Christian Schütte: Die Aussichten für die Finanzwelt sind nach wie vor trübe. Zum Beispiel die Postbank erwartet Verluste. Auch in der Wirtschaft fällt die Stimmung weiter. Der Automobilkonzern Daimler etwa hat die Gewinnerwartungen nach unten korrigiert und einen mehrwöchigen Produktionsstopp angekündigt. Und die Politik? - Sie überlegt, wie sie gegensteuern und die Konjunktur zumindest stabil halten kann. - Einer, der nun auch Positives in der derzeitigen Krise entdecken kann, ist Christian Dreger, Chef der Abteilung Konjunktur beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Guten Morgen, Herr Dreger.
Christian Dreger: Guten Morgen!
Schütte: Bisher haben wir davon gehört, dass Bürger durch die aktuellen Kursverluste an den Börsen Geld verloren haben. Nun sagen Sie, die Turbulenzen auf den Finanzmärkten werden dafür sorgen, dass vielen Bürgern mehr Geld im Portemonnaie bleibt. Wie geht das denn zusammen?
Dreger: Na ja, es stimmt schon, dass wir im Moment in Deutschland und im Euro-Raum durch eine Phase der Stagnation gehen. Das wächst eigentlich nicht mehr. Wir schwanken so mehr oder weniger um die Null-Linie.
Schütte: Das Bruttoinlandsprodukt?
Dreger: Genau. Im dritten Quartal haben wir eigentlich auch ein leichtes Minus auf der Rechnung. Aber zum Ende des Jahres sollte es dann wieder etwas positiv sein und da kommt insbesondere zugute, dass die Inflation abnimmt. Die Energiepreise haben ja schon deutlich abgenommen. Die Lebensmittelpreise gehen tendenziell auch zurück. Das heißt, das Problem, womit wir die ganze Zeit in der ersten Hälfte 2008 konfrontiert waren, nämlich die anziehende Inflation, löst sich allmählich auf.
Schütte: Die Kaufkraft steigt also, sagen Sie. Aber davon hätte die Wirtschaft nichts, wenn die Deutschen das Geld nicht ausgeben aus Angst vor schlechteren Zeiten.
Dreger: Da haben Sie Recht. Das ist natürlich ein psychologisches Moment, was da eine Rolle spielt. Es kommt darauf an, wie stark die Verbraucher sich dann verunsichern lassen. Trotzdem dürfte aller Voraussicht nach die Kaufkraft steigen. Wir erwarten eigentlich, dass es in diesem Jahr zu keinem Beschäftigungsabbau kommt. Der Beschäftigungsaufbau ist sicherlich zu Ende. Aber wir haben eigentlich auch keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit in diesem Jahr zu befürchten. Im nächsten Jahr könnte durchaus ein kleiner Anstieg der Arbeitslosigkeit eintreten, aber der ist eigentlich nicht so groß, um das Plus zu gefährden, was durch den Rückgang der Inflation zu erwarten ist.
Schütte: Unternimmt die Politik jetzt das richtige, um Beschäftigung zu sichern und Wirtschaft zu stützen?
Dreger: Wichtig ist sicherlich, dass die Politik ihre Bereitschaft erklärt hat, auf die Finanzmarktkrise zu reagieren und den Banken beizuspringen. Wir haben ja im Moment besonders ein Vertrauensproblem im Interbankenmarkt. Die Banken sind immer weniger bereit, sich gegenseitig Geld zu leihen. Da ist es sehr wichtig gewesen, dass die Politik ihre Bereitschaft erklärt hat, das System am Laufen zu halten. Die Alternative wäre weitaus schlimmer gewesen und hätte nachhaltige Schwächen von Produktion und Beschäftigung nach sich gezogen. Insofern ist das natürlich zunächst mal grundsätzlich richtig. Es gibt weitergehende Forderungen, beispielsweise nach einem Konjunkturprogramm. Da würden wir schon skeptisch sein. Letztlich kommt es für uns darauf an, dass der Pfad der Konsolidierung nicht aus den Augen gelassen wird. Es kommt ja auch darauf an, die Staatshaushalte nicht an der Spitze des Konjunkturzyklus zu konsolidieren, sondern im Mittel des Konjunkturzyklus, und davon sind wir ja noch weit entfernt. Wir haben gar keine andere Möglichkeit, als zu konsolidieren, wenn wir zum Beispiel an die demographische Entwicklung denken, die ja tendenziell höhere Belastungen für die Sozialversicherungen impliziert, und konsolidierte Staatshaushalte schaffen natürlich auch mehr Vertrauen für die privaten Haushalte und Unternehmen. Durch die Finanzmarktkrise kann das etwas verzögert werden, aber das sehen wir halt erst im Nachhinein.
