Archiv


Ebola-Impfstoff aus der Tabakpflanze

Medizin.- An einem Impfstoff gegen das Ebola-Virus wird seit Jahren geforscht. Weil die Viren so gefährlich sind, ist dabei höchste Vorsicht geboten. Versuche dürfen nur in Hochsicherheitslabors stattfinden. Ein neuer vielversprechender Impfstoffkandidat kommt nun aus Arizona.

Von Marieke Degen |
    Die Sicherheitsvorkehrungen für den Versuch waren enorm. Die Mäuse mussten extra von Arizona nach Fort Detrick in Maryland geflogen werden, ins Hochsicherheitslabor der US-Armee. Dort wurden sie mit Ebola infiziert. Ein paar Tage später hätten sie eigentlich tot sein müssen. Aber:

    "80 Prozent der Mäuse haben das überlebt."

    Die Mäuse waren vor der Seuche geschützt – dank einer neuen Impfung, die Charles Arntzen von der Arizona State University entwickelt hat. Ebola löst beim Menschen ein hämorrhagisches Fieber aus. Impfstoffe oder Medikamente gibt es nicht, fast jeder stirbt daran. Immer wieder gibt es Ausbrüche in Zentralafrika. Doch auch in den USA ist die Angst vor der Seuche groß. Denn Ebola eignet sich auch als Biowaffe, sagt Charles Arntzen.

    "Was uns am meisten Sorgen macht, ist, dass man das Virus züchten, trocknen und über die Luft verteilen könnte. Ein Terrorist könnte das Virus zum Beispiel über die Luftzufuhr eines Gebäudes in Umlauf bringen. Die Menschen würden erkranken – und keiner wüsste, warum und vor allem, woran. Deshalb brauchen wir einen Impfstoff oder Medikamente, um gewappnet zu sein, wenn so etwas passiert."

    Wissenschaftler sind seit Jahren auf der Suche nach einem Ebola-Impfstoff. Ein Kandidat ist sogar schonmal zum Einsatz gekommen: Vor zweieinhalb Jahren in Hamburg. Damals hatte sich eine Virologin mit einer Nadel verletzt und sich dabei möglicherweise mit Ebola infiziert. Zur Sicherheit bekam sie eine Impfung aus Kanada, die man bis dahin nur an Affen getestet hatte. Nach ein paar Wochen konnte die Forscherin die Isolierstation wieder verlassen. Ob sie sich tatsächlich mit dem Virus infiziert hatte, ist unklar. Die Impfung hat aber auf jeden Fall gewirkt und eine Immunreaktion in ihrem Körper ausgelöst. Trotzdem ist der Impfstoff noch lange nicht zugelassen und muss erst einmal weiter getestet werden.

    "Bei dieser Impfung handelt es sich um einen Lebend-Impfstoff, um ein abgeschwächtes Virus – nicht Ebola, sondern ein anderes Virus, das genetisch verändert worden ist. Dieses abgeschwächte Virus löst eine Immunreaktion aus und schützt vor Ebola. Lebendvakzinen sind sehr effektiv, es ist allerdings schwierig, sie zu lagern. Man muss ständig überprüfen, ob die Qualität noch stimmt. Wir dagegen wollten einen Impfstoff entwickeln, den man einfach trocknen und sehr lange aufbewahren kann, so dass wir die Impfung sofort haben, wenn wir sie brauchen sollten."

    Charles Arntzen und sein Team haben einen sogenannten Immunkomplex hergestellt – in Tabakpflanzen. Dieser Immunkomplex besteht aus einem kleinen Stückchen Ebola-Virus, dem Antigen, und einem dazu passenden Antikörper. Im Körper kann so ein Immunkomplex eine ganze Reihe von Immunreaktionen auslösen.

    "Für den Körper sieht dieser Immunkomplex genauso aus wie ein Ebola-Virus. Das Immunsystem von Mäusen und hoffentlich auch von Menschen sagt dann: auweia, wir sind mit Ebola infiziert! Und reagiert entsprechend."

    Die Forscher haben den Mäusen den Ebola-Immunkomplex injiziert, zusammen mit einem Wirkverstärker. Danach wurden die Tiere mit Ebola infiziert. Vier von fünf Mäusen haben überlebt – damit ist die Impfung genauso wirksam wie die Lebendvakzine aus Kanada. Ob die Impfung aber auch beim Menschen anschlägt, können die Forscher noch nicht sagen. Und sie wissen nicht, ob die Impfung auch nachträglich wirkt. Also auch dann noch, wenn man bereits mit Ebola infiziert ist. Nur dann wäre die Impfung auch nach einem Terroranschlag sinnvoll.

    "Unsere Zukunftsvision ist, dass wir irgendwann sowohl unseren Impfstoff als auch Antikörper gegen Ebola auf Lager haben. Und wenn sich jemand mit Ebola infiziert, dann würde er zuerst Antikörper gespritzt bekommen und zusätzlich unseren Impfstoff. Unsere Impfung würde das Immunsystem kickstarten, so dass es schnell eigene Antikörper produzieren könnte. Auf diese Weise werden heute zum Beispiel Tollwutinfektionen behandelt."

    Dann könnten Impfstoff und Antikörper auch da zum Einsatz kommen, wo Ebola eine ganz reale Gefahr darstellt: In den Dörfern Zentralafrikas.