Oswald Metzger: Das käme der Quadratur des Kreises nahe, insofern geht das natürlich nicht zusammen. Das ist reiner Euphemismus, den Eichel pflegt. Für mich hat Hans Eichel - den ich lange unterstützt habe in seinem Kurs in meiner aktiven Zeit - jedes Format für solide Finanzpolitik verloren, weil er zermürbt wurde von den Sozialpolitikern in beiden Regierungslagern und heute der Apologet einer Politik ist, die er nie wollte. Er sprach immer vom süßen Gift der Verschuldung, wollte immer generationengerechte Finanzpolitik machen, hat die Staatsverschuldung als Sozialdemokrat in den guten Jahren 1999 und 2000 diskreditiert und fährt heute auf die alten Rezepte ein, egal wer regiert.
Spengler: Hätte er dann eigentlich vor ein, zwei Jahren seinen Rücktritt anbieten oder ihn zumindest androhen müssen?
Metzger: In den Koalitionsverhandlungen 2002 war die letzte Chance für Eichel, persönlich Format zu behalten. Damals, als sich der Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik wieder hin zu einer Politik des leichten Geldes abzeichnete, hätte er den Hut nehmen können. Damals hätte ihn Schröder nicht gehen lassen können, denn ohne Eichel hätte die SPD bei der letzten Bundestagswahl nicht gut 8000 Stimmen vor der Union gelegen, sondern würde heute nicht mehr den Kanzler stellen. Damals hatte Eichel noch Macht. Heute ist er ein Schatten seiner selbst. Sie können es auch an der Presselage dieser Woche sehen, er hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren.
Spengler: Die Geschichte wiederholt sich offenbar. Theo Waigel hat ja seiner Zeit Rotgrün und vor allem Oskar Lafontaine die Blockade seiner Sparbemühungen vorgeworfen. Nun macht Hans Eichel das mit Union und FDP. Kann er es sich so einfach machen?
Metzger: Er kann es sich natürlich nicht so einfach machen. Wenn Sie sich nur den Etat des laufenden Jahres angucken, allein seines Etat-Zahlen, mit überhöhten Ansätzen aus dem Steueramnestiegesetz, mit überhöhten Ansätzen des Bundesbankgewinns, mit Rechnungslegungstricks, die wir früher aus der Oppositionszeit von Theo Waigel kannten, hat er sich dieses Jahr gerettet. Natürlich macht die Union auch Obstruktion im Bundesrat. Das ist keine Frage, das will ich nicht schön reden. Aber wir müssen insgesamt - und das geht natürlich an die Adresse der Bundesregierung - Grundsätze in der Finanzpolitik hochhalten. Man kann doch den Leuten nicht ernsthaft verkaufen, wir sparen uns in Deutschland tot, wenn ich gleichzeitig weiß, dass wir Rekordverschuldungen bei Bund, Ländern und Gemeinden haben, im letzten Jahr fast 90 Milliarden Euro. Wir leben über unsere Verhältnisse, egal wer wo regiert. Die Leute in der Politik haben nicht den Mut, der Bevölkerung zu sagen, dass man mit Schulden ein Land langfristig nicht gesund konsumieren kann, sondern dass Schulden immer - das galt in allen Zeiten und das gilt erst recht für die Zukunft - Steuererhöhungen von morgen bedeuten, Einschränkungen von Spielräumen in den Haushalten, weil die Zinsanteile immer höhere Anteile an den Budgets von Bund, Länder und Gemeinden einnehmen.
Spengler: Das, was Hans Eichel unter konjunkturgerechter Konsolidierung versteht ist im Prinzip Schulden machen?
Metzger: Das ist genau der Punkt, das ist Schulden machen, das ist Tricksen, das ist Privatisierung. Er wird sich bemühen, auf dem Papier einen Haushalt darzustellen für das Jahr 2005, der verfassungsgemäß ist - also weniger neue Schulden aufnimmt, als Investitionen im Etat etatisiert sind. Das schafft er aber nur durch Privatisierung. Privatisierungen sind im Rahmen des EU-Stabilitätspaktes nicht Defizit senkend, was ja auch richtig ist, denn Einmalerlöse decken keine strukturellen Defizite zu. Also wird er den europäischen Stabilitätspakt wieder brechen. Auch das ist ein Menetekel an der Wand, dass ausgerechnet Deutschland, das aus Gründen der Solidität den anderen Staaten den Stabilitätspakt aufs Auge drückte, zum vierten Mal in Folge sündigt. Damit ist dieser Pakt mausetot.
Spengler: Wenn Sie Bundesfinanzminister wären: Sie würden sparen, aber wo?
Metzger: Es gehört eine Mischung von strukturellen Reformen und von Konsolidierung zusammen, dass heißt in erster Linie: Wir brauchen ein Aufbruchssignal an der Steuerfront. Ich würde eine Steuerreform machen in Richtung Kirchhoff.
Spengler: Da haben ja die Finanzminister der Länder gesagt, das ist eine Umverteilung von den Armen zu den Reichen, sozusagen von unten nach oben.
Metzger: Das halte ich für ein große Selbstlüge der Finanzminister. Die Finanzminister haben Angst vor jeder Steuerreform, weil 2000, bei der letzten hohe Ausfälle produziert wurden. Die Umverteilung von unten nach oben sehe ich nicht, weil künftig dann auch Kapitalerträge und andere Einkunftsarten gleich lückenlos besteuert würden wie auch der Faktor Arbeit und durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und durch den Investitionsanreiz, den eine solche Steuerreform setzen würde in einem günstigen weltwirtschaftlichen Umfeld, in dem wir uns ja derzeit und im nächsten Jahr befinden, wäre das die Initialzündung, die man bräuchte, verbunden mit weiteren Strukturreformen bei Rente, Gesundheit und Pflege. Wir müssen die nachhaltige Finanzierung unserer Sozialsysteme weg vom Faktor Arbeit orientieren.
Spengler: Was heißt das, für den Bereich Gesundheit?
Metzger: Das heißt für den Bereich Gesundheit ganz eindeutig - das sage ich auch als grüner Politiker: Entkopplung von der Beitragsbezogenheit. Die Bürgenversicherungssirenengesänge, die in der politischen Linken zur Zeit gesungen werden, sind Kappes. Die können Sie vergessen. Allein vernünftig ist ein Gesundheitsprämienmodell, wo Menschen allein versicherungsmathematisch eine bestimmte Prämie für die Leistungen bezahlen und der soziale Ausgleich über das Steuersystem stattfindet und nicht über das Beitragssystem.
Spengler: Das ist das Unionsmodell: die Kopfpauschale.
Metzger: Das ist das Gesundheitsprämienmodell der Union, so wie es die Schweiz hat. Das ist das einzige Modell, das verhindert, dass künftig weiteres Geld über den Faktor Arbeit in das System gepumpt wird. Gesundheit wird ja weiterhin ein Bereich sein, in dem die Ausgaben wachsen, in einer alternden Gesellschaft. Man muss verhindern, dass die wachsenden Ausgaben für Gesundheit die Arbeit weiter verteuern. Wir werden sonst in Deutschland weiter Arbeitslosigkeit fördern.
Spengler: Sie haben von der Steuerreform und der Strukturreform gesprochen. Was ist mit Subventionsabbau?
Metzger: Subventionsabbau ist für mich Pflichtprogramm. Das erwähne ich schon gar nicht mehr. Wenn Sie im Steuerrecht 163 Ausnahmetatbestände weg hauen, dann haben Sie auch die politische Kraft, Subventionen, direkte Finanzhilfen aus den öffentlichen Haushalten zu kürzen. Damit könnte man nämlich parallel die Anschubfinanzierung dieser Steuerreform flankieren. Da müsste die Wirtschaft auch mitziehen, weil ja immerhin die Wirtschaft sich auch hinter Kirchhoffs Steuermodell setzt. Wichtig ist, wir können nur mit einer vernünftigen Wirtschafts- und Sozialpolitik in dem Land die Haushalte konsolidieren. Wenn wir es nicht tun, werden wir krepieren an den Zinslasten und an den Lasten der Altersversorgung unseres Landes.
Ich möchte noch eine letzte Zahl einführen in das Gespräch, um deutlich zu machen, wo wir wirklich stehen in unserem Land. Sie müssen sich überlegen, im Jahr 2004 gehen auf Bundesebene mehr als 60 Prozent aller Steuereinnahmen in vergangenheitsbezogene Lasten, in Lasten für die Altersvorsorge. 62 Prozent werden für soziale Leistungen benötigt und von den 62 Prozent der Steuereinnahmen allein 40 Prozent für die Rentenversicherung. Alles, was man in den letzten sechs, sieben, acht Jahren in den öffentlichen Haushalten konsolidiert hat - auf der Aufgabenbremse stand -, wurde mehr als überkompensiert durch die höheren Zuschüsse, die an die Rentenversicherung nötig wurden. Entweder sagen wir als Politiker unseren Rentnern und künftigen älteren Menschen deutlich: Wir können uns diese Art der Finanzierung der Renten nicht mehr leisten in einer älter werdenden Gesellschaft oder wir werden an dieser Rentenversicherungshöhe krepieren, weil wir uns das nicht mehr leisten können. Wir werden genauso an den Zinsausgaben krepieren.
Spengler: Hätte er dann eigentlich vor ein, zwei Jahren seinen Rücktritt anbieten oder ihn zumindest androhen müssen?
Metzger: In den Koalitionsverhandlungen 2002 war die letzte Chance für Eichel, persönlich Format zu behalten. Damals, als sich der Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik wieder hin zu einer Politik des leichten Geldes abzeichnete, hätte er den Hut nehmen können. Damals hätte ihn Schröder nicht gehen lassen können, denn ohne Eichel hätte die SPD bei der letzten Bundestagswahl nicht gut 8000 Stimmen vor der Union gelegen, sondern würde heute nicht mehr den Kanzler stellen. Damals hatte Eichel noch Macht. Heute ist er ein Schatten seiner selbst. Sie können es auch an der Presselage dieser Woche sehen, er hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren.
Spengler: Die Geschichte wiederholt sich offenbar. Theo Waigel hat ja seiner Zeit Rotgrün und vor allem Oskar Lafontaine die Blockade seiner Sparbemühungen vorgeworfen. Nun macht Hans Eichel das mit Union und FDP. Kann er es sich so einfach machen?
Metzger: Er kann es sich natürlich nicht so einfach machen. Wenn Sie sich nur den Etat des laufenden Jahres angucken, allein seines Etat-Zahlen, mit überhöhten Ansätzen aus dem Steueramnestiegesetz, mit überhöhten Ansätzen des Bundesbankgewinns, mit Rechnungslegungstricks, die wir früher aus der Oppositionszeit von Theo Waigel kannten, hat er sich dieses Jahr gerettet. Natürlich macht die Union auch Obstruktion im Bundesrat. Das ist keine Frage, das will ich nicht schön reden. Aber wir müssen insgesamt - und das geht natürlich an die Adresse der Bundesregierung - Grundsätze in der Finanzpolitik hochhalten. Man kann doch den Leuten nicht ernsthaft verkaufen, wir sparen uns in Deutschland tot, wenn ich gleichzeitig weiß, dass wir Rekordverschuldungen bei Bund, Ländern und Gemeinden haben, im letzten Jahr fast 90 Milliarden Euro. Wir leben über unsere Verhältnisse, egal wer wo regiert. Die Leute in der Politik haben nicht den Mut, der Bevölkerung zu sagen, dass man mit Schulden ein Land langfristig nicht gesund konsumieren kann, sondern dass Schulden immer - das galt in allen Zeiten und das gilt erst recht für die Zukunft - Steuererhöhungen von morgen bedeuten, Einschränkungen von Spielräumen in den Haushalten, weil die Zinsanteile immer höhere Anteile an den Budgets von Bund, Länder und Gemeinden einnehmen.
Spengler: Das, was Hans Eichel unter konjunkturgerechter Konsolidierung versteht ist im Prinzip Schulden machen?
Metzger: Das ist genau der Punkt, das ist Schulden machen, das ist Tricksen, das ist Privatisierung. Er wird sich bemühen, auf dem Papier einen Haushalt darzustellen für das Jahr 2005, der verfassungsgemäß ist - also weniger neue Schulden aufnimmt, als Investitionen im Etat etatisiert sind. Das schafft er aber nur durch Privatisierung. Privatisierungen sind im Rahmen des EU-Stabilitätspaktes nicht Defizit senkend, was ja auch richtig ist, denn Einmalerlöse decken keine strukturellen Defizite zu. Also wird er den europäischen Stabilitätspakt wieder brechen. Auch das ist ein Menetekel an der Wand, dass ausgerechnet Deutschland, das aus Gründen der Solidität den anderen Staaten den Stabilitätspakt aufs Auge drückte, zum vierten Mal in Folge sündigt. Damit ist dieser Pakt mausetot.
Spengler: Wenn Sie Bundesfinanzminister wären: Sie würden sparen, aber wo?
Metzger: Es gehört eine Mischung von strukturellen Reformen und von Konsolidierung zusammen, dass heißt in erster Linie: Wir brauchen ein Aufbruchssignal an der Steuerfront. Ich würde eine Steuerreform machen in Richtung Kirchhoff.
Spengler: Da haben ja die Finanzminister der Länder gesagt, das ist eine Umverteilung von den Armen zu den Reichen, sozusagen von unten nach oben.
Metzger: Das halte ich für ein große Selbstlüge der Finanzminister. Die Finanzminister haben Angst vor jeder Steuerreform, weil 2000, bei der letzten hohe Ausfälle produziert wurden. Die Umverteilung von unten nach oben sehe ich nicht, weil künftig dann auch Kapitalerträge und andere Einkunftsarten gleich lückenlos besteuert würden wie auch der Faktor Arbeit und durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und durch den Investitionsanreiz, den eine solche Steuerreform setzen würde in einem günstigen weltwirtschaftlichen Umfeld, in dem wir uns ja derzeit und im nächsten Jahr befinden, wäre das die Initialzündung, die man bräuchte, verbunden mit weiteren Strukturreformen bei Rente, Gesundheit und Pflege. Wir müssen die nachhaltige Finanzierung unserer Sozialsysteme weg vom Faktor Arbeit orientieren.
Spengler: Was heißt das, für den Bereich Gesundheit?
Metzger: Das heißt für den Bereich Gesundheit ganz eindeutig - das sage ich auch als grüner Politiker: Entkopplung von der Beitragsbezogenheit. Die Bürgenversicherungssirenengesänge, die in der politischen Linken zur Zeit gesungen werden, sind Kappes. Die können Sie vergessen. Allein vernünftig ist ein Gesundheitsprämienmodell, wo Menschen allein versicherungsmathematisch eine bestimmte Prämie für die Leistungen bezahlen und der soziale Ausgleich über das Steuersystem stattfindet und nicht über das Beitragssystem.
Spengler: Das ist das Unionsmodell: die Kopfpauschale.
Metzger: Das ist das Gesundheitsprämienmodell der Union, so wie es die Schweiz hat. Das ist das einzige Modell, das verhindert, dass künftig weiteres Geld über den Faktor Arbeit in das System gepumpt wird. Gesundheit wird ja weiterhin ein Bereich sein, in dem die Ausgaben wachsen, in einer alternden Gesellschaft. Man muss verhindern, dass die wachsenden Ausgaben für Gesundheit die Arbeit weiter verteuern. Wir werden sonst in Deutschland weiter Arbeitslosigkeit fördern.
Spengler: Sie haben von der Steuerreform und der Strukturreform gesprochen. Was ist mit Subventionsabbau?
Metzger: Subventionsabbau ist für mich Pflichtprogramm. Das erwähne ich schon gar nicht mehr. Wenn Sie im Steuerrecht 163 Ausnahmetatbestände weg hauen, dann haben Sie auch die politische Kraft, Subventionen, direkte Finanzhilfen aus den öffentlichen Haushalten zu kürzen. Damit könnte man nämlich parallel die Anschubfinanzierung dieser Steuerreform flankieren. Da müsste die Wirtschaft auch mitziehen, weil ja immerhin die Wirtschaft sich auch hinter Kirchhoffs Steuermodell setzt. Wichtig ist, wir können nur mit einer vernünftigen Wirtschafts- und Sozialpolitik in dem Land die Haushalte konsolidieren. Wenn wir es nicht tun, werden wir krepieren an den Zinslasten und an den Lasten der Altersversorgung unseres Landes.
Ich möchte noch eine letzte Zahl einführen in das Gespräch, um deutlich zu machen, wo wir wirklich stehen in unserem Land. Sie müssen sich überlegen, im Jahr 2004 gehen auf Bundesebene mehr als 60 Prozent aller Steuereinnahmen in vergangenheitsbezogene Lasten, in Lasten für die Altersvorsorge. 62 Prozent werden für soziale Leistungen benötigt und von den 62 Prozent der Steuereinnahmen allein 40 Prozent für die Rentenversicherung. Alles, was man in den letzten sechs, sieben, acht Jahren in den öffentlichen Haushalten konsolidiert hat - auf der Aufgabenbremse stand -, wurde mehr als überkompensiert durch die höheren Zuschüsse, die an die Rentenversicherung nötig wurden. Entweder sagen wir als Politiker unseren Rentnern und künftigen älteren Menschen deutlich: Wir können uns diese Art der Finanzierung der Renten nicht mehr leisten in einer älter werdenden Gesellschaft oder wir werden an dieser Rentenversicherungshöhe krepieren, weil wir uns das nicht mehr leisten können. Wir werden genauso an den Zinsausgaben krepieren.