Elke Durak: Der Plan der amerikanischen Regierung, in Osteuropa ein Raketenabwehrsystem vor allem gegen iranische Raketen zu installieren, ist in Europa umstritten. Die Regierungen in Warschau und Prag sind bereit, ihre Territorien zur Verfügung zu stellen. Russland sieht das Gleichgewicht der Kräfte in Gefahr und droht Gegenmaßnahmen an. Und Deutschland? Bundesaußenminister Steinmeier übt Kritik an den USA. Man hätte frühzeitig mit Russland sprechen sollen.
Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Eckart von Klaeden, befindet sich sozusagen auf dem Sprung in die USA. Er ist nun am Telefon. Guten Morgen, Herr von Klaeden!
Eckart von Klaeden: Guten Morgen, Frau Durak!
Durak: Hat der Außenminister Recht?
Klaeden: Ich glaube, dass er in dem Punkte nicht Recht hat, und er hat ja seine Kritik an den Vereinigten Staaten auch schon relativiert, wenn ich heute Morgen die Agenturen richtig gelesen habe. Es hat ja ganz offensichtlich Gespräche gegeben zwischen den Vereinigten Staaten und Russland über ein solches Raketenabwehrsystem, und diskutiert wird dieses Raketenabwehrsystem ja schon seit einiger Zeit. Und es ist immer klar gewesen, dass dieses Projekt keinesfalls gegen Russland gerichtet ist, sondern sich richten soll gegen mögliche neue Bedrohungen aus dem Iran zum Beispiel oder Nordkorea.
Durak: Offensichtlich sehen das russische Militärs aber anders. Die haben die zunächst mal vage Warnung des russischen Präsidenten vor kurzem in München ziemlich konkret gemacht. Sie haben mit der Wiederaufnahme der Produktion von Mittelstreckenraketen gedroht. Offensichtlich hat man beim Militär da eine etwas andere Auffassung.
Klaeden: Ja, die Äußerungen dort sind auch besorgniserregend. Also es ist ja nicht nur mit der Wiederaufnahme der Produktion von Mittelstreckenraketen gedroht worden und der Kündigung des INF-Vertrages, sondern auch mit dem Ersetzen der russischen Interkontinentalraketen. Ich glaube, es ist jetzt wirklich nötig, Russland deutlich zu machen, dass, wie gesagt, das Projekt einerseits nicht gegen Russland gerichtet ist, dass andererseits aber solche Entscheidungen, wenn sie in Polen oder in Tschechien getroffen werden, nicht von einem russischen Veto abhängig sein können. Aber was das weitere Procedere angeht, so bin ich der Ansicht, dass wir das Projekt zunächst einmal in der NATO besprechen sollten und uns dann auch Gedanken darüber machen sollten, ob wir Russland nicht eine Beteiligung an einem solchen Raketenabwehrsystem anbieten, denn Russland ist genauso potenziell gefährdet von möglichen Atomraketen aus Nordkorea oder dem Iran wie das die Vereinigten Staaten oder Europa sind.
Durak: Der INF-Vertrag, nur noch mal zur Erklärung für die Hörer, das ist ein Abrüstungsvertrag.
Klaeden: Genau, über Mittelstreckenraketen.
Durak: Die Einbindung, so wie Sie es vorschlagen, Russlands in eine mögliche NATO-Verantwortung für dieses Raketenabwehrsystem würde aber die bisherigen Beziehungen zwischen Russland und der NATO sehr viel mehr ausweiten, oder?
Klaeden: Der NATO-Russland-Rat sieht ja eine solche Kooperation oder solche Kooperationsmöglichkeiten vor. Und ich glaube sowieso, dass man in Europa Sicherheit nicht mehr gegeneinander organisieren kann, sondern dass wir Europa als eine Zone gemeinsamer Sicherheit begreifen müssen. Und das führt dann auch zu der Konsequenz, dass wir Russland einbeziehen sollten, wenn Russland dazu bereit ist.
Durak: Aber so konkret hat es bisher noch nie stattgefunden?
Klaeden: Nein, so konkret hat es bisher noch nicht stattgefunden. Es ist ja auch noch nicht in dieser Detailtreue über ein Raketenabwehrsystem oder ein anderes so großes strategisches Projekt gesprochen worden nach dem Ende des Kalten Krieges.
Durak: Herr von Klaeden, Sie haben die NATO schon erwähnt. Sollte die NATO das ganze Projekt selbst übernehmen oder wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit, sozusagen auf der einen Seite USA, die ja zur NATO gehören, aber diesmal als Autor sozusagen dieses Raketensystems, und der NATO vor?
Klaeden: Ich glaube, für diese Entscheidung ist es noch zu früh. Dazu muss man sich sowohl mit den strategischen als auch mit den technischen Fragen eines solchen Raketenabwehrsystems noch weiter beschäftigen. Aber wenn wir einmal analysieren, womit wir uns in den letzten Monaten und Jahren beschäftigt haben, nämlich dem Nuklearprogramm sowohl Nordkoreas wie des Iran, dann, glaube ich, ist es ganz offensichtlich, dass wir uns gegen diese neuen Gefahren wappnen müssen und dass das auch eine Aufgabe eines Verteidigungsbündnisses wie der NATO sein muss.
