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Drei Forscher, drei Meinungen

Mit den US-Ökonomen Eugene Fama Hansen, Lars Peter Hansen und Robert Shiller bekommen in diesem Jahr drei grundverschiedene Finanzmarktforscher den Nobelpreis für Wirtschaft. Shiller ist erklärter Fan des deutschen Systems der Sozialversicherung.

Von Michael Braun |
    Drei Forscher, ein Thema, aber keineswegs eine Meinung. Die drei Nobelpreisträger für Wirtschaft dieses Jahres kommen aus Amerika. Alle drei arbeiten in der empirischen Kapitalmarktforschung. Sie untersuchen die Preise und Kurse an den Börsen und versuchen, daraus, Entscheidungsgrundlagen abzuleiten. Einer der Preisträger, der 74 Jahre alte Eugene Fama aus Chicago, vertritt dabei grosso modo die Meinung, der Markt habe immer recht:

    "So kann man es kurz und knapp zusammenfassen: Der Markt hat immer recht. Letztendlich geht der Verfechter vom effizienten Markt davon aus, dass der Preis eines Wertpapiers, eine Aktie immer die korrekten Informationen richtig widerspiegelt."

    Sagt Professor Olaf Stotz, der an der Frankfurt School of Finance and Management empirische Kapitalmarktforschung betreibt. Der Gegenspieler Famas ist der 67 Jahre alte Robert Shiller von der Yale Universität. Er ist einer größeren börsenaffinen Öffentlichkeit bekannt geworden durch sein im Jahr 2000 erschienenes Buch "Irrationale Übertreibungen". Er hatte damit auf die sehr lockere Geldpolitik des damaligen amerikanischen Notenbankpräsidenten Alan Greenspan reagiert, ihm vorgehalten, dass diese Geldschwemme zu Krisen führen werde. Shiller ist also der Meinung, die Kapitalmärkte lieferten keineswegs effiziente Preise. Olaf Stotz über den berühmten Kollegen Shiller:

    "Er misstraut letztendlich den Marktteilnehmern, dass sie nicht in der Lage sind, Informationen richtig in den Preisen zu verarbeiten, sodass es in Preisen, seien es Aktien, seien es Immobilien oder andere Wertpapierklassen, zu Fehlbewertungen kommt, die von den effizienten Preisen dann letztendlich abweichen."

    Shiller hat aus seiner Einschätzung der damaligen Lage auch der deutschen Politik einen Ratschlag gegeben: Die Riester-Rente als Auftakt zu einer stark kapitalgedeckten Altersvorsorge zu sehen, das fand er grundfalsch:

    "Hier in Deutschland ist die Sozialversicherung entstanden. Und ich war schockiert, als ich hörte, dass viele Deutsche den Wert dieser Einrichtung nicht mehr schätzen. Fast die ganze Welt hat das deutsche Sozialversicherungssystem kopiert. Das ist ein wunderbares System. Die Idee, dieses System zu ersetzen durch eines, in dem die Menschen für ihr Alter selbst sparen und investieren, ist für mich ein großer Rückschritt."

    Gemeinsam haben beide, Eugene Fama und Robert Shiller, immerhin, dass sie den dritten Nobelpreisträger im Bunde, Lars Peter Hansen, , schätzen. Der 61 Jahre Ökonom, wie Fama von der Universität Chicago, ist, platt gesagt, der Statistiker unter den Dreien. Olaf Stotz:

    "Letztendlich ist diese Unterscheidung zwischen Effizienz und Ineffizienz nicht ganz so einfach durchzuführen. Und dazu brauchen Sie natürlich statistisch-ökonometrische Methoden. Und ein sehr wichtiges Verfahren hat letztendlich Herr Hansen entwickelt."

    Dennoch sei nicht gewiss, wer recht hat, Fama mit der Theorie von der Effizienz oder Shiller mit der von der Ineffizienz der Märkte. Die Frage werde sich nie beantworten lassen, sagt Stotz, weil jede Wahrheit nur an einer Theorie gemessen werden könne und diese Theorie bestimmter Annahmen bedürfe. Und wie ist es aktuell, wo jedem geraten wird, in Aktien zu investieren, um trotz niedriger Zinsen noch ein wenig reale Rendite zu bekommen? Stotz neigt derzeit dem Kollegen Shiller zu:

    "Momentan hat man das Problem am Kapitalmarkt, dass man mit einer ‚sicheren’ Verzinsung nicht mehr die Inflation entlohnt bekommt. Das ist eigentlich ein Zeichen dafür, dass die Preise nicht unbedingt effizient sind. Also, insofern sprechen die jetzigen Zeiten mit der Niedrigzinsphase und der Inflationserwartung letztendlich etwas mehr für die Seite von Shiller, weil es eher auf eine Ineffizienz hindeutet."

    Ineffizienz deswegen, weil die Kapitalmarktpreise durch die Zentralbanken und ihre guten wirtschaftspolitischen Absichten verzerrt seien.