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Ebola
Die Gefahr ist noch nicht gebannt

Es ist ein wenig ruhiger geworden um Ebola. Tatsächlich haben sich die schlimmen Befürchtungen von Hunderttausenden Infizierten in Westafrika nicht bestätigt. Doch ist die Ebola-Krise damit überstanden? Die Bundesregierung hat in auf einer Informationstagung über den neuesten Stand informiert - und vor vorschneller Entwarnung gewarnt.

Von Thomas Liesen | 24.02.2015
    Mikroskop-Aufnahme des Ebola-Virus
    Mikroskop-Aufnahme des Ebola-Virus (picture alliance / dpa / Foto: Frederick A. Murpy / Cdc Handout)
    Wenn Ärzte, Hilfsorganisationen und auch Regierungsvertreter eines gelernt haben, dann das: Strategien, die sich bisher in medizinischen Katastropheneinsätzen bewährt haben, werden Ebola aus Westafrika nicht vertreiben. Auch wenn diese Strategien anfangs ihre Berechtigung hatten, sagt Walter Lindner, Ebola-Sonderbeauftragter der Bundesregierung.
    "Zu Beginn, als wir noch mit Zahlen rechneten, die fast in die Millionen gingen an potentiell Infizierten, da war es nötig Betten, Behandlungszentren und Ärzte runter zu bringen. Und zwar Tausende von Betten. Jetzt, da die Fallzahlen zum Glück nach unten gehen und bei momentan bei ungefähr 130, 140 pro Woche sind in allen drei Ländern, da bedarf es anderer Maßnahmen. "
    Zum Höhepunkt der Epidemie mussten Ärzte in Sierra Leona, Liberia und Guinea täglich 800 Neuinfizierte versorgen. Dass es jetzt nur noch 130 sind, klingt wie ein Durchbruch. Aber tatsächlich reicht schon ein einziger Ebola-Träger, um eine neue Epidemie-Welle auszulösen. Das Ziel muss daher sein: möglichst schnell von 130 auf Null. Das aber schafft man nicht mit Behandlungszentren und Betten allein. Notwendig ist jetzt zusätzlich die Fahndung nach sämtlichen Virusträgern. Gesucht werden daher Kontaktpersonen von nachweislich Ebola-Infizierten – das heißt deren Familienmitglieder, Dorfnachbarn und all jene, die sie möglicherweise angesteckt haben, ohne dass es einer von ihnen ahnt.
    "Ein einzelner Infizierter zieht im Durchschnitt 50 bis maximal 70 Kontaktpersonen hinter sich her und diese Kontaktpersonen müssen erfasst werden von den lokalen Gesundheitsbehörden und müssen 21 Tage beobachtet werden auf Symptome. Wenn dann einer von den Kontaktpersonen wieder erkrankt, zieht der ebenfalls wieder entsprechend viele Leute hinter sich her."
    Sagt Kinderarzt Prof. Joachim Gardemann von der Universität Münster, der selbst fünf Wochen im Ebola-Gebiet war. Die Mammutaufgabe heißt also derzeit, sämtliche dieser Kontaktpersonen zu finden und in Quarantäne zu isolieren. Und das Ganze ohne Ausübung von Zwang, denn sonst besteht die Gefahr, dass die Betroffenen eher die Flucht ergreifen und damit die Krankheit nur weiter verbreiten. Tatsächlich scheint das im Augenblick zu funktionieren.
    Sehr viel bessere Kenntnisse über die Krankheit
    "Dieses Management der Kontakte und der Erkrankungsverdächtigen, das haben die dortigen Behörden eigentlich sehr gut gelernt und das war zumindest in Sierra Leone auch immer in der Hand der Sierra Leonischen Behörden und die haben das sehr, sehr kompetent gemacht. "
    Was zusätzlich Hoffnung macht: Der verheerende Ausbruch hat zu einer viel besseren Kenntnis der Krankheit und möglicher Therapien verholfen. So galten bisher innere und äußere Blutungen als klassisches Ebola-Symptom. Doch nun weiß man: Viel häufiger und meist auch todbringender sind enorme Flüssigkeitsverluste durch Erbrechen und Durchfälle. Ein Infizierter verliert dadurch bis zu sage und schreibe 13 Liter Flüssigkeit pro Tag. Und diese Menge muss irgendwie durch Infusionen wieder in den Körper zurück. Entsprechend vorbereitet müssen Infektionsstationen sein. Aber dann kann es tatsächlich gelingen, die Patienten zu retten. Und noch etwas macht Hoffnung. Joachim Gardemann:
    "Wir haben zum Beispiel gelernt, welchen unglaublichen Einfluss der Ernährungszustand auf den Verlauf der Erkrankung hat. Es gibt ja nach wie vor keine ursächliche Therapie gegen die Virusproduktion, aber man kann den Körper in der Phase der Virusproduktion unterstützen, dass er nicht an seine eigene Substanz geht, sondern die Eiweiße und Kalorien von außen geliefert bekommt. Das ist eine Erfahrung, die wir machen konnten : Damit kommen wir zu Überlebensraten, die eigentlich den Überlebensraten in Universitätskliniken um nichts nachstehen. "
    Erst eine Impfung wird den wirklichen Durchbruch bringen
    Nicht nur zehn bis 30 Prozent, wie anfänglich befürchtet, sondern 65 Prozent aller Infizierten können bei entsprechender medizinischen Versorgung eine Ebola-Infektion überleben. Der wahre Durchbruch im Kampf gegen Ebola wird allerdings erst kommen, wenn eine wirksame Impfung zur Verfügung steht.
    Aber auch dazu gab es auf der Tagung in Berlin gute Nachrichten: In Westafrika werden in diesen Tagen im Rahmen einer Studie erstmals zwei neue entwickelte Impfstoffe an Menschen im Epidemiegebiet verabreicht. Verläuft diese Impfung erfolgreich, könnte sie den Sieg über Ebola einläuten.