Dirk Müller: Die Strompreise – die Strompreise – immer wieder ein Thema. Millionen machen sich Gedanken, die normalen Kunden, die extravaganten Kunden, auch die Handwerker, die großen und die kleinen Betriebe, und erst recht die Industrie: Wird alles noch teurer? Wir bezahlen schon ohnehin mehr für den Saft aus der Steckdose als die meisten anderen in Europa, und das alles wegen der Energiewende? Jetzt wird alles noch dramatischer. Die mächtigen Stromkonzerne hierzulande drohen nicht nur, sondern machen offenbar ernst und schalten einfach ab, eine ganze Reihe von Gas- und Kohlekraftwerken, weil sich diese Energieanlagen wirtschaftlich nicht mehr lohnen, heißt es.
Die steigenden Preise und diese Stilllegung von Kraftwerken, darüber sprechen wir nun mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Guten Morgen!
Martin Zeil: Schönen guten Morgen!
Müller: Herr Zeil, werden wir von den Konzernen erpresst?
Zeil: Nein, so kann man das nicht sagen. Es zeitigt hier natürlich jeder auch seine Interessen. Aber es ist ja ein ganz offensichtliches Zeichen auch dafür, dass die Energiewende, wie sie seinerzeit auch sehr übereilt, überhastet beschlossen worden ist, unvollständig ist. Weil wir ja nicht nur ein Beispiel haben, sondern viele – wir haben ja auch mit Irsching ein solches Beispiel in Bayern -, wo auch kommunale Gesellschafter uns sagen, wir können unter den jetzigen Bedingungen solche Kraftwerke nicht wirtschaftlich betreiben. Wir konnten dann für Irsching zusammen mit der Bundesnetzagentur und dem Bundeswirtschaftsminister eine Lösung finden für die nächsten drei Jahre, aber alles deutet darauf hin: Wir haben noch nicht das richtige Förder- und Marktdesign für die erneuerbaren Energien, was gleichzeitig dann den wirtschaftlichen Betrieb der dringend benötigten grundlastfähigen Kraftwerke ermöglicht.
Müller: Das hört sich ein bisschen so an – Sie sagen jetzt Irsching, das hat geklappt, das zu verlängern, das für drei Jahre in irgendeiner Form zu garantieren. Ist das eine Lobbylösung?
Zeil: Nein! Das ist eine dringend notwendige Lösung für Süddeutschland. Wir können nicht hinnehmen, dass das modernste, effizienteste Gaskraftwerk der Welt vom Netz geht, während die Bundesnetzagentur, ich sage jetzt mal, Dreckschleudern im Ausland, alte Ölkraftwerke unter Volllast laufen lässt. Ich sage noch mal: Alles das ist nicht befriedigend, aber wir müssen das Problem an der Wurzel packen. Das heißt, wir brauchen eine bessere Steuerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Auch an die erneuerbaren Energien, die stark schwankenden, muss die Anforderung gerichtet werden, dass Strom jederzeit verfügbar sein muss. Wir müssen an den einseitigen Einspeisevorrang heran und wir brauchen marktwirtschaftliche Lösungen. Was wir im Moment haben, ist Planwirtschaft, und deswegen sage ich, alle diese vordergründigen Lösungsansätze jetzt gerade auch von der SPD bedeuten nur mehr Planwirtschaft, mehr Kosten für den Verbraucher. Wir müssen hin zu mehr Marktwirtschaft. Nur dann werden wir das Problem lösen.
Müller: Sie sagen jetzt SPD, meinten aber vorher die ganze Zeit, die drei Minuten im Grunde Peter Altmaier?
Zeil: Gar nicht! Hier sind ja Vorschläge der Bundesregierung gemacht worden. Aber Rot-Grün hat ja die Lösungen, die der Bundesumweltminister - leider sehr spät, aber immerhin - zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der das Thema schon sehr viel früher angegangen ist, abgelehnt. Rot-Grün hat blockiert und deswegen geht es ja jetzt heute nach der Methode von der SPD: Haltet den Dieb. Die hat jetzt auch erkannt, dass ihre Blockadehaltung unter anderem dazu geführt hat, dass die Strompreise zu stark steigen, dass die Verbraucher, dass der Mittelstand zu stark belastet wird, und jetzt wird kurz vor der Wahl so getan, als hätte man Lösungen. Aber da, wo es darum gegangen ist, hat sich Rot-Grün verweigert. Zum Beispiel - ich freue mich ja, dass Herr Steinbrück meinen Vorschlag zur Senkung der Stromsteuer, die Stromsteuer zu binden an die EEG-Umlage, den ich vor einem Jahr schon gemacht habe, jetzt aufgreift. Aber im Bundesrat ist dieser Vorschlag, der dann vonseiten Bayerns eingebracht worden ist, auch von den rot-grünen Ländern abgelehnt worden.
