Bettina Klein: Im Streit um das europäische Werbeverbot für Tabak fällt heute eine Vorentscheidung. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg legt sein Rechtsgutachten vor. Deutschland hatte gegen das von der EU erlassene Verbot von Tabakwerbung geklagt. Berlin macht geltend, dass die EU in diesem Fall nicht zuständig sei, denn Tabakwerbung erscheine vor allem in lokalen Medien. Eine Wettbewerbsbeschränkung durch die unterschiedlichen Regeln in den verschiedenen EU-Staaten liege daher nicht vor.
Das Plädoyer heute fällt in eine Zeit, in der die Diskussion über Raucherfreiheit und Nichtraucherschutz stärker als bisher auf die Agenda der Politik drängt. Ein SPD-Bundestagsabgeordneter hat einen Antrag für den Bundestag vorbereitet. Rauchverbot in öffentlichen Räumen ist das Ziel. Ob dieser Antrag eine Mehrheit findet, ist fraglich wie bei verschiedenen Anträgen zuvor. Weshalb, so fragen sich viele Nichtraucher, ist etwa in Restaurants das Einrichten von rauchfreien Zonen noch freiwillig hierzulande, anders als in anderen europäischen Ländern? Über die Politik der Bundesregierung in diesen Fragen möchte ich jetzt sprechen mit Sabine Bätzing (SPD). Sie ist die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Schönen guten Morgen!
Sabine Bätzing: Schönen guten Morgen!
Klein: Frau Bätzing, um Gesundheitspolitik zunächst einmal geht es bei der Klage der Bundesregierung ja nicht, jedenfalls nicht vordergründig, aber die Frage steht schon im Raum. Wie gesundheitsschädlich ist denn Tabakwerbung nach Ihren Erkenntnissen?
Bätzing: Bei der Tabakwerbung ist es so, dass natürlich auch Menschen davon beeinflusst werden. Wenn wir wissen, dass das Rauchen nach wie vor das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko ist, dann hat das sicherlich Auswirkungen auf die Gesundheit. Bei der Tabakwerbung muss man aber auch sehen - oder auch bei dem Tabakwerbeverbot -, dass sich dort ja auch ein ganz großer Schwerpunkt auf den Jugendschutz bezieht. Und das ist jetzt der Bereich, für den ich als Drogenbeauftragte auch sprechen kann. Da haben wir als Deutschland schon unsere Hausaufgaben gemacht mit dem Abgabeverbot an Jugendliche, mit dem Abgabeverbot der kostenlosen Kleinstverpackung. Das heißt, da haben wir schon viele Maßnahmen in Bewegung gesetzt, und wir warten jetzt heute einfach auf die Entscheidung beziehungsweise auf den Schlussantrag des Generalanwalts, damit endlich Klarheit in die Sache kommt.
Klein: Gibt es denn aus Sicht eines Gesundheitspolitikers oder einer Gesundheitspolitikerin einen einzigen gescheiten Grund, sich gegen ein Werbeverbot, sprich für Tabak- und Zigarettenwerbung stark zu machen?
Bätzing: Nein. Es ist hier ja wie gesagt die Kompetenzfrage, die im Vordergrund steht bei der Klage der Bundesregierung. Deswegen ist es so wichtig, dass jetzt diese Entscheidung getroffen wird oder diese Richtung zumindest deutlich vorgegeben wird. Dann werden wir sicherlich auch diese Themen noch mal diskutieren, weil, das ist ja nationale oder europäische Kompetenz.
Klein: Mit welchem Ausgang rechnen Sie?
Bätzing: Ich weiß es nicht, es ist wirklich ganz offen. Bei der damaligen Entscheidung da gab es ja schon so eine Tendenz in Richtung der Bundesregierung. Momentan ist allerdings, wie Sie im Vorbericht ja auch gesagt haben, doch ein deutlicher Stimmungswechsel in der Bevölkerung zu spüren hin zum Thema Nichtraucherschutz. Von daher ist es absolut offen und deswegen unsere Erwartung auch ganz gespannt, wie der Schlussantrag lauten wird.
Klein: Rauchverbot in Restaurants und anderen öffentlichen Gebäuden, da sind andere europäische Länder inzwischen sehr viel härter als die Deutschen. Hier will man es ja zunächst noch mit freiwilligen Regelungen probieren. Wie kommt das eigentlich?
