Donnerstag, 25. April 2024

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Drei Bücher des Kultautors Jörg Fauser
Realität in greller Großaufnahme

Jörg Fauser wurde bald nach seinem Unfalltod 1987 im Alter von 43 Jahren zu einem Kultautor. Sein Roman „Rohstoff“ scheint stilistisch weniger ins Jahr 1984 als in die absolute Gegenwart zu passen. Zum 75. Geburtstag des Autors legt der Diogenes Verlag noch zwei weitere Werke des Schriftstellers vor.

Von Helmut Böttiger | 14.07.2019
Buchcover Jörg Fauser: „Rohstoff“, „Rohstoff Elements“ und „Das Schlangenmaul“
Jörg Fauser wiederentdeckt mit den Romanen „Rohstoff“ und „Das Schlangenmaul“, sowie dem Prosaband „Rohstoff Elements“ (Foto: Fauser Archiv, Buchcover: Diogenes Verlag)
Dass der Schriftsteller Jörg Fauser schnell zu einem Mythos wurde, lag auch an seinem frühen Tod. Damit steht er in einer spezifisch deutschen Genie-Tradition. Zudem hatte es etwas Mysteriöses: Nie wurde so richtig geklärt, was in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1987 genauer geschah. Fauser wurde als Fußgänger gegen vier Uhr auf der Autobahn Richtung München in Höhe der Anschlussstelle Feldkirchen von einem Lkw erfasst und getötet. Dabei hatte er am Abend noch mitten in München seinen 43. Geburtstag in der Szene- und Schickeria-Bar Schumann’s gefeiert. Irgendwann war er aufgestanden und gegangen, doch das verwunderte niemand, das machte er öfter so, und dass man spekulierte, er sei noch in einen Puff im Gewerbegebiet am Stadtrand gewesen, passte ins Bild. Fauser lebte und schrieb rauschhaft, er bewegte sich lustvoll auf des Messers Schneide, und seine Texte schienen auch allesamt davon zu handeln.
"Auf dem Nachttisch lag ein Klumpen Opium. Ringsum schrien die Huren. Auf Sex hatte ich selten Lust. Ich legte mich hin und schlug das Notizbuch auf mit dem Kapitel, an dem ich gerade schrieb. Ein neuer Beschiss, ein neues Bild, ein neues Kapitel. Was hatte Faulkner gesagt? ‚Ich würde meine Großmutter bestehlen, wenn es mir beim Schreiben helfen würde.‘ Ich wusste zwar nicht genau, wie er das gemeint hatte (man wusste nie genau, wie diese Leute das gemeint hatten), aber eins stand fest: Ich schrieb."
Bereits drei Jahre nach Jörg Fausers Tod erschien eine achtbändige Gesamtausgabe seiner Schriften plus Beiheft, das voluminöse Werk eines manisch und besessen Schreibenden. Fauser hing keinen Utopien an und hatte auch mit einem Hippie nie etwas zu tun. Er war sechs Jahre heroinsüchtig und anschließend bis zu seinem Tod Alkoholiker, sein Blick kam radikal von unten. Der Stoff seines Schreibens bestand dezidiert aus seinem Leben, und dadurch verwischten sich programmatisch die Grenzen zwischen literarischem Text, Essay und Reportage. Er war der erste in Deutschland, der konsequent an den new journalism in den USA anknüpfte, er war der Wegbereiter und Avantgardist der literarischen Reportage. Mittlerweile ist der Reporter im Tagesgeschäft der Superstar und definiert eine neue Medienaristokratie, und Fauser erscheint im Nachhinein wie ihr Prophet. Er berichtete nicht distanziert, er bemühte sich nicht um Objektivität und befleißigte sich nie jenes sachlichen, abwägenden Stils, wie man ihn lange in den Volontariaten und Journalistenschule noch beigebracht bekam – er ging von seiner Subjektivität aus und hatte einen direkten, scharfen Blick. Das war in seinen Romanen genauso. Die Realität erschien in greller Großaufnahme:
"Ich sah auf meine Hände. Alte Narben und neue, und Schorf. Opium und Nembutal machten die Venen kaputt. Ich hatte keine Socken an, und meine Schuhe hatten durchlöcherte Sohlen und waren eine Nummer zu klein. Die Hose war mal grün gewesen und jetzt völlig farblos, der Cord bröselte ab. Hemden konnte man für ein paar Lira haben, aber wenn man sich an eins gewöhnt hatte, trennte man sich nur ungern davon. Genauso, wie man sich auch von Istanbul nur noch ungern trennte, von dem Loch, in dem man es sich behaglich eingerichtet hatte mit den Narben und der Apathie und den Rapidographen und dem Blick aufs Meer. Solange es ging, wollte ich bleiben in diesem Loch. Das Leben war ohnehin sinnlos."