Müller: Herr Zeil, nun ist ja zumindest der SPD-Kanzlerkandidat lernfähig. Das können wir hier schon mal konstatieren und festhalten. Strompreisbremse!
Zeil: In diesem Punkt ja, aber das reicht natürlich noch nicht, denn das Konzept, was er vorgelegt hat, ist ein Dokument der energiepolitischen Maßlosigkeit.
Müller: Ich muss Sie noch was fragen. Strompreisbremse will die SPD jetzt auch, die Grundtarife sollen eingefroren werden, sodass eine weitere Steigerung der Preise in irgendeiner Form begrenzt werden kann. Aber uns wäre jetzt auch neu und den vielen, die das jetzt regelmäßig verfolgt haben, dass Peter Altmaier, Union, aber auch in Zusammenarbeit mit FDP, auch in Zusammenarbeit mit dem Bundeswirtschaftsminister, beispielsweise den Schnitt gemacht hätten, die Großindustrie nicht so stark zu entlasten, dass es über fünf Milliarden sind, die da zusammenkommen.
Zeil: Hier ist ein Vorschlag gemacht worden, der alle Beteiligten, die Bestandsanlagen, aber vor allem die künftigen Anlagen in der erneuerbaren Energie, auch durch Senkung dann von Abgaben-Entgelten betrifft, und natürlich auch einen Teil jedenfalls dieser Regelung für die Ausnahmen für die energieintensive Industrie.
Müller: Dann sagen Sie uns doch, Herr Zeil: Wie viel wäre denn da zusammengekommen?
Zeil: Drei Milliarden wären damals, das war der Vorschlag des Bundes. Den hätten wir trotz Kritik im Detail mitgetragen. Rot-Grün hat sich hier verweigert. Und jetzt zu behaupten, man kann jetzt locker durch Vorschläge, die aber im Einzelnen völlig untauglich sind, noch mal durch staatliche Eingriffe, wie das ja hier gemacht werden soll, durch einseitiges Überwälzen der Kosten auf die Industrie fünf Milliarden erzielen, ist völlig, liegt völlig daneben. Ich sage ja: Es hat konstruktive Vorschläge gegeben, die sind von Rot-Grün abgelehnt worden, und jetzt, kurz vor der Wahl, will man auf den Zug aufspringen, weil man merkt, dass man mit dieser Politik, nur das EEG als der Weisheit aller Dinge anzusehen, scheitert. Deswegen werden wir Rot-Grün auch nicht da rauslassen.
Müller: Lieber Herr Zeil, Sie sind ja mächtig sauer auf die SPD. Aber ich habe noch ein paar Fragen und wir haben nicht mehr so viel Zeit. Sie sagen, man muss mehr Marktwirtschaft wagen. Ist für Sie liberales Verständnis auch Ihrerseits Ausnahmeregelungen für die Industrie? Ist das liberale Marktwirtschaft?
Zeil: Solange wir mit dem EEG einen gigantischen Umverteilungsmechanismus …
Müller: Der die Verbraucher trifft!
Zeil: … von unten nach oben haben, nämlich 20 Milliarden, …
Müller: Trifft den Verbraucher!
Zeil: Genau! - …, müssen wir natürlich – das ist übrigens von Rot-Grün damals beschlossen worden – diese Ausnahmeregelungen für die energieintensive Industrie haben, weil wir ansonsten unsere Arbeitsplätze ins Ausland treiben. Rot-Grün hat das übrigens mitgetragen.
Müller: Aber Sie tragen es weiter mit?
Zeil: Und ich sage, was wir brauchen – diese Ausnahmeregelungen weisen ja darauf hin, dass wir ein System haben, was so auf Dauer nicht funktioniert. Deswegen will ich das EEG grundsätzlich verändern und wir brauchen eine ganz neue Regelung, vor allen Dingen mit mehr Innovation. Dieses EEG ist vollkommen einfallslos. Es ist im Grunde eine Preisgarantie auf 20 Jahre. Das ist schön für den, der die bekommt, aber es ist nicht so schön für den, der es zahlen muss. Deswegen sage ich, wir brauchen diese Veränderung und dann können wir natürlich auch diese Ausnahmeregelung verändern. Aber solange wir das jetzige System haben, wäre das ein Anschlag auf unsere Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie, wenn wir das nicht aufrechterhalten.
