindest für Günther Öttinger das nicht unbedingt die glücklichste Entscheidung wäre, aber die Landespartei würde letztendlich, wie es im Grundsatz so eine konservative Partei normal ist, auch hinter den jetzigen Amtsinhaber scharen. Denn der Erfolg wäre nur möglich, wenn sich dann alle auch wieder mit dem Ministerpräsidenten Erwin Teufel um den politischen Gegner kümmern und nicht ewig weiterdiskutieren.
Lange: Die Union diskutiert in letzter Zeit wieder sehr lustvoll über Personalien, neuerdings auch auf Bundesebene, da soll nun Edmund Stoiber zugunsten von Angela Merkel klarstellen, dass er nicht noch mal Kanzlerkandidat werden will. Dass es so weit kommt, klingt doch danach, als ob jemand die Niederlage von 2002 immer noch nicht verarbeitet hat. Sehen Sie das auch so?
Brunnhuber: Ich glaube, dass die Diskussion, dass Edmund Stoiber nochmals Kanzlerkandidat wird, selbst in der CSU nicht so gesehen wird. Er hatte seine Chance und er hat in Bayern und auch in Baden-Württemberg sehr gut abgeschnitten, außerhalb war es weniger gut und das hat man auch in München registriert und ich glaube, dass Angela Merkel schon deswegen eine natürliche Anwartschaft jetzt auf diese Kanzlerkandidatur hat. Sie ist die Parteivorsitzende der CDU, sie ist jetzt die Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU und sie hat letztes Mal, obwohl sie sicherlich auch einen Anspruch gehabt hätte, zugunsten von Stoiber verzichtet. Das wird ein zweites Mal sicherlich nicht möglich sein, das wird schon auch die gesamte CDU gar nicht akzeptieren. Von daher ist zwar die Debatte jetzt viel zu früh, aber wenn man sie jetzt führt, wird vom Ergebnis nichts anderes herauskommen als das, was man dann eventuell erst in einem Jahr hätte entscheiden wollen.