Schütte: Herr Dreger, Sie sagen "kein Konjunkturprogramm", aber das will ja auch beispielsweise der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nicht. Eine Überlegung ist, die KFZ-Steuer nun doch schneller neu zu regeln, damit mehr Menschen ein neues Sprit sparenderes Auto kaufen. Ist das ein guter Plan für Wachstum und Wirtschaft?
Dreger: Man muss natürlich sehen, wie jetzt die Senkung der KFZ-Steuer dort wirken wird. Letztlich kommt es natürlich darauf an, dass man damit tatsächlich das Verkehrsaufkommen drosselt, und wir müssen auch überlegen, dass solche Maßnahmen erhebliche Mitnahmeeffekte auslösen können. Wenn wir jetzt beispielsweise die gesunkenen Ölpreise nehmen, dann haben wir im Moment ein Konjunkturprogramm in der Größenordnung von 20 bis 25 Milliarden, was wir umsonst von der Weltwirtschaft erhalten.
Schütte: Das reicht Ihrer Meinung nach schon aus?
Dreger: Na ja, das stützt zumindest die Kaufkraft der privaten Haushalte. Tendenziell würde das dann auch zu höherem Konsum führen. Die Börsen sind sicherlich weltweit eingebrochen. Das spielt für den Konsum eher eine untergeordnete Rolle, weil in Deutschland recht wenig Haushalte überhaupt Aktien haben. Der Konsum in Deutschland ist relativ unabhängig von den Vermögensverhältnissen. Die Unternehmen sind im Mittel eigentlich auch gut aufgestellt und haben zum Beispiel ihre finanzielle Situation über die letzten Jahre erheblich verbessert. Von daher sollte Deutschland durchaus in der Lage sein, die aktuellen Verwerfungen besser zu verkraften.
Schütte: Christian Dreger, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
Christian Dreger: Guten Morgen!
Schütte: Bisher haben wir davon gehört, dass Bürger durch die aktuellen Kursverluste an den Börsen Geld verloren haben. Nun sagen Sie, die Turbulenzen auf den Finanzmärkten werden dafür sorgen, dass vielen Bürgern mehr Geld im Portemonnaie bleibt. Wie geht das denn zusammen?
Dreger: Na ja, es stimmt schon, dass wir im Moment in Deutschland und im Euro-Raum durch eine Phase der Stagnation gehen. Das wächst eigentlich nicht mehr. Wir schwanken so mehr oder weniger um die Null-Linie.
Schütte: Das Bruttoinlandsprodukt?
Dreger: Genau. Im dritten Quartal haben wir eigentlich auch ein leichtes Minus auf der Rechnung. Aber zum Ende des Jahres sollte es dann wieder etwas positiv sein und da kommt insbesondere zugute, dass die Inflation abnimmt. Die Energiepreise haben ja schon deutlich abgenommen. Die Lebensmittelpreise gehen tendenziell auch zurück. Das heißt, das Problem, womit wir die ganze Zeit in der ersten Hälfte 2008 konfrontiert waren, nämlich die anziehende Inflation, löst sich allmählich auf.
Schütte: Die Kaufkraft steigt also, sagen Sie. Aber davon hätte die Wirtschaft nichts, wenn die Deutschen das Geld nicht ausgeben aus Angst vor schlechteren Zeiten.
