
Meldungen über EHEC-Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern und EHEC-Tote in Belgien riefen Anfang September 2025 böse Erinnerungen wach: Im Jahr 2011 hatte es in Deutschland einen schweren EHEC-Ausbruch mit einigen tausend teils schwer Erkrankten und mehr als 50 Todesopfern gegeben. Doch EHEC-Infektionen sind im Grunde alltäglich, laut dem Robert Koch-Institut gab es im vergangenen Jahr rund 4.600 Erkrankungen. In der Regel ist eine Infektion harmlos, nur selten kommt es zu tödlichen Verläufen. Ein Überblick.
Was ist EHEC?
EHEC ist die Abkürzung für Enterohämorrhagische Escherichia coli. EHEC-Bakterien leben normalerwiese im Darm von Wiederkäuern wie Rindern, Schafen, Ziegen oder Rehen und können starke Zellgifte produzieren. Diese sogenannten Shigatoxine sind für ihre tierischen Wirte nicht gefährlich, beim Menschen können sie jedoch schweren Erkrankungen auslösen.
Wie steckt man sich mit EHEC an?
Menschen können sich durch direkten oder indirekten Kontakt mit EHEC-infizierten Wiederkäuern anstecken. Die Tiere scheiden die Bakterien mit dem Kot aus. Da EHEC-Bakterien sehr resistent und unempfindlich sind, können sie in der Umwelt wochenlang überleben. Schon wenn man auf einer Wiese picknickt, auf der zuvor infizierte Tiere standen, besteht ein Ansteckungsrisiko.
Anstecken kann man sich auch, wenn man infizierte Kühe, Schafe oder Ziegen streichelt. Denn das Fell kann mit Kotspuren verunreinigt sein und die Bakterien beim direkten Kontakt leicht von den Händen in den Mund gelangen. Für Kinder unter drei Jahren stellt der direkte Kontakt zu einem Wiederkäuer das höchste Erkrankungsrisiko dar, zeigt eine Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Ein weiteres Infektionsrisiko stellen verunreinigte Nahrungsmittel dar. Rohmilch, rohes Fleisch oder Rohwurst sind häufiger mit EHEC belastet. Aber auch auf Gemüse, das durch Dünger oder verunreinigtes Wasser mit dem Erreger kontaminiert wurde, kann das Bakterium lauern. Schon wenige Bakterien reichen aus, um eine Infektion auszulösen.
Wie verläuft eine EHEC-Infektion?
EHEC-Erkrankungen verlaufen in den meisten Fällen mild, es kann aber auch zu sehr schweren Verläufen kommen. Vom Kontakt mit EHEC bis zum Ausbruch der Erkrankung dauert es laut RKI im Schnitt drei bis vier Tage. Betroffene klagen meist über Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und wässrigen Durchfall. In seltenen Fällen kommt es auch zu Fieber.
EHEC-Infektionen können jedoch auch unbemerkt bleiben, da nicht jeder Mensch tatsächlich auch krank wird. Infizierte scheiden allerdings dennoch Bakterien über den Stuhl aus, können sie dadurch verbreiten und andere Menschen wiederum anstecken. Es kann länger als einen Monat dauern, bis keine EHEC-Bakterien mehr im Stuhl nachweisbar sind. Das Risiko einer Ansteckung nimmt jedoch im Verlauf der Zeit deutlich ab.
Wie gefährlich ist EHEC?
Bei zehn bis 20 Prozent der Erkrankten kommt es zu schwerwiegenderen Verläufen: Aus dem wässrigen wird blutiger Durchfall mit krampfartigen Bauchschmerzen und manchmal Fieber. Besonders betroffen sind Kinder, weil ihr Immunsystem und die Organe noch nicht ausgereift sind. Auch bei Vorerkrankten und älteren Menschen kann es zu schwerwiegenderen Verläufen kommen.
Bei etwa zehn Prozent aller Infizierten entwickelt sich laut Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung fünf bis zehn Tage nach den ersten Durchfällen ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS). Grund dafür ist, dass sich die Giftstoffe, die EHEC-Bakterien produzieren, weiter im Körper ausbreiten. Bei HUS kommt es zu einer Zerstörung von roten Blutkörperchen und einer rasch voranschreitenden Verschlechterung der Nierenfunktion, was zu akutem Nierenversagen und sogar zum Tod führen kann.
Laut RKI sind EHEC-Infektionen der häufigste Grund für akutes Nierenversagen im Kindesalter. Durch die Zerstörung der Blutplättchen wird zudem die Blutgerinnung beeinträchtigt. Die Sterblichkeitsrate liegt beim hämolytisch-urämischen Syndrom in der Akutphase bei rund zwei Prozent. In selten Fällen können auch Spätfolgen wie bleibende Nierenschäden oder Bluthochdruck auftreten.
Wie kann man sich vor EHEC schützen?
Zur Vorbeugung einer Ansteckung mit EHEC sollte man sich an bekannte Hygieneregeln halten: regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Seife, insbesondere nach dem Kontakt mit Tieren und dem Toilettengang sowie vor dem Essen oder Kochen.
Rohes Gemüse und Obst sollte vor dem Verzehr ebenfalls gut gewaschen werden. Rohe tierische Lebensmittel sollten immer im Kühlschrank gelagert und, wenn möglich, bei der Zubereitung mindestens zehn Minuten lang auf mindestens 70 Grad Celsius erhitzt werden.
Wie häufig kommt es zu EHEC-Infektionen?
EHEC-Ansteckungen gibt es regelmäßig. Dem Robert Koch-Institut zufolge wurden 2023 bundesweit mehr als 3.400 Erkrankungen erfasst, 2024 waren es rund 4.600. Im Jahr 2023 wurden fünf, im Jahr darauf drei HUS-bedingte Todesfälle gemeldet. Allgemein wird seit 2022 ein erheblicher Anstieg der Fallzahlen beobachtet. Das Landesamt für Gesundheit und Arbeitsschutz Nordrhein-Westfalen führt diesen Trend auf eine bessere Diagnostik zurück.
Im Jahr 2011 kam es zur bislang schwersten EHEC-Epidemie in Deutschland. Rund 3.800 Erkrankungen wurden damals registriert, mehr als 50 Menschen starben in Folge einer Infektion. Gemessen an den HUS-Fällen war es der größte, weltweit dokumentierte EHEC-Ausbruch. Als wahrscheinliche Ursache für die Epidemie galten verunreinigte Sprossen aus Ägypten importierter Bockshornkleesamen.
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