Durak: Aber mit dem Eintritt Russlands in dieses Raketenabwehrsystem würde eine völlig neue Qualität erreicht.
Klaeden: Es würde eine neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen NATO und Russland erreicht, aber das kann ja nur gut sein, weil es ein weiterer vertrauensbildender Schritt wäre.
Durak: Halten Sie das wirklich für realistisch?
Klaeden: Ich halte das für realistisch, ja, denn, wenn Russland die Gefahren so analysiert, wie wir es tun.
Durak: Tut es aber nicht.
Klaeden: Das, finde ich, ist eine Frage der weiteren Diskussion mit Russland, denn im Weltsicherheitsrat erkennt Russland ja auch an, dass potenzielle Gefahren jedenfalls von dem iranischen Nuklearprogramm oder von Nordkorea ausgehen, und sonst hätte Russland sich ja auch nicht an den Sanktionen dem Iran gegenüber beteiligt.
Durak: Ansonsten betreibt Russland aber eine Iranpolitik, die ja den Westen doch eher irritiert.
Klaeden: In der Tat, und das müssen wir Russland gegenüber auch deutlich sagen, dass die Signale, die von Russland dem Iran gegenüber ausgehen, aus unserer Sicht jedenfalls in Teheran missverstanden werden können und damit den internationalen Druck auf Teheran abschwächen können, der aus unserer Sicht notwendig ist, damit wir auf diplomatischem Wege zu dem Erfolg kommen, dass der Iran sich wieder an internationales Recht hält und die nötige Transparenz, was sein Nuklearprogramm angeht, herstellt.
Durak: Herr von Klaeden, Sie erwähnten eingangs, dass es möglicherweise doch Gespräche zwischen den Amerikanern und den Russen gegeben hat, sozusagen im Vorfeld dieser Debatte zum Raketenabwehrsystem. Mit der NATO hat aber Washington offenbar nicht groß gesprochen vorher?
Klaeden: Also das, was ich der Berichterstattung der letzten Tage entnommen habe, ist, dass sowohl in der NATO als auch mit Russland über das Projekt gesprochen worden ist. Aber ich kann jetzt nicht sagen, wie konkret diese Gespräche gewesen sind. Mein Eindruck ist auch, dass wir, was die Entscheidung für dieses Projekt angeht, am Anfang stehen und deswegen jetzt auch noch keine Zeit vergeben ist, um nicht über das Projekt entsprechend sowohl in der NATO wie mit Russland zu sprechen und dann auch die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.
Durak: Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Eckart von Klaeden, war das. Schönen Dank für das Gespräch, Herr von Klaeden.
Klaeden: Ja, danke sehr.
Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Eckart von Klaeden, befindet sich sozusagen auf dem Sprung in die USA. Er ist nun am Telefon. Guten Morgen, Herr von Klaeden!
Eckart von Klaeden: Guten Morgen, Frau Durak!
Durak: Hat der Außenminister Recht?
Klaeden: Ich glaube, dass er in dem Punkte nicht Recht hat, und er hat ja seine Kritik an den Vereinigten Staaten auch schon relativiert, wenn ich heute Morgen die Agenturen richtig gelesen habe. Es hat ja ganz offensichtlich Gespräche gegeben zwischen den Vereinigten Staaten und Russland über ein solches Raketenabwehrsystem, und diskutiert wird dieses Raketenabwehrsystem ja schon seit einiger Zeit. Und es ist immer klar gewesen, dass dieses Projekt keinesfalls gegen Russland gerichtet ist, sondern sich richten soll gegen mögliche neue Bedrohungen aus dem Iran zum Beispiel oder Nordkorea.
Durak: Offensichtlich sehen das russische Militärs aber anders. Die haben die zunächst mal vage Warnung des russischen Präsidenten vor kurzem in München ziemlich konkret gemacht. Sie haben mit der Wiederaufnahme der Produktion von Mittelstreckenraketen gedroht. Offensichtlich hat man beim Militär da eine etwas andere Auffassung.
Klaeden: Ja, die Äußerungen dort sind auch besorgniserregend. Also es ist ja nicht nur mit der Wiederaufnahme der Produktion von Mittelstreckenraketen gedroht worden und der Kündigung des INF-Vertrages, sondern auch mit dem Ersetzen der russischen Interkontinentalraketen. Ich glaube, es ist jetzt wirklich nötig, Russland deutlich zu machen, dass, wie gesagt, das Projekt einerseits nicht gegen Russland gerichtet ist, dass andererseits aber solche Entscheidungen, wenn sie in Polen oder in Tschechien getroffen werden, nicht von einem russischen Veto abhängig sein können. Aber was das weitere Procedere angeht, so bin ich der Ansicht, dass wir das Projekt zunächst einmal in der NATO besprechen sollten und uns dann auch Gedanken darüber machen sollten, ob wir Russland nicht eine Beteiligung an einem solchen Raketenabwehrsystem anbieten, denn Russland ist genauso potenziell gefährdet von möglichen Atomraketen aus Nordkorea oder dem Iran wie das die Vereinigten Staaten oder Europa sind.
