Dmitri Schostakowitschs Tagebücher
Sensation mit großer Sprengkraft

Vor vier Jahren wurde bekannt: Schostakowitsch hat drei Tagebücher hinterlassen, zwei in Leder gebundene Bücher und eine Art Schulheft. Deren Inhalte waren nun in Leipzig beim Schostakowitsch-Festival Thema eines Vortrages. Eine seltene Gelegenheit.

Am Mikrophon: Marie König im Gespräch mit Anastassia Boutkso |
Dmitri Shostakovich sitzt mit aufgestütztem Ellebogen so, dass eine Hand sein Gesicht ein wenig abschirmt.
In der Gesellschaft bewegte sich Schostakowitsch fast immer enorm zurückhaltend. Nur beim Fußball zeigte er sich hemmungslos und urteilte frei in seinen Tagebüchern, deren Existenz in Leipzig nun noch einmal belegt wurde. (imago stock&people /ITAR-TASSC)
Zum Moskauer Archiv gehören zwei Wohnungen: eine zum Archiv umfunktionierte und die ehemalige Lebensumgebung des Komponisten mit Mobilar, zu der nur die Wenigsten, vor allem die Erben, Zutritt haben. Aus diesen Räumen wurden vor vier Jahren drei Hefte aus den Jahren 1957-1964 übergeben. Wann immer Schostakowitsch das Bedürfnis in der Zeit des Tauwetters hatte, Gedanken, Zitate, Beobachtungen und literarische Versuche zu notieren, griff er zu einem dieser Hefte, die er allerdings nicht chronologisch nutzte.
Besonders deutlich drückte er darin seine anti-Stalinistische Haltung und seinen Widerwillen ob der militärischen Überhöhung Russlands aus.

Nachfrage nach Zugänglichkeit

Die Drucklegung wird dauern. Zum einen ist es eine Herausforderung, die Handschrift des Komponisten zu entschlüsseln. Zudem mussten alle Personen, die in den Zeilen angesprochen wurden, für eine Freigabe kontaktiert werden.

Noch schwieriger: Eine Veröffentlichung würde der aktuellen Vereinnahmung des Komponisten durch das aktuelle Regime zuwiderlaufen.