Müller: Herr Zeil, jetzt habe ich schon ein bisschen Muskelzucken, weil die Kollegen der Nachrichten warten. Da kriege ich Riesenärger, wenn wir beide jetzt nicht aufhören. Vielen Dank für das Gespräch – der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Schönen Tag noch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Die steigenden Preise und diese Stilllegung von Kraftwerken, darüber sprechen wir nun mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Guten Morgen!
Martin Zeil: Schönen guten Morgen!
Müller: Herr Zeil, werden wir von den Konzernen erpresst?
Zeil: Nein, so kann man das nicht sagen. Es zeitigt hier natürlich jeder auch seine Interessen. Aber es ist ja ein ganz offensichtliches Zeichen auch dafür, dass die Energiewende, wie sie seinerzeit auch sehr übereilt, überhastet beschlossen worden ist, unvollständig ist. Weil wir ja nicht nur ein Beispiel haben, sondern viele – wir haben ja auch mit Irsching ein solches Beispiel in Bayern -, wo auch kommunale Gesellschafter uns sagen, wir können unter den jetzigen Bedingungen solche Kraftwerke nicht wirtschaftlich betreiben. Wir konnten dann für Irsching zusammen mit der Bundesnetzagentur und dem Bundeswirtschaftsminister eine Lösung finden für die nächsten drei Jahre, aber alles deutet darauf hin: Wir haben noch nicht das richtige Förder- und Marktdesign für die erneuerbaren Energien, was gleichzeitig dann den wirtschaftlichen Betrieb der dringend benötigten grundlastfähigen Kraftwerke ermöglicht.
Müller: Das hört sich ein bisschen so an – Sie sagen jetzt Irsching, das hat geklappt, das zu verlängern, das für drei Jahre in irgendeiner Form zu garantieren. Ist das eine Lobbylösung?
Zeil: Nein! Das ist eine dringend notwendige Lösung für Süddeutschland. Wir können nicht hinnehmen, dass das modernste, effizienteste Gaskraftwerk der Welt vom Netz geht, während die Bundesnetzagentur, ich sage jetzt mal, Dreckschleudern im Ausland, alte Ölkraftwerke unter Volllast laufen lässt. Ich sage noch mal: Alles das ist nicht befriedigend, aber wir müssen das Problem an der Wurzel packen. Das heißt, wir brauchen eine bessere Steuerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Auch an die erneuerbaren Energien, die stark schwankenden, muss die Anforderung gerichtet werden, dass Strom jederzeit verfügbar sein muss. Wir müssen an den einseitigen Einspeisevorrang heran und wir brauchen marktwirtschaftliche Lösungen. Was wir im Moment haben, ist Planwirtschaft, und deswegen sage ich, alle diese vordergründigen Lösungsansätze jetzt gerade auch von der SPD bedeuten nur mehr Planwirtschaft, mehr Kosten für den Verbraucher. Wir müssen hin zu mehr Marktwirtschaft. Nur dann werden wir das Problem lösen.
Müller: Sie sagen jetzt SPD, meinten aber vorher die ganze Zeit, die drei Minuten im Grunde Peter Altmaier?
Zeil: Gar nicht! Hier sind ja Vorschläge der Bundesregierung gemacht worden. Aber Rot-Grün hat ja die Lösungen, die der Bundesumweltminister - leider sehr spät, aber immerhin - zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der das Thema schon sehr viel früher angegangen ist, abgelehnt. Rot-Grün hat blockiert und deswegen geht es ja jetzt heute nach der Methode von der SPD: Haltet den Dieb. Die hat jetzt auch erkannt, dass ihre Blockadehaltung unter anderem dazu geführt hat, dass die Strompreise zu stark steigen, dass die Verbraucher, dass der Mittelstand zu stark belastet wird, und jetzt wird kurz vor der Wahl so getan, als hätte man Lösungen. Aber da, wo es darum gegangen ist, hat sich Rot-Grün verweigert. Zum Beispiel - ich freue mich ja, dass Herr Steinbrück meinen Vorschlag zur Senkung der Stromsteuer, die Stromsteuer zu binden an die EEG-Umlage, den ich vor einem Jahr schon gemacht habe, jetzt aufgreift. Aber im Bundesrat ist dieser Vorschlag, der dann vonseiten Bayerns eingebracht worden ist, auch von den rot-grünen Ländern abgelehnt worden.