Kaputte Typen, Kleinkriminelle und erfolglose Schriftsteller
Das ist der suggestive, gerade wegen der extremen Szenerie ungemein stimmungsfördernde Fauser-Sound, und in seinem wohl besten Roman "Rohstoff" aus dem Jahr 1984 hat er damit die besten Effekte erzeugt. Das Buch erscheint jetzt zusammen mit einem Prosaband und Fausers letztem Krimi "Das Schlangenmaul" als Startschuss zu einer neuen Fauser-Edition im Diogenes-Verlag. Sie kommt gerade recht, mitten hinein in die Diskussion darüber, was eine "literarische Reportage" ausmacht, wie sich Subjektivität und Erfindung zueinander verhalten. Fauser, der Urvater des coolen und desillusionierenden Reportage-Duktus, hatte jedoch kaum etwas mit den Magazinautoren und Seite 3-Edelfedern von heute zu tun, die sich im Zweifelsfall alle auf ihn berufen. Das Literarische bestand bei Fauser nicht darin, die Wirklichkeit zu einem schnell konsumierbaren Konstrukt umzuformen und die Fakten dahingehend zu arrangieren. Das Literarische bei Fauser war, die Wirklichkeit selbst zu verdichten und dabei kompromisslos auf die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse zu bauen. Man sollte aber die Hauptfigur in "Rohstoff", den Ich-Erzähler Harry Gelb, keineswegs als bloße autobiografische Folie des Schriftstellers Jörg Fauser verstehen. Das Atmosphärische, die Zwischenräume sind das Entscheidende, und das verblüfft angesichts des geradlinigen Tons, der ungekünstelten Schreibweise, des schonungslosen Blicks auf das Leben der Kaputten, der Süchtigen, der Kleinkriminellen und der erfolglosen Schriftsteller umso mehr.
"Rohstoff" handelt von der extremsten Phase im Leben Jörg Fausers, die Zeit der Heroinabhängigkeit etwa zwischen 1967 und 1973, und seine Romanfigur Harry Gelb hangelt sich den einzelnen Stationen entlang, die auch Fauser durchlief. Die Handlung setzt spektakulär im Winter 1967/68 in Istanbul ein, auf dem Dach eines Aussteiger-Hotels, die meisten haben vor, auf dem Hippie-Pilgerweg nach Indien weiterzuziehen. Harry Gelb indes droht in Istanbul hängenzubleiben und wegzudämmern, und auch, als er nach Deutschland zurückkehrt, mit chaotischen Aufenthalten im subkulturellen Polit- und Undergroundmilieu im Berlin direkt um 1968 und in Frankfurt, bleibt Istanbul ein Fluchtpunkt. Die eigentliche Geschichte des Romans findet jedoch auf einer ganz anderen Ebene statt. Es geht darum, dass Harry Gelb Schriftsteller werden will und im Laufe des Romans auch zu einem Schriftsteller wird. Alles dreht sich um das Schreiben, und dadurch wird Harry Gelb zu einer Kunstfigur, in die Jörg Fauser alle Obsessionen seines Schreibens hineinlegt und Schlüsselmomente kondensiert. Harry Gelb schreibt gerade an einem Roman namens "Stamboul Blues":
"Ich war Anfänger. Alles, was bisher geschrieben worden war, zählte nicht. Das war ja auch der Sinn des Umschwungs, der Revolution, an die ich trotz der Berliner Depressionen nach wie vor glaubte: Wir mussten neue Inhalte suchen und für sie neue Ausdrucksmöglichkeiten. Eine neue Literatur. 1945 wäre es dafür auch Zeit gewesen, aber was hatten wir in Deutschland (West) dafür bekommen? Die Gruppe 47. Mit dem, was diese Leute schrieben, hatte ich herzlich wenig am Hut. Aber auch die neuen Sachen, die Sarah mir ab und zu zeigte, fand ich ziemlich uninteressant. Clevere Studenten. Entweder feinsinnig gedrechselt oder im bombastischen Pathos verfasst, das ich vom SDS kannte. Eine neue Literatur war das nicht. Die fand ich nur bei den Amerikanern. Borroughs, zum Beispiel. Als wir ‚Naked Lunch‘ in Istanbul in die Finger bekommen hatten, Ede und ich, hatten wir ihn nicht gemocht. Jetzt las ich etwas genauer, ich las auch mit meinem Straßenenglisch die amerikanische Ausgabe von ‚Soft Machine‘, und ich entdeckte, dass das die Sprache und die Ästhetik einer neuen Literatur sein konnte – und was das Thema der Sucht betraf, ging Burroughs direkt in die Venen. ‚Stamboul Blues‘ musste im Deutschen eine Pionierarbeit darstellen wie ‚Soft Machine‘. Der traditionelle Roman war für das, was ich beschreiben wollte, einfach untauglich. Sucht zerstört Individualität, also über Bord mit individuellen Figuren, und die lineare Story gleich hinterher. Und da wir schon dabei sind: der klassische Satzaufbau, Subjekt, Prädikat, Objekt, damit lässt sich nicht beschreiben, was passiert, wenn das Opiat die grauen Zellen sprengt."
Was wir über das geplante Buch "Stamboul Blues" erfahren, hat ziemlich viele Ähnlichkeiten mit dem Romandebüt von Jörg Fauser selbst: es erschien 1972 im kleinen Maro Verlag in Gersthofen und hieß nach einem Stadtteil von Istanbul "Tophane". In Harry Gelb konzentrieren sich alle Projektionen, alle Phantasien Jörg Fausers. Er lässt vieles aus seiner Biografie weg, setzt aber das Schreiben absolut und spitzt alle möglichen erlebten Situationen darauf zu. "Rohstoff", der Titel des Romans, ist mehrdeutig: der Rohstoff des Schreibens ist das Leben, das sich während des Schreibens aber in einen literarischen Stoff verwandelt und deshalb zum Kunstwerk wird. Ein "Rohstoff" ist natürlich auch das Opium. Und dann wird der Rohstoff innerhalb des Opium-Diskurses selbst noch einmal ausdifferenziert, und zwar im geheimen Zentrum des Romans. Harry Gelb schafft es nämlich, für die einstmals berühmte, jetzt aber dem Niedergang zusteuernde Illustrierte "twen" in London mit dem verehrten William Borroughs ein Interview über Sucht zu machen und wie man über sie hinwegkommt. Borroughs fragt Harry Gelb sofort:
"Was für Zeug haben Sie denn genommen?"
"Oh, vor allem Opium."
"Was – Rohopium? Das haben Sie doch nicht intravenös gefixt?"
"Doch."
"'Junger Mann', sagte Borroughs mit der Andeutung eines Lächelns, 'Sie müssen ja völlig verrückt gewesen sein.'"
Die Avantgarde wird zum Krimi
Borroughs ist die einzige Figur des Romans, die mit ihrem Klarnamen auftaucht, eine Hommage an den Cut-up- und Scherenschnitt-Meister, den Fauser nach ersten ausschweifenden Suchbewegungen als ästhetischen Maßstab entdeckte. Es ist allerdings auffällig, dass der Roman "Rohstoff" stilistisch überhaupt nichts mehr mit Borroughs zu tun hat. Fauser blickte 1984, im Abstand von zehn Jahren, auf seine frühe Beatnik- und US-Avantgarde-Phase in einem ganz anderen Stil zurück: hart, realistisch, mit gekonnten Dialogen. Er hatte sich das seit Mitte der 70er-Jahre angeeignet, um mit der Schriftstellerei endlich Geld zu verdienen. Diese grundsätzliche Veränderung seines Schreibens erscheint in der "Rohstoff"-Handlung noch überhaupt nicht am Horizont. Fauser begann, Drehbücher und Krimis zu verfassen, und es ist faszinierend, wie er mit diesen neu eroberten Mitteln im Roman "Rohstoff" dann die frühen Cut-up- und Bewusstseinsstromtexte seines Harry Gelb beschreibt: die Avantgarde wird dadurch zum Krimi und zum Reißer, und die Position des exzentrischen Außenseiters, der sich um keine Konventionen schert, wird auf diese Weise geradezu identifikationsstiftend. Der unvergleichlich zupackende, treffsichere Ton wirkt besonders provokativ, wenn es um die herrschende Politiksprache der 68er um ihn herum geht.
"Man konnte schon mal spüren, wie sich die Ostermarschierer und die Gewerkschaftsstrategen innerlich juckten, wenn da plötzlich die Namen Baader und Meinhof auftauchten. Mit der RAF konnte man sie kitzeln. Und wenn sie sich beschwerten, dann war man eben das arme besoffene Schwein, einer von den Asozialen, Marx sei’s geklagt, die beim langen Marsch durch die Institutionen am Wegrand zusammensackten und leider zurückgelassen werden mussten. Mich streiften allerdings immer besonders bohrende Blicke. Ob Verleger oder Redakteure, ob Bonzen oder Mitläufer, es war alles die gleiche Gesellschaft, die funktionierende Kulturklasse, und ob ich ihnen als bemühter Schreibsklave kam oder als Cut-up-Junkie, als Genosse oder als Geselle, für sie war ich nichts anderes als ein Agent provocateur, ein Agent der dunklen Kräfte, vor denen sie ihre Bausparverträge retten mussten, ihr Pöstchen und ihre Frauen."
Es gibt eindringliche Szenen aus dem "Schmalen Handtuch", einer kleinen Trinkerkneipe in Frankfurt-Bornheim, in der Harry Gelb eine neue Heimat findet und seine Häutung zum professionellen Schriftsteller vorbereitet. Am Schluss des Romans hat er seine erste öffentliche Lesung, in reichlich provinziellem Ambiente in Montabaur, und damit ist der Weg frei und "Rohstoff" endet.
Man kann das Buch tatsächlich als einen klassischen Entwicklungsroman eines Künstlers lesen. Der Diogenes-Verlag legt nun in seiner Fauser-Edition aus Anlass des 75. Geburtstags des Autors neben "Rohstoff" auch einen Band vor, der Texte Fausers versammelt, die er im "Rohstoff"-Zeitraum geschrieben hat, also zwischen 1968 und 1974. Der Titel des gesamten Bandes spielt offensiv mit dem Marketing der Pop-Kultur: er lautet "Rohstoff Elements", bezieht also sämtliche Fauser-Texte jener Zeit im globalen Englisch-Slang auf die große Hit-Single, die danach entstand. Hier ist auch der vollständige "Tophane"-Roman enthalten, also "Stamboul Blues", der der herrschenden Ästhetik der Bundesrepublik mit den Mitteln des US-Undergrounds eins überzubraten versuchte. Der Vergleich dieser Texte mit den Reflektionen, die Harry Geld im "Rohstoff"-Roman über die Texte anstellt, die er gerade schreibt, kann sehr erhellend sein. "Aqualunge" aus dem Jahr 1971 etwa, erschienen in kleiner Auflage im Göttinger Verlag von Udo Breger in DIN-A4-Format mit 36 beidseitig kopierten Seiten, dem Layout eines Flugblatts und hineingeschnittenen Verpackungsbeilagen, Impfbescheinigungen und anderen Zetteln, beginnt so:
"Im World’s End Hotel flackert der Para-Tod über den Bildschirm. Opium Jones die ganze Nacht an meinem Bett. Der Schatten seines Huts an der Wand… Längst jenseits von Zentramina? That crazy time mit letzten Opiaten no more… daha yok… Café con leche und Cremeschnittchen, graue semantische Freaks, 5 Dollar that crazy time in Tophane… Venen anbeißen lassen und rein mit dem brauen Zeug, die typische Junk-Lotterie, wer jetzt hierbleibt weiß was ihn erwartet… The Daily Telegraph in Alicante, Amphetaminwind zwischen den Seiten, los perros im Schatten, Gelb sagte ‚Ich habe gelernt Sprache zu verschlüsseln um zu vergessen… let’s go…‘ "
Im Kampf mit den Hardcore-Poeten
Hier ist Harry Gelb noch ganz eindeutig im William Borroughs-Fieber, Jörg Fauser und Rolf Dieter Brinkmann schrieben damals unabhängig voneinander offenkundig um die Wette, wer die amerikanischen Hardcore-Poeten am virtuosesten in die Bundesrepublik hineinschmuggeln könnte. In "Rohstoff Elements" ist auch der Originaltext Fausers aus dem dritten Heft des Jahres 1971 der Zeitschrift "twen" abgedruckt, in dem Fausers Besuch in London bei Borroughs rekapituliert wird, mit dem Titel "Junk – Die harten Drogen". Hier schreibt Fauser eindringlich über die Methoden des Entzugs und über die "Release"-Projekte in den einschlägigen Städten.
Schon hier zeigt sich, was ihn später so interessant machte: Er bringt auch in seinen Artikeln immer sein Ich mit ein, sein Ich ist sein wichtigstes Arbeitsinstrument. Es ist bezeichnend, dass Fausers ehemaliger Borroughs-Bündnis- und Sparringspartner Jürgen Ploog in seinem Nachwort von einer "Gefahr" schreibt, der sich Fauser mit seinen Gelderwerbstexten ausgesetzt habe: Ploog sieht ein Problem darin, wenn die eigene Sicht in der Pose der Allgemeingültigkeit auftritt. In Fausers berühmten "Caliban"-Glossen für das Westberliner Stadtmagazin "Tip", aber auch in seinen Buchkritiken fällt auf, dass er fast immer mit seinem Ich einsetzt, mit subjektiven Sentenzen, die auf das eigentliche Thema gar nicht hinzuführen brauchen, da sie sich verselbständigen. Dieser Avantgarde-Kolumnenstil macht ihn als Autor immer noch bedeutsam, als eine zeitgeschichtliche Figur, die viele Facetten zugleich hat. Der Krimi "Das Schlangenmaul" indessen, den er 1985 veröffentlichte und den der Diogenes Verlag jetzt als drittes Fauser-Buch vorlegt, zeigt den Autor, wie er in diesem Genre bereits in die Krise schlingert: zum Schluss verheddert es sich doch arg, und gewisse Krimi-Klischees drängen sich mehr in den Vordergrund, als dass der Autor mit ihnen spielte. Dieser Autor ist ein wandelnder Widerspruch, aber er wirkt mit seinem zeitlosen Ton absolut gegenwärtig. Ungefähr so, wie Harry Gelb in "Rohstoff" in der Frankfurter Subkulturszene auf Typen trifft, die für die Zukunft stehen:
"Sie gehörten zu einer Sorte Mensch, die ich so noch nicht kannte: junge, flinke Geschäftemacher, die sich im Jargon der Subkultur perfekt auskannten, ihre Rituale und Angewohnheiten nachahmten und zugleich ausbeuteten. Unendlich weit lag die Zeit zurück, als wir in einem kalten Berliner Winter von der Anarchie geträumt hatten. Hier in diesem Kabuff mit dem Koks und der Abendkasse auf dem Tisch war Subkultur plötzlich etwas ganz Reales und geschäftlich Machbares, wie Staubsauger oder Teppiche oder moderne Kunst. Ich habe diese Luft gierig eingeatmet."
Jörg Fauser: "Rohstoff"
Mit Nachworten von Michael Köhlmeier und Matthias Penzel
Diogenes Verlag, Zürich. 350 Seiten, 24 €.
Jörg Fauser: "Rohstoff Elements"
Mit einem Nachwort von Jürgen Ploog
Diogenes Verlag, Zürich. 319 Seiten, 24 €.
Jörg Fauser: "Das Schlangenmaul"
Mit einem Nachwort von Friedrich Ani
Diogenes Verlag, Zürich. 306 Seiten, 24 €.