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Eigenwillige Wirtschaftsmacht
Vom Erfolg der Schweiz

Vor rund 20 Jahren stimmten die Wahlberechtigten schon einmal in einer Wirtschaftsfrage ab. Und schon damals entschieden sie sich gegen den Beitritt ihres Landes in den europäischen Wirtschaftsraum. Jetzt das "Ja" zu einer Begrenzung der Zuwanderung. Eine Abstimmung mit potenziell weitreichenden Folgen.

Von Brigitte Scholtes | 10.02.2014
    Die Schweizer Flagge weht nahe dem Jungfraujoch in den Berner Alpen in der Schweiz
    Die Schweiz zählt zu den stabilsten Volkswirtschaften der Welt und gilt als wettbewerbsfähigster Wirtschaftsstandort. (picture alliance / ZB)
    Wie läuft es gerade für die schweizerische Wirtschaft?
    Die Schweiz zählt zu den stabilsten Volkswirtschaften der Welt. Und als wettbewerbsfähigster Wirtschaftsstandort – in der Rangliste des World Economic Forum belegt sie da seit Jahren den ersten Platz. Das Exportland Schweiz hat zwar in den letzten Jahren die etwas abgekühlte Weltkonjunktur zu spüren bekommen, aber nur in abgeschwächter Form. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 3,5 Prozent – auf einem weiter historischen Tief, auch wenn im Januar ein kleiner Zuwachs von gut 3800 Menschen zu verzeichnen war. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2013 um 1,7 Prozent gewachsen sein: und für das laufende Jahr sollte die Wirtschaftsleistung nochmals leicht zulegen. Die Staatsfinanzen sind solide, die jährliche Neuverschuldung liegt bei 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
    Wie wichtig sind die Handelsbeziehungen zur Europäischen Union?
    60 Prozent ihres Außenhandels wickelt die Schweiz mit der Europäischen Union ab. Aus Sicht der EU ist die Bedeutung der Schweiz geringer: Waren im Wert von gut 105 Milliarden Euro werden in die Alpenrepublik ausgeführt, das entspricht 7,8 Prozent des Exports. Von dort eingeführt werden Waren im Volumen von 84 Milliarden Euro, das entspricht 5,6 Prozent der EU-Importe. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland, von hier beziehen die Schweizer etwa 30 Prozent ihrer Güter, während die ein Fünftel ihrer Ausfuhren nach Deutschland liefern. Wichtige Exportgüter für die Schweiz sind chemische Erzeugnisse zu gut einem Drittel, gefolgt von Maschinen mit elf Prozent und Optik-Produkten zu gut 10 Prozent.
    Die Schweiz ist ein Bankenland aus Tradition. Wie wichtig sind die Geldinstitute für die Wirtschaft?
    Die schweizerischen Banken verlieren an Bedeutung für die Wirtschaft. Die Diskussion um die Steuerehrlichkeit hat dem Bankenstandort geschadet, das Wachstum findet vor allem jenseits der Grenzen statt: Die schweizerischen Kreditinstitute haben im Ausland expandiert. Banken sind mit einem Anteil von 5,5 Prozent nur die Nummer Vier unter den Branchen. Große Bedeutung haben jedoch Finanz- und Holdinggesellschaften, die mehr als die Hälfte der Unternehmen stellen. Das liegt auch an den steuerlich und rechtlich günstigen Rahmenbedingungen. Und am hohen Einkommensniveau, das in den letzten Jahren viele Zuwanderer angezogen hat. Anders als aus dem Ausland hätte die Schweiz ihren Bedarf an Fachkräften aber auch nicht decken können. Denn die Geburtenrate geht zurück, wenn auch mit 10,5 Geburten je 1000 Einwohner nicht so stark wie in Deutschland.
    Stichwort Fachkräfte: Wer genau ist da in den letzten Jahren in die Schweiz gekommen?
    Da zeigt sich ein breites Spektrum: Gut ein Fünftel der Zuwanderer aus Euroland arbeitet in akademischen Berufen, dieser Anteil liegt unter den Deutschen, die in der Schweiz arbeiten, fast doppelt so hoch. An zweiter Stelle folgen Techniker und ähnliche Berufe, danach Jobs im Dienstleistungsbereich. Unter den sieben Prozent Führungskräften insgesamt stellen die Deutschen gut ein Zehntel. Unter den Branchen profitieren am stärksten die Gesundheitsindustrie zusammen mit