Archiv

Ehrentitel
Australien schafft Ritterschlag ab

Beim Referendum 1999 stimmten noch 55 Prozent der Australier dafür, die Queen als Staatsoberhaupt zu behalten, heute sind die Republikaner deutlich in Überzahl. Ein Grund mehr, sich von antiquierten Geflogenheiten zu trennen. Premierminister Malcolm Turnbull hat deshalb den Ritterschlag als Ehrentitel aus der Verfassung gestrichen.

Von Andreas Stummer |
    Parlamentssitzungen, Pressetermine, Reden und Empfänge: Staatschefs sind viel beschäftigte Leute. Das gilt auch für den australischen Premier Malcolm Turnbull. Deshalb fasste er sich kurz. In nur 30 Sekunden hatte er eine der umstrittensten Entscheidungen seines Vorgängers Tony Abbott rückgängig gemacht. Turnbull machte klar: Ab sofort werden in Australien keine Adelstitel mehr verliehen.
    "Die Titel Ritter und Dame werden aus dem australischen Ehrensystem gestrichen. Die Queen als unser Staatsoberhaupt hat zugestimmt, das dementsprechende Gesetz zu ändern. Diese Entscheidung spiegelt das moderne Australien wider. Titel wie Ritter und Damen sind antiquiert, altmodisch und im Jahr 2015 bei uns fehl am Platz."
    Eingeführt 1976 wurde 20 Jahre lang kein Australier mehr zum Ritter geschlagen, bis der erzkonservative Monarchie-Fan Tony Abbott an die Macht kam – ein Königstreuer von gestern mit Sehnsucht nach vorgestern. Er verlieh ausgerechnet Prinz Philipp, der sprechenden Handtasche der Queen, den australischen Ritterorden.
    Das Volk war empört, sein Kabinett düpiert. Abbott hatte im Alleingang gehandelt, ein halbes Jahr später musste er abdanken, gestürzt von der eigenen Partei. Zum Leidwesen von David Flint. Der Chef der Liga der australischen Monarchisten war "not amused".
    "Diese Titel sind Anerkennung für Menschen, die Bemerkenswertes geleistet haben, es ist eine Schande diese langjährige Tradition abzuschaffen. Prinz Philipp ist der ideale Ritter. Eine solche Ehre ist nicht kindisch, sondern es ist völlig angemessen Personen auszeichnen, die sich um unser Land verdient gemacht haben."
    Forderungen für ein modernes Australien
    Pikante Fußnote: Lange bevor er Australiens Premierminister wurde war Malcolm Turnbull an der Spitze einer Bürgerbewegung, die die konstitutionelle Monarchie Australien in eine Republik umwandeln wollte. Kein Wunder, dass Peter Fitzsimons, Turnbulls Nachfolger bei der Lobbygruppe, Morgenluft wittert – und eine mögliche Palastrevolution.
    "Unser Premierminister ist längst nicht der Einzige in der Regierung, der eine Republik will. Es gibt viele Republikaner unter den Konservativen. Es wird Zeit zu handeln. Als selbstbewusste Nation im 21.Jahrhundert sollten wir erwachsen genug sein, um unsere eigenen Angelegenheiten auch selbst zu bestimmen."
    Jeder vierte Australier ist heute im Ausland geboren. Die meisten kennen das britische Königshaus nur aus dem Fernsehen oder Klatschmagazinen, wollen den verstaubten Kolonialmief abschütteln – und bloß nicht Charles und Camilla auf dem Thron. Die Queen hat ihre Schuldigkeit getan die Queen kann gehen.
    "Es ist schon peinlich, ein ausländisches Staatsoberhaupt zu haben", meinen zwei junge Australier, "höchste Zeit, dass wir endlich eigenständig werden – ohne Ritter und all dem Hokuspokus."
    "Ich habe nichts gegen die Monarchie, aber die königliche Familie hat einfach keinen Platz mehr hier. Wir sind Australier und keine Engländer."
    Ein Königreich für eine Republik
    Ein Königreich für eine Republik. Beim Referendum 1999 stimmten noch 55 Prozent der Australier dafür, die Queen als Staatsoberhaupt zu behalten, heute sind die Republikaner – trotz William und Kate – deutlich in Überzahl. Neun von zehn Befragten fanden es völlig richtig, die Ära der Ritter und Damen in Australien ein für allemal zu beenden. Es scheint wohl nur noch eine Frage der Zeit zu sein bis dem britischen Empire der australische Zacken endgültig aus der Krone fällt.