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Edelgard Bulmahns Bildungspolitik - eine Bilanz

Vier Millarden Euro für ein Ganztagsschulprogramm - mit diesem Kraftakt hat die scheidende Bildungsministerin Edelgard Bulmahn dem deutschen Bildungswesen vielleicht den langfristigen Modernisierungsschub verpasst, den keiner ihrer Vorgänger gewagt hatte. Bulmahns Bilanz sind heute knapp 5000 Ganztagsschulen, die seit 2003 bundesweit entstanden - immerhin die Hälfte der bis zum Jahr 2007 angepeilten 10.000 Schulen.

Von Agnes Steinbauer |
    " Wenn es uns nicht gelingt, dass die Bundesregierung, die Länder, die Städte und Gemeinden, die Schulen, die Lehrer und Eltern gemeinsam unser Bildungssystem wirklich erheblich verbessern, dann versündigen wir uns an unseren Kindern und an unserer Jugend,"

    warnte Bildungsministerin Edelgard Bulmahn vor drei Jahren im Bundestag. Das Bildungssystem "erheblich" zu verbessern und vor allem "gemeinsam", das ist frommer Wunsch geblieben, der sich in sieben Jahren rot-grüner Bildungspolitik nicht erfüllte. Allerdings: Hätte er sich erfüllt - es wäre schon ein wahres Wunder gewesen, im Jahrzehnte währenden deutschen Bildungsreform-Stau.

    Vor allem in der Schulpolitik hat Bulmahn die Quadratur des Kreises versucht und sich damit zwischen alle Stühle gesetzt. Gescheitert ist sie allerdings nur oberflächlich betrachtet. Denn, mit dem wichtigsten "Pfund" ihrer Schulpolitik, dem Vier-Millarden-Euro-Ganztagsschulprogramm, hat sie dem vor sich hin dümpelnden deutschen Bildungswesen einen langfristigen Modernisierungsschub verpasst, den keiner ihrer Vorgänger gewagt hatte.

    Bulmahns Bilanz sind heute knapp 5000 Ganztagsschulen, die seit 2003 bundesweit entstanden - das ist immerhin die Hälfte der bis zum Jahr 2007 angepeilten 10.000 Schulen. Die Schattenseite dieser Bilanz: Mit dem Herzstück ihrer Schulpolitik löste die SPD-Politikerin eine Lawine von Kontroversen zwischen Bund und Ländern aus, die - obwohl sie im Grunde nur wieder einmal das Dauerproblem der föderalistischen Bildungspolitik in Deutschland offen legten - ihre gesamte Amtszeit belasteten.

    Mit dem Ganztagsschulprogramm hatte sich Bulmahn zu weit auf das Terrain der Länderminister vorgewagt. Vor allem die unionsregierten Länder weigerten sich anfangs, mitzumachen und begründeten ihre Ausstiegsdrohungen mit den nicht aus Bundesmitteln zu finanzierenden Personalkosten. Auch mit den beiden anderen schulpolitischen Eckpunkten der Ära Bulmahn - den "Nationalen Bildungsstandards" und den selbstverwalteten Schulen - löste die Studienrätin aus Hannover nicht nur Freude in den Ländern aus. Gemeinsame Bildungsstandards wurden zwar nicht per se verdammt, aber bitte schön ohne den Bund. Auch hier entstand eine Kontroverse um die Zuständigkeiten, die der Ministerin einmal mehr den Ruf einbrachte, zu polarisieren, anstatt zu gestalten, und die die Sacharbeit erschwerte. Mit Hilfe des 2004 gegründeten "Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen" (IQB) wollen die Länderminister nun ihre eigenen Standards entwickeln - länderübergreifend, wie die Kultusministerkonferenz betont

    Viel Lärm um Nichts? Auch, wenn der scheidenden Ministerin immer wieder "blinder Aktivismus", spitznasige Oberlehrerhaftigkeit und politische Ungeschicklichkeit vorgeworfen wurden, Bulmahn hat mehr Impulse gesetzt, als alle Bildungsminister in den Jahrzehnten vorher. Föderalistische Grabenkämpfe hat sie dabei nicht gescheut:

    " Das kann auf keinen Fall heißen, dass man Bildungspolitik nach der Art und Weise durchführt: Das ist mein Schrebergarten und das ist dein Schrebergarten."