
Fratzscher sagte im Deutschlandfunk, es gehe um Umverteilung von Reich zu Arm, durch die 40 Prozent der darin einbezogenen Menschen mehr Geld in der Tasche hätten. Angerechnet werden sollten nur Renten sowie die Rendite privater Altersvorsorge nach einem Freibetrag. Vermögen sollten nicht zusätzlich besteuert werden, sagte Fratzscher.
Der Ökonom kritisierte, dass die Regierung mit Maßnahmen wie der Mütterrente oder der Rente ab 63 immer wieder Geschenke zulasten der jüngeren Generationen gemacht habe. Diese werde immer stärker belastet.
Fratzscher räumte ein, dass der "Boomer-Soli" keine direkte Entlastung für die jüngere Generation bewirke. Indirekt käme er dieser jedoch ebenfalls zugute, da sie sonst über immer höhere Steuern und Abgaben das Defizit auffangen müsse.
Junge Union: Echte Boomer-Solidarität geht anders
Am Freitag hatte der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Winkel, den vom DIW vorgeschlagenen Boomer-Soli kritisiert. Die Maßnahme helfe der jungen Generation gar nicht, sagte Winkel im Deutschlandfunk. Echte Boomer-Solidarität wäre, die sogenannte Rente mit 63 zu streichen, sagte der JU-Chef.
Damit ist die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren gemeint. Weil das reguläre Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben wird, bewegt sich auch die abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte schrittweise auf einen Eintritt mit 65 zu.
SPD: Wer in Rente geht, muss sich darauf verlassen können
Auch vom Koalitionspartner SPD gab es Kritik. Der Berichterstatter der Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales, Rützel, sagte dem Tagesspiegel, mit dem Vorschlag werde Gerechtigkeit gegeneinander ausgespielt, eine alte Generation gegen eine junge Generation. Wer in Rente gehe, müsse sich darauf verlassen können, dass niemand um die Ecke komme und sage: Geben Sie mal zehn Prozent ab.
Was ist die Grundidee des "Boomer-Soli"?
Der Vorschlag des DIW sieht eine Solidaritätsabgabe von zehn Prozent auf alle Alterseinkünfte vor. Betroffen wären etwa auf die gesetzliche Rente, auf Betriebsrenten und auf Pensionen. Dabei soll ein Freibetrag von 1.000 Euro pro Monat gelten.
Das heißt, die Abgabe wird erst bei höheren Altersbezügen fällig. Der "Boomer-Soli" soll zweckgebunden sein. Das Geld könne an Menschen mit besonders niedrigen Renten verteilt werden, um so das Risiko der Altersarmut zu senken und jüngere Generationen zu entlasten, hieß es. In der Pressemitteilung des DIW wird betont, der Soli solle nur innerhalb der älteren Generation umverteilt werden, "im Gegensatz zu steigenden Rentenbeiträgen und Steuerzuschüssen, die nach den Plänen der neuen Koalition künftig die zunehmend klammen Kassen der gesetzlichen Rente stabilisieren sollen."
Wie groß ist der Handlungsdruck?
Im aktuellen Bundeshaushalt sind insgesamt rund 121 Milliarden Euro als Zuschüsse zur Rentenkasse vorgesehen. Das entspricht fast einem Viertel des gesamten Etats. In Zukunft wird sich der Finanzierungsbedarf noch weiter erhöhen.
Das hat mit zwei demografischen Entwicklungen zu tun: Einerseits ist die Lebenserwartung deutlich gestiegen. Im Jahr 2022 bezogen Männer durchschnittlich 18,8 Jahre lang Rente; Frauen sogar 22,2 Jahre. Andererseits hat die über Jahrzehnte gesunkene Geburtenrate dazu geführt, dass das Verhältnis zwischen Rentnern und aktuellen Beitragszahlern immer unausgeglichener wurde. In den 1960er-Jahren kamen auf einen Rentner noch sechs Beitragszahler, inzwischen sind es nur noch zwei.
Die Koalition aus Union und SPD hat vereinbart, eine Rentenkommission zu berufen. Diese soll bis zur Mitte der Legislaturperiode Vorschläge für eine Reform des Rentensystems vorlegen.
Diese Nachricht wurde am 21.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.