
Dobrindt erklärte, es gebe aktuell keinen Anlass, von der grundsätzlichen Praxis abzuweichen. Man wolle eine Entscheidung im Hauptverfahren abwarten. Außerdem werde sein Ministerium, wie vom Berliner Verwaltungsgericht verlangt, ausführlichere Begründungen für die Zurückweisungen nachliefern.
Das Berliner Verwaltungsgericht hatte in einer Eilentscheidung festgestellt, die Zurückweisung von Asylsuchenden bei Grenzkontrollen auf deutschem Gebiet sei rechtswidrig. Ohne Durchführung des sogenannten Dublin-Verfahrens dürfen sie nicht abgewiesen werden, entschied das Gericht.
Dobrindt hatte am 7. Mai, wenige Stunden nach seinem Amtsantritt als Bundesinnenminister, eine Intensivierung der Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, künftig sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Seinen Angaben zufolge hatten die Somalier, die in Berlin das Gericht angerufen hatten, bereits am 2. und am 3. Mai versucht nach Deutschland einzureisen, ohne ein Asylgesuch vorzubringen. Dies hätten sie erst beim dritten Versuch am 9. Mai getan. Man sehe an dem Beispiel, wie dysfunktional das ganze Asylsystem inzwischen geworden sei, sagte Dobrindt.
Grünen-Chef Banaszak: Schallende Ohrfeige für Union
Kritiker der neuen Grenzkontrollen fühlen sich durch die Entscheidung des Gerichts bestätigt. Der Co-Vorsitzende der Grünen, Banaszak, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Union habe sich "eine schallende Ohrfeige vor Gericht" geholt. Es sei unseriös und höchst bedenklich, wenn man immer wieder versuche, den rechtlichen Rahmen maximal auszutesten und dafür auch bereit sei den Rechtsbruch in Kauf zu nehmen. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Mihalic, forderte, Dobrindt müsse unverzüglich seine Anordnung zurückzuziehen.
Die Linken-Abgeordnete Bünger forderte Dobrindt zum Rücktritt auf. Ein Minister, der bewusst Recht breche, sei untragbar.
Auch innerhalb der schwarz-roten Koalition wurde Kritik laut. Der SPD-Abgeordnete Stegner sagte ebenfalls der "Rheinischen Post", das Gerichtsurteil werde für Dobrindt möglicherweise nicht ohne ein paar politische Schrammen bleiben. Die Union stehe nun vor dem Praxistest im Regierungshandeln.
Polizeigewerkschaft: Vorgehen war von Anfang an juristisch stark umstritten
Die Gewerkschaft der Polizei sieht sich in ihrer Skepsis bestätigt. Man habe von Anfang an gesagt, dass die Zurückweisung von Asyl- und Schutzersuchenden juristisch stark umstritten sei, sagte der GDP-Vorsitzende Roßkopf den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er äußerte die Erwartung, dass es nun keinerlei rechtliche Schritte gegen Polizisten geben werde.
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Diese Nachricht wurde am 02.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.