Bätzing: Nun gut, das liegt daran, dass wir vor einigen Jahren, vor fünf Jahren eine Gesetzesinitiative hatten zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie. Und da muss man leider sagen, dass die damals keine Mehrheit im Parlament gefunden hat. Dann stand man vor der Frage, lassen wir jetzt ganz die Finger davon, oder aber wir gehen einen Schritt in Richtung Nichtraucherschutz und schließen zunächst eine freiwillige Vereinbarung, weil eben die Mehrheit für das Gesetz nicht reicht. Von daher kam es zu dieser Vereinbarung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, der sich dann verpflichtet hat, bis zum Jahr 2008, das dann 90 Prozent der Betriebe 50 Prozent rauchfreie Plätze anbieten und das in einer Drei-Stufen-Regelung, die dann auch überprüft wird, und ich war im vergangenen März ein bisschen enttäuscht, dass diese Hürde nur ganz knapp genommen worden war, weil ich erhofft hatte, dass die Gastronomen diese freiwillige Vereinbarung dann doch eher als Chance sehen etwas zu verändern am Nichtraucherschutz. Ich werde nächstes Jahr zum März 2007 eine eigenständige Erhebung durchführen, um wirklich diese Zahlen zu überprüfen. Sollte die Vereinbarung auf freiwilliger Basis nicht gehalten werden, das heißt, sollte sie gerissen werden, dann ist auch bei uns ein gesetzliches Rauchverbot nicht mehr undenkbar.
Klein: Nicht mehr undenkbar, aber weshalb sollte es denn dann Ihrer Meinung nach eine Mehrheit dafür im Parlament geben?
Bätzing: Das liegt zum einen an dem besagten Stimmungswechsel. Das spürt man schon. Deswegen freue ich mich auch über den Antrag des Kollegen Binding, dass damit das Thema auch noch mehr in die Öffentlichkeit kommt. Die Menschen sind schon sensibilisierter, was das Thema Nichtraucherschutz angeht. Wir wissen mittlerweile auch noch mehr über die schädlichen Folgen des Passivrauchens, dass jährlich über 3000 Menschen daran sterben, und ich glaube schon, dass dort ein Wechsel stattfindet. Und man hat einfach das stärkere Argument, wir haben es ja freiwillig versucht, es hat nicht funktioniert, die meisten anderen Mitgliedsstaaten um uns herum haben schon gesetzliche Regelungen und dann wird Deutschland auch diesen Weg gehen. Von daher glaube ich schon, dass dort ein Stimmungs- und ein Mehrheitswechsel erreichbar sein wird. Das muss eben dann diskutiert werden.
Klein: Frau Bätzing, es scheint jetzt neuere Informationen zu geben, neuere Studien. Die belegen den erheblichen Einfluss der Tabakindustrie gerade hierzulande auf politische Entscheidungen, aber auch auf Mediziner und Wissenschaftler selbst. Möglich gemacht, diese Informationen zu bekommen, haben das die Prozesse gegen Zigarettenfirmen in den USA. Dort mussten sich die Unternehmen teilweise verpflichten, Unterlagen, die bis dahin geheim waren, zu veröffentlichen. War Ihnen dieser massive Einfluss der Tabakindustrie eigentlich bekannt?
Bätzing: Zum einen nicht bekannt; zum anderen kann ich ihn auch nicht bestätigen für den Bereich, für den ich jetzt in der Drogen- und Suchtpolitik arbeite. Ich bin jetzt seit 2002 mit dabei, und mir ist dieses wie gesagt nicht bekannt. Sie müssen sehen: Wir haben seit 2002 mehrfach die Tabaksteuer erhöht. Wir haben zuletzt eine dreistufige Tabaksteuererhöhung hinter uns. Ich glaube, das wäre nicht möglich gewesen, wenn wir, wie so oft gesagt wird, mit der Tabakindustrie unter einer Decke stecken würden. Von daher glaube ich schon, mit den richtigen Argumenten, mit dem richtigen Ziel kann uns dieses überhaupt gar nicht in Gefahr bringen. Diese Vorwürfe kann ich nicht bestätigen oder diese Fakten.
Klein: Denken Sie, dass die Wissenschaftler, die jetzt zu diesen Erkenntnissen gekommen sind, ihrerseits gekauft oder beeinflusst wurden von der Nichtraucherlobby?
Bätzing: Das kann ich weder dementieren noch bestätigen. Ich kann nur aus meinen Erfahrungen sprechen, und da ist es mir wie gesagt noch nicht vorgekommen. Ich habe nur gesehen, was wir auf den Weg bringen können, auch gegen die Tabakindustrie, auch gegen die Lobby, und von daher ist mir wichtig, was hat man als politisches Ziel, und dies dann auch entsprechend zu verfolgen. Das Ziel ist bei uns, den Nichtraucherschutz zu stärken, den Tabakkonsum zu reduzieren.