Durak: Der INF-Vertrag, nur noch mal zur Erklärung für die Hörer, das ist ein Abrüstungsvertrag.
Klaeden: Genau, über Mittelstreckenraketen.
Durak: Die Einbindung, so wie Sie es vorschlagen, Russlands in eine mögliche NATO-Verantwortung für dieses Raketenabwehrsystem würde aber die bisherigen Beziehungen zwischen Russland und der NATO sehr viel mehr ausweiten, oder?
Klaeden: Der NATO-Russland-Rat sieht ja eine solche Kooperation oder solche Kooperationsmöglichkeiten vor. Und ich glaube sowieso, dass man in Europa Sicherheit nicht mehr gegeneinander organisieren kann, sondern dass wir Europa als eine Zone gemeinsamer Sicherheit begreifen müssen. Und das führt dann auch zu der Konsequenz, dass wir Russland einbeziehen sollten, wenn Russland dazu bereit ist.
Durak: Aber so konkret hat es bisher noch nie stattgefunden?
Klaeden: Nein, so konkret hat es bisher noch nicht stattgefunden. Es ist ja auch noch nicht in dieser Detailtreue über ein Raketenabwehrsystem oder ein anderes so großes strategisches Projekt gesprochen worden nach dem Ende des Kalten Krieges.
Durak: Herr von Klaeden, Sie haben die NATO schon erwähnt. Sollte die NATO das ganze Projekt selbst übernehmen oder wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit, sozusagen auf der einen Seite USA, die ja zur NATO gehören, aber diesmal als Autor sozusagen dieses Raketensystems, und der NATO vor?
Klaeden: Ich glaube, für diese Entscheidung ist es noch zu früh. Dazu muss man sich sowohl mit den strategischen als auch mit den technischen Fragen eines solchen Raketenabwehrsystems noch weiter beschäftigen. Aber wenn wir einmal analysieren, womit wir uns in den letzten Monaten und Jahren beschäftigt haben, nämlich dem Nuklearprogramm sowohl Nordkoreas wie des Iran, dann, glaube ich, ist es ganz offensichtlich, dass wir uns gegen diese neuen Gefahren wappnen müssen und dass das auch eine Aufgabe eines Verteidigungsbündnisses wie der NATO sein muss.
Durak: Aber mit dem Eintritt Russlands in dieses Raketenabwehrsystem würde eine völlig neue Qualität erreicht.
Klaeden: Es würde eine neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen NATO und Russland erreicht, aber das kann ja nur gut sein, weil es ein weiterer vertrauensbildender Schritt wäre.
Durak: Halten Sie das wirklich für realistisch?
Klaeden: Ich halte das für realistisch, ja, denn, wenn Russland die Gefahren so analysiert, wie wir es tun.
Durak: Tut es aber nicht.
Klaeden: Das, finde ich, ist eine Frage der weiteren Diskussion mit Russland, denn im Weltsicherheitsrat erkennt Russland ja auch an, dass potenzielle Gefahren jedenfalls von dem iranischen Nuklearprogramm oder von Nordkorea ausgehen, und sonst hätte Russland sich ja auch nicht an den Sanktionen dem Iran gegenüber beteiligt.
Durak: Ansonsten betreibt Russland aber eine Iranpolitik, die ja den Westen doch eher irritiert.
Klaeden: In der Tat, und das müssen wir Russland gegenüber auch deutlich sagen, dass die Signale, die von Russland dem Iran gegenüber ausgehen, aus unserer Sicht jedenfalls in Teheran missverstanden werden können und damit den internationalen Druck auf Teheran abschwächen können, der aus unserer Sicht notwendig ist, damit wir auf diplomatischem Wege zu dem Erfolg kommen, dass der Iran sich wieder an internationales Recht hält und die nötige Transparenz, was sein Nuklearprogramm angeht, herstellt.
Durak: Herr von Klaeden, Sie erwähnten eingangs, dass es möglicherweise doch Gespräche zwischen den Amerikanern und den Russen gegeben hat, sozusagen im Vorfeld dieser Debatte zum Raketenabwehrsystem. Mit der NATO hat aber Washington offenbar nicht groß gesprochen vorher?
Klaeden: Also das, was ich der Berichterstattung der letzten Tage entnommen habe, ist, dass sowohl in der NATO als auch mit Russland über das Projekt gesprochen worden ist. Aber ich kann jetzt nicht sagen, wie konkret diese Gespräche gewesen sind. Mein Eindruck ist auch, dass wir, was die Entscheidung für dieses Projekt angeht, am Anfang stehen und deswegen jetzt auch noch keine Zeit vergeben ist, um nicht über das Projekt entsprechend sowohl in der NATO wie mit Russland zu sprechen und dann auch die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.
Durak: Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Eckart von Klaeden, war das. Schönen Dank für das Gespräch, Herr von Klaeden.
Klaeden: Ja, danke sehr.