Archiv

EEG-Umlage
ThyssenKrupp kritisiert Beihilfeverfahren wegen Industrierabatten

ThyssenKrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger verteidigt im Deutschlandfunk die teilweise Befreiung energieintensiver Industrien von der EEG-Umlage. Sie diene dazu, "einen in Deutschland generierten Wettbewerbsnachteil soweit zu kompensieren, dass wir hier nicht Arbeitsplätze abbauen müssen".

    Der Stahl- und Industriekonzern ThyssenKrupp hat das Beihilfeverfahren der EU-Kommission zur Überprüfung der deutschen Industrie-Rabatte bei der Ökostromumlage scharf kritisiert. Die Diskussion sei schlichtweg nicht angemessen, sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger im Interview der Woche im Deutschlandfunk. Durch die EEG-Umlage seien den energieintensiven Industrien Mehrkosten entstanden, die andere außerhalb von Deutschland nicht hätten. "Es ist also alles andere als eine Beihilfe, um Vorteile zu schaffen gegenüber anderen, sondern um einen in Deutschland generierten Wettbewerbsnachteil soweit zu kompensieren, dass wir hier nicht Arbeitsplätze abbauen müssen."
    Keine Vorsorge für mögliche Rückforderungen
    Positiv wertete Hiesinger, dass die EU-Kommission nur den Zeitraum seit der EEG-Novelle 2012 untersucht und nicht weiter zurück blickt. So seien der betrachtete Zeitraum und die Risiken beschreibbar und begrenzt. Für eine mögliche Rückforderung der gewährten Rabatte habe der Konzern jedoch keine Vorsorge getroffen. Hiesinger: "Wir gehen einfach davon aus – und deshalb gibt es auch keine Rückstellungen –, dass man hier Lösungen findet, die weiterhin diese Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten wird."
    Den eingeschlagenen Kurs, die Schuldenlast des Unternehmens zu verringern, will ThyssenKrupp weiter fortsetzen. Im vergangenen Jahr habe der Konzern einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht, sagte Hiesinger: "Wir haben im letzten Jahr – zum ersten Mal nach sechs Jahren – wieder mehr Geld eingenommen als wir ausgegeben haben." So habe man den Schuldenstand von 6,5 Milliarden Euro im Jahr 2012 auf 5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr reduzieren können. "Nach der Kapitalerhöhung wird er nochmal deutlich runter gehen. Und wenn wir dann noch das Geld bekommen für unser Stahlwerk in Amerika, werden wir die Schulden auf knapp über 3 Milliarden reduziert haben."
    Schuldenabbau soll weiter vorangetrieben werden
    Die Fortschritte beim Schuldenabbau seien ein ganz wichtiges Signal und ein enormer Motivationsschub für die Mitarbeiter und Führungskräfte des Konzerns, so Hiesinger. "Nur deshalb können die Mitarbeiter auch sagen: Okay, dann lass es uns jetzt noch mal anpacken […] und wenn wir jetzt noch ein, zwei Jahre in diese Richtung agieren, dann werden wir den Schuldenstand noch weiter reduzieren, in Richtung schuldenfrei gehen."
    Nach der Kapitalerhöhung im Dezember seien weitere Schritte zur Ausgabe neuer Aktien allerdings nicht geplant. Bei der bevorstehenden Hauptversammlung am 17. Januar 2014 erbittet die Konzernführung zwar die Zustimmung der Aktionäre zu weiteren möglichen Kapitalerhöhungen. Dies sei jedoch eine Vorsorgemaßnahme, betonte Hiesinger: "In einem heutigen hoch volatilen Umfeld und insbesondere auch in der Situation, in der sich unser Unternehmen befindet, wäre es nicht verantwortungsbewusst, sich dieses Werkzeug nicht vorsorglich zu schaffen. Aber ganz eindeutig, wir haben keine konkrete Pläne."
    Pannenstahlwerk in Brasilien bleibt auf Verkaufsliste
    Das Pannenstahlwerk in Brasilien, auf das ein Großteil der Fehlinvestitionen in Übersee entfällt, steht weiterhin zum Verkauf. Für die dazugehörige Weiterverarbeitungsanlage im US-Bundesstaat Alabama habe der Konzern im vergangenen Jahr von ArcelorMittal und Nippon Steel ein attraktives Angebot erhalten. Für Brasilien habe es eine solche Lösung nicht gegeben, räumte Hiesinger ein. Man werde jedoch schauen, "ob sich das in den nächsten zwei, drei Jahren ändert. Mittel- und langfristig, das muss man ganz klar sagen, wollen wir auch das Werk in Brasilien nicht bei ThyssenKrupp haben."
    Als weitere Großbaustelle bezeichnete Hiesinger die zahlreichen Kartellverstöße im Konzern. Im Frühjahr 2013 hatte das Bundeskartellamt Geschäftsräume von ThyssenKrupp durchsucht wegen des Verdachts von Preisabsprachen bei Blechen für die Autoindustrie. Wie tief der Konzern darin verwickelt ist, sei noch nicht bekannt, sagte Hiesinger. Die internen Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Und auch vom Bundeskartellamt habe man noch keine Rückmeldung, "ob sie in der Sichtung der Unterlagen, die sie damals abgeholt haben, irgendwelche Dinge gefunden haben." Hiesinger äußerte die Hoffnung, 2014 eine Rückmeldung vom Kartellamt zu erhalten. "Es würde uns natürlich freuen, wenn die Meldung hieße: Dort ist wirklich nichts."
    Das vollständige Interview mit Heinrich Hiesinger können Sie am 12.01.2014 um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk hören.