Klein: Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Vielen Dank Frau Bätzing für das Gespräch.
Bätzing: Ich danke Ihnen auch. Tschüss.
Das Plädoyer heute fällt in eine Zeit, in der die Diskussion über Raucherfreiheit und Nichtraucherschutz stärker als bisher auf die Agenda der Politik drängt. Ein SPD-Bundestagsabgeordneter hat einen Antrag für den Bundestag vorbereitet. Rauchverbot in öffentlichen Räumen ist das Ziel. Ob dieser Antrag eine Mehrheit findet, ist fraglich wie bei verschiedenen Anträgen zuvor. Weshalb, so fragen sich viele Nichtraucher, ist etwa in Restaurants das Einrichten von rauchfreien Zonen noch freiwillig hierzulande, anders als in anderen europäischen Ländern? Über die Politik der Bundesregierung in diesen Fragen möchte ich jetzt sprechen mit Sabine Bätzing (SPD). Sie ist die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Schönen guten Morgen!
Sabine Bätzing: Schönen guten Morgen!
Klein: Frau Bätzing, um Gesundheitspolitik zunächst einmal geht es bei der Klage der Bundesregierung ja nicht, jedenfalls nicht vordergründig, aber die Frage steht schon im Raum. Wie gesundheitsschädlich ist denn Tabakwerbung nach Ihren Erkenntnissen?
Bätzing: Bei der Tabakwerbung ist es so, dass natürlich auch Menschen davon beeinflusst werden. Wenn wir wissen, dass das Rauchen nach wie vor das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko ist, dann hat das sicherlich Auswirkungen auf die Gesundheit. Bei der Tabakwerbung muss man aber auch sehen - oder auch bei dem Tabakwerbeverbot -, dass sich dort ja auch ein ganz großer Schwerpunkt auf den Jugendschutz bezieht. Und das ist jetzt der Bereich, für den ich als Drogenbeauftragte auch sprechen kann. Da haben wir als Deutschland schon unsere Hausaufgaben gemacht mit dem Abgabeverbot an Jugendliche, mit dem Abgabeverbot der kostenlosen Kleinstverpackung. Das heißt, da haben wir schon viele Maßnahmen in Bewegung gesetzt, und wir warten jetzt heute einfach auf die Entscheidung beziehungsweise auf den Schlussantrag des Generalanwalts, damit endlich Klarheit in die Sache kommt.
Klein: Gibt es denn aus Sicht eines Gesundheitspolitikers oder einer Gesundheitspolitikerin einen einzigen gescheiten Grund, sich gegen ein Werbeverbot, sprich für Tabak- und Zigarettenwerbung stark zu machen?
Bätzing: Nein. Es ist hier ja wie gesagt die Kompetenzfrage, die im Vordergrund steht bei der Klage der Bundesregierung. Deswegen ist es so wichtig, dass jetzt diese Entscheidung getroffen wird oder diese Richtung zumindest deutlich vorgegeben wird. Dann werden wir sicherlich auch diese Themen noch mal diskutieren, weil, das ist ja nationale oder europäische Kompetenz.
Klein: Mit welchem Ausgang rechnen Sie?
Bätzing: Ich weiß es nicht, es ist wirklich ganz offen. Bei der damaligen Entscheidung da gab es ja schon so eine Tendenz in Richtung der Bundesregierung. Momentan ist allerdings, wie Sie im Vorbericht ja auch gesagt haben, doch ein deutlicher Stimmungswechsel in der Bevölkerung zu spüren hin zum Thema Nichtraucherschutz. Von daher ist es absolut offen und deswegen unsere Erwartung auch ganz gespannt, wie der Schlussantrag lauten wird.
Klein: Rauchverbot in Restaurants und anderen öffentlichen Gebäuden, da sind andere europäische Länder inzwischen sehr viel härter als die Deutschen. Hier will man es ja zunächst noch mit freiwilligen Regelungen probieren. Wie kommt das eigentlich?
