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Eigenhändig Lösungsvorschläge und Kompromisse erarbeiten

Auch an Schulen ist das Thema Mediation aktuell – so betreibt das Irmgardis-Gymnasium in Köln schon seit etlichen Jahren sogenannte Schulmediation: Jedes Jahr bietet die Schule für ihre Neunklässler die freiwillige AG "Streitschlichtung" an. Dort bilden Lehrer, wie Barbara Schütte-Finetti, die Schüler ein Jahr lang zu Mediatoren aus:

Von Julia Lührs |
    "Zum einen geht es darum, dass die größeren Schüler es lernen, solche Konflikte zu lösen, lernen für ihren Alltag und im Umgang in der Schulgemeinde ... Und zum zweiten soll es natürlich den Kleineren ermöglichen, mal außerhalb mit den Lehrern und den Klassenlehrern nur mit Schülern zusammen Lösungen zu finden und Konflikte beizulegen."

    Dieses Jahr sind es fast 20 Neunklässler, die das Streitschlichter-Handwerk lernen möchten. Bestandteile der Ausbildung: Erst einmal Hintergrundwissen - was ist ein Konflikt und welche Bewältigungsmodelle und Gesprächsführungen gibt es. Danach müssen sie sich durch Rollenspiele in Beispielfälle einfühlen. Es machen häufig Schüler mit, die selber manchmal in Streitigkeiten verwickelt sind und lernen möchten, wie man damit umgeht. Das sogenannte Streitschlichtungsbüro – ein gemütlicher Raum mit Couch - ist in jeder Pause besetzt. Heute sitzt dort Mediatorin Lina aus der 11 Klasse – die sich an einen Fall besonders gut erinnern kann: eine neue Schülerin hatte Probleme sich zu integrieren:

    "Es war schon eine Klassengemeinschaft da und dann kommt eine neue Schülerin, ist das natürlich schwer. Das war dann so, dass die eine Schülerin, sich mit einer Clique von Mädchen sehr extrem gestritten und angefeindet hat, was dann darin geendet hat, dass die beiden dann hier hingekommen sind."

    Die Lehrer halten sich komplett raus und die Mediatoren gehen immer nach dem gleichen Prinzip vor: Am Anfang erklären sie, was Streitschlichtung überhaupt ist und welche Regeln zu berücksichtigen sind – zum Beispiel, den anderen ausreden zu lassen. Dann erzählen die Streitenden nacheinander ihre Sichtweisen und danach werden die Motive und Gefühle während des Konfliktes besprochen. Am Ende müssen die Streitenden eigenhändig Lösungsvorschläge und Kompromisse erarbeiten. Die Mediatoren sind das Bindeglied und runden das Gespräch am Ende ab. Keineswegs immer einfach findet Lina, wenn sie sich an den Fall mit den beiden Mädchen erinnert - denn in dem Gespräch merkte sie:

    "Dass die eine wirklich wollte und die andere einfach es nicht akzeptieren konnte, dass jemand anderes neu reinkommt. Und letztendlich haben die sich so geeinigt, dass die eine sich wirklich zurückhält, die andere trotzdem weiter versucht, sich zu integrieren und es scheint bis heute tatsächlich geklappt zu haben. Sie sind jetzt nicht beste Freundinnen, aber sie kommen miteinander aus."

    Die Einigung wird vertraglich festgehalten und nach ein paar Wochen trifft man sich noch einmal und prüft, ob es geklappt hat. Streitschlichterin Anika hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Streitfälle zwischen Mädchen auftreten und diese Konflikte mitunter am schwierigsten sind:

    "Wenn sich Jungen streiten, ist das oft gut zu klären. Mädchen haben da mehr so, wie man sagt, so einen Zickenkrieg. Der auch wirklich giftig und wirklich böse ist. Und das geht dann mehr in die Richtung Mobbing und Ausgrenzen."

    Dennoch ist jeder Fall anders. Als großes Problem sehen die Schul-Mediatoren das Internet an, weil es häufig als Mobbingplattform genutzt wird: Dort würden sich manchmal geheime Gruppen bilden, die dann anonyme Beleidigungen verschicken. Manchmal treten auch Fälle auf, die schwer zu lösen sind - vor allem wenn die Konfliktparteien unfreiwillig da sind:

    "Wenn sich zwei Schüler überhaupt nicht leiden können und auch der Überzeugung sind und dann der Lehrer sagt, kommt geht zur Streitschlichtung und klärt das. Dann ist das meistens nicht produktiv und führt zu keinem guten Ergebnis!"

    Nicht nur für die Schule – sondern auch fürs Leben – so freut sich Eva schon darauf, ihre Fähigkeiten als Mediatorin auch in anderen Bereichen anzuwenden:

    "Auch wenn es vielleicht immer ein bisschen unterschiedliche Streitfälle sind. Aber das Grundprinzip ist ja immer das Gleiche, wie man schlichtet und dafür kann man das in allen Lebenssituationen sehr gut gebrauchen!"