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Doping
Anpfiff für Aufklärung im Profifußball

Die Evaluierungskommission Sportmedizin Freiburg hat mit ihren Dopingvorwürfen für Aufsehen gesorgt. Durch die Untersuchung soll erstmals systematisches Anabolikadoping im deutschen Profifußball belegt sein.

Von Andrea Schültke | 03.03.2015
    Eine Trillerpfeife liegt auf mehreren 500-Euro-Scheinen.
    Der Profifußball muss seine Dopinggeschichte aufarbeiten (picture alliance / dpa / Stephan Persch)
    "Auch in der Fußballwelt gibt es Doping - natürlich totgeschwiegen, klammheimlich, ein Tabu."
    Dieser Satz stammt aus dem Jahr 1987. Aufgeschrieben vom damaligen Nationaltorhüter Toni Schumacher in seinem Buch "Anpfiff". Doping in der Bundesliga sei an der Tagesordnung behauptete Schumacher damals. Ergebnis: Er flog raus - aus der Nationalmannschaft und beim 1.FC Köln.
    Wenn jetzt also der Deutsche Fußballbund erklärt: "Hier werden gravierende Vorwürfe geäußert, die selbstverständlich umfänglich aufgeklärt werden müssen", ist das eine Farce. Denn diese Aufklärung hätte schon vor 28 Jahren erfolgen müssen - nach dem Buch von Schumacher. Stattdessen wurde der Überbringer der schlechten Nachrichten mundtot gemacht. Abpfiff für Schumacher. Es lebe das Märchen vom sauberen Fußball.
    An einem unglücklichen Ende hatte ja auch niemand Interesse: der deutsche Fußballbund nicht, die Vereine und Spieler auch nicht. Denn es ging und geht ums Geld. Und welcher Sponsor möchte schon mit dreckigem Doping in Verbindung gebracht werden. Und die Fans? Die wollen Tore und ihre Mannschaft siegen sehen. Was den Spielern Beine macht, dürfte ihnen egal sein.
    Mehr Aufmerksamkeit fürs Doping
    In Sachen "Beine machen" war der Freiburger Sportmediziner Armin Klümper bis in die 90er Jahre eine Instanz. Von ihm sind die Dopingmittel an die Fußballvereine gegangen. Aber nicht nur dorthin. Die Athleten vieler Sportarten sind regelrecht zu ihm gepilgert. Selbst die Politik war verwickelt: Schriftstücke belegen: Sogar das Bundesinnenministerium zahlte in mindestens einem Fall für Dopingmittel, die Klümper gekauft hat. All das ist bisher nur einer interessierten Öffentlichkeit bekannt.
    Die Belege für Klümpers Doping im Fußball erhöhen nun die Aufmerksamkeit für die Aufarbeitung durch die Freiburger Kommission. Und das ist gut so. Schlecht ist, dass ein Kommissionsmitglied im Alleingang den brisanten Zusammenhang zwischen dem Freiburger Mediziner Klümper und Doping im Fußball veröffentlicht hat. Das zeigt, die Kommission musste nicht nur gegen erhebliche Widerstände von außen kämpfen. Sie ist offenbar auch im Inneren zerstritten oder von unterschiedlichen Interessen geleitet. Die Hintergründe für den Alleingang eines einzelnen Mitglieds sind unklar. Unklar auch, welche Auswirkungen das haben wird auf die Kommissionsarbeit und den fürs Jahresende angekündigten Abschlussbericht. Klar ist: Es wäre fatal, wenn der nicht abgesprochene Alleingang die verdienstvolle und wichtige Aufklärungsarbeit der Kommission so kurz vor dem Abschluss noch gefährden würde.
    Der Fußball allerdings kommt aus der Nummer jetzt nicht mehr heraus. Was er Jahrzehnte mit fadenscheinigen Argumenten vor sich hergeschoben hat, muss er jetzt in Angriff nehmen: eine ernsthafte und ehrliche Aufarbeitung seiner Dopinggeschichte. Anpfiff!