Dreger: Da haben Sie Recht. Das ist natürlich ein psychologisches Moment, was da eine Rolle spielt. Es kommt darauf an, wie stark die Verbraucher sich dann verunsichern lassen. Trotzdem dürfte aller Voraussicht nach die Kaufkraft steigen. Wir erwarten eigentlich, dass es in diesem Jahr zu keinem Beschäftigungsabbau kommt. Der Beschäftigungsaufbau ist sicherlich zu Ende. Aber wir haben eigentlich auch keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit in diesem Jahr zu befürchten. Im nächsten Jahr könnte durchaus ein kleiner Anstieg der Arbeitslosigkeit eintreten, aber der ist eigentlich nicht so groß, um das Plus zu gefährden, was durch den Rückgang der Inflation zu erwarten ist.
Schütte: Unternimmt die Politik jetzt das richtige, um Beschäftigung zu sichern und Wirtschaft zu stützen?
Dreger: Wichtig ist sicherlich, dass die Politik ihre Bereitschaft erklärt hat, auf die Finanzmarktkrise zu reagieren und den Banken beizuspringen. Wir haben ja im Moment besonders ein Vertrauensproblem im Interbankenmarkt. Die Banken sind immer weniger bereit, sich gegenseitig Geld zu leihen. Da ist es sehr wichtig gewesen, dass die Politik ihre Bereitschaft erklärt hat, das System am Laufen zu halten. Die Alternative wäre weitaus schlimmer gewesen und hätte nachhaltige Schwächen von Produktion und Beschäftigung nach sich gezogen. Insofern ist das natürlich zunächst mal grundsätzlich richtig. Es gibt weitergehende Forderungen, beispielsweise nach einem Konjunkturprogramm. Da würden wir schon skeptisch sein. Letztlich kommt es für uns darauf an, dass der Pfad der Konsolidierung nicht aus den Augen gelassen wird. Es kommt ja auch darauf an, die Staatshaushalte nicht an der Spitze des Konjunkturzyklus zu konsolidieren, sondern im Mittel des Konjunkturzyklus, und davon sind wir ja noch weit entfernt. Wir haben gar keine andere Möglichkeit, als zu konsolidieren, wenn wir zum Beispiel an die demographische Entwicklung denken, die ja tendenziell höhere Belastungen für die Sozialversicherungen impliziert, und konsolidierte Staatshaushalte schaffen natürlich auch mehr Vertrauen für die privaten Haushalte und Unternehmen. Durch die Finanzmarktkrise kann das etwas verzögert werden, aber das sehen wir halt erst im Nachhinein.
Schütte: Herr Dreger, Sie sagen "kein Konjunkturprogramm", aber das will ja auch beispielsweise der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nicht. Eine Überlegung ist, die KFZ-Steuer nun doch schneller neu zu regeln, damit mehr Menschen ein neues Sprit sparenderes Auto kaufen. Ist das ein guter Plan für Wachstum und Wirtschaft?
Dreger: Man muss natürlich sehen, wie jetzt die Senkung der KFZ-Steuer dort wirken wird. Letztlich kommt es natürlich darauf an, dass man damit tatsächlich das Verkehrsaufkommen drosselt, und wir müssen auch überlegen, dass solche Maßnahmen erhebliche Mitnahmeeffekte auslösen können. Wenn wir jetzt beispielsweise die gesunkenen Ölpreise nehmen, dann haben wir im Moment ein Konjunkturprogramm in der Größenordnung von 20 bis 25 Milliarden, was wir umsonst von der Weltwirtschaft erhalten.
Schütte: Das reicht Ihrer Meinung nach schon aus?
Dreger: Na ja, das stützt zumindest die Kaufkraft der privaten Haushalte. Tendenziell würde das dann auch zu höherem Konsum führen. Die Börsen sind sicherlich weltweit eingebrochen. Das spielt für den Konsum eher eine untergeordnete Rolle, weil in Deutschland recht wenig Haushalte überhaupt Aktien haben. Der Konsum in Deutschland ist relativ unabhängig von den Vermögensverhältnissen. Die Unternehmen sind im Mittel eigentlich auch gut aufgestellt und haben zum Beispiel ihre finanzielle Situation über die letzten Jahre erheblich verbessert. Von daher sollte Deutschland durchaus in der Lage sein, die aktuellen Verwerfungen besser zu verkraften.
Schütte: Christian Dreger, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.