Müller: Herr Zeil, nun ist ja zumindest der SPD-Kanzlerkandidat lernfähig. Das können wir hier schon mal konstatieren und festhalten. Strompreisbremse!
Zeil: In diesem Punkt ja, aber das reicht natürlich noch nicht, denn das Konzept, was er vorgelegt hat, ist ein Dokument der energiepolitischen Maßlosigkeit.
Müller: Ich muss Sie noch was fragen. Strompreisbremse will die SPD jetzt auch, die Grundtarife sollen eingefroren werden, sodass eine weitere Steigerung der Preise in irgendeiner Form begrenzt werden kann. Aber uns wäre jetzt auch neu und den vielen, die das jetzt regelmäßig verfolgt haben, dass Peter Altmaier, Union, aber auch in Zusammenarbeit mit FDP, auch in Zusammenarbeit mit dem Bundeswirtschaftsminister, beispielsweise den Schnitt gemacht hätten, die Großindustrie nicht so stark zu entlasten, dass es über fünf Milliarden sind, die da zusammenkommen.
Zeil: Hier ist ein Vorschlag gemacht worden, der alle Beteiligten, die Bestandsanlagen, aber vor allem die künftigen Anlagen in der erneuerbaren Energie, auch durch Senkung dann von Abgaben-Entgelten betrifft, und natürlich auch einen Teil jedenfalls dieser Regelung für die Ausnahmen für die energieintensive Industrie.
Müller: Dann sagen Sie uns doch, Herr Zeil: Wie viel wäre denn da zusammengekommen?
Zeil: Drei Milliarden wären damals, das war der Vorschlag des Bundes. Den hätten wir trotz Kritik im Detail mitgetragen. Rot-Grün hat sich hier verweigert. Und jetzt zu behaupten, man kann jetzt locker durch Vorschläge, die aber im Einzelnen völlig untauglich sind, noch mal durch staatliche Eingriffe, wie das ja hier gemacht werden soll, durch einseitiges Überwälzen der Kosten auf die Industrie fünf Milliarden erzielen, ist völlig, liegt völlig daneben. Ich sage ja: Es hat konstruktive Vorschläge gegeben, die sind von Rot-Grün abgelehnt worden, und jetzt, kurz vor der Wahl, will man auf den Zug aufspringen, weil man merkt, dass man mit dieser Politik, nur das EEG als der Weisheit aller Dinge anzusehen, scheitert. Deswegen werden wir Rot-Grün auch nicht da rauslassen.
Müller: Lieber Herr Zeil, Sie sind ja mächtig sauer auf die SPD. Aber ich habe noch ein paar Fragen und wir haben nicht mehr so viel Zeit. Sie sagen, man muss mehr Marktwirtschaft wagen. Ist für Sie liberales Verständnis auch Ihrerseits Ausnahmeregelungen für die Industrie? Ist das liberale Marktwirtschaft?
Zeil: Solange wir mit dem EEG einen gigantischen Umverteilungsmechanismus …
Müller: Der die Verbraucher trifft!
Zeil: … von unten nach oben haben, nämlich 20 Milliarden, …
Müller: Trifft den Verbraucher!
Zeil: Genau! - …, müssen wir natürlich – das ist übrigens von Rot-Grün damals beschlossen worden – diese Ausnahmeregelungen für die energieintensive Industrie haben, weil wir ansonsten unsere Arbeitsplätze ins Ausland treiben. Rot-Grün hat das übrigens mitgetragen.
Müller: Aber Sie tragen es weiter mit?
Zeil: Und ich sage, was wir brauchen – diese Ausnahmeregelungen weisen ja darauf hin, dass wir ein System haben, was so auf Dauer nicht funktioniert. Deswegen will ich das EEG grundsätzlich verändern und wir brauchen eine ganz neue Regelung, vor allen Dingen mit mehr Innovation. Dieses EEG ist vollkommen einfallslos. Es ist im Grunde eine Preisgarantie auf 20 Jahre. Das ist schön für den, der die bekommt, aber es ist nicht so schön für den, der es zahlen muss. Deswegen sage ich, wir brauchen diese Veränderung und dann können wir natürlich auch diese Ausnahmeregelung verändern. Aber solange wir das jetzige System haben, wäre das ein Anschlag auf unsere Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie, wenn wir das nicht aufrechterhalten.
Müller: Herr Zeil, jetzt habe ich schon ein bisschen Muskelzucken, weil die Kollegen der Nachrichten warten. Da kriege ich Riesenärger, wenn wir beide jetzt nicht aufhören. Vielen Dank für das Gespräch – der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Schönen Tag noch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.