Bätzing: Nun gut, das liegt daran, dass wir vor einigen Jahren, vor fünf Jahren eine Gesetzesinitiative hatten zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie. Und da muss man leider sagen, dass die damals keine Mehrheit im Parlament gefunden hat. Dann stand man vor der Frage, lassen wir jetzt ganz die Finger davon, oder aber wir gehen einen Schritt in Richtung Nichtraucherschutz und schließen zunächst eine freiwillige Vereinbarung, weil eben die Mehrheit für das Gesetz nicht reicht. Von daher kam es zu dieser Vereinbarung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, der sich dann verpflichtet hat, bis zum Jahr 2008, das dann 90 Prozent der Betriebe 50 Prozent rauchfreie Plätze anbieten und das in einer Drei-Stufen-Regelung, die dann auch überprüft wird, und ich war im vergangenen März ein bisschen enttäuscht, dass diese Hürde nur ganz knapp genommen worden war, weil ich erhofft hatte, dass die Gastronomen diese freiwillige Vereinbarung dann doch eher als Chance sehen etwas zu verändern am Nichtraucherschutz. Ich werde nächstes Jahr zum März 2007 eine eigenständige Erhebung durchführen, um wirklich diese Zahlen zu überprüfen. Sollte die Vereinbarung auf freiwilliger Basis nicht gehalten werden, das heißt, sollte sie gerissen werden, dann ist auch bei uns ein gesetzliches Rauchverbot nicht mehr undenkbar.
Klein: Nicht mehr undenkbar, aber weshalb sollte es denn dann Ihrer Meinung nach eine Mehrheit dafür im Parlament geben?
Bätzing: Das liegt zum einen an dem besagten Stimmungswechsel. Das spürt man schon. Deswegen freue ich mich auch über den Antrag des Kollegen Binding, dass damit das Thema auch noch mehr in die Öffentlichkeit kommt. Die Menschen sind schon sensibilisierter, was das Thema Nichtraucherschutz angeht. Wir wissen mittlerweile auch noch mehr über die schädlichen Folgen des Passivrauchens, dass jährlich über 3000 Menschen daran sterben, und ich glaube schon, dass dort ein Wechsel stattfindet. Und man hat einfach das stärkere Argument, wir haben es ja freiwillig versucht, es hat nicht funktioniert, die meisten anderen Mitgliedsstaaten um uns herum haben schon gesetzliche Regelungen und dann wird Deutschland auch diesen Weg gehen. Von daher glaube ich schon, dass dort ein Stimmungs- und ein Mehrheitswechsel erreichbar sein wird. Das muss eben dann diskutiert werden.
Klein: Frau Bätzing, es scheint jetzt neuere Informationen zu geben, neuere Studien. Die belegen den erheblichen Einfluss der Tabakindustrie gerade hierzulande auf politische Entscheidungen, aber auch auf Mediziner und Wissenschaftler selbst. Möglich gemacht, diese Informationen zu bekommen, haben das die Prozesse gegen Zigarettenfirmen in den USA. Dort mussten sich die Unternehmen teilweise verpflichten, Unterlagen, die bis dahin geheim waren, zu veröffentlichen. War Ihnen dieser massive Einfluss der Tabakindustrie eigentlich bekannt?
Bätzing: Zum einen nicht bekannt; zum anderen kann ich ihn auch nicht bestätigen für den Bereich, für den ich jetzt in der Drogen- und Suchtpolitik arbeite. Ich bin jetzt seit 2002 mit dabei, und mir ist dieses wie gesagt nicht bekannt. Sie müssen sehen: Wir haben seit 2002 mehrfach die Tabaksteuer erhöht. Wir haben zuletzt eine dreistufige Tabaksteuererhöhung hinter uns. Ich glaube, das wäre nicht möglich gewesen, wenn wir, wie so oft gesagt wird, mit der Tabakindustrie unter einer Decke stecken würden. Von daher glaube ich schon, mit den richtigen Argumenten, mit dem richtigen Ziel kann uns dieses überhaupt gar nicht in Gefahr bringen. Diese Vorwürfe kann ich nicht bestätigen oder diese Fakten.
Klein: Denken Sie, dass die Wissenschaftler, die jetzt zu diesen Erkenntnissen gekommen sind, ihrerseits gekauft oder beeinflusst wurden von der Nichtraucherlobby?
Bätzing: Das kann ich weder dementieren noch bestätigen. Ich kann nur aus meinen Erfahrungen sprechen, und da ist es mir wie gesagt noch nicht vorgekommen. Ich habe nur gesehen, was wir auf den Weg bringen können, auch gegen die Tabakindustrie, auch gegen die Lobby, und von daher ist mir wichtig, was hat man als politisches Ziel, und dies dann auch entsprechend zu verfolgen. Das Ziel ist bei uns, den Nichtraucherschutz zu stärken, den Tabakkonsum zu reduzieren.
Klein: Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Vielen Dank Frau Bätzing für das Gespräch.
Bätzing: Ich danke Ihnen auch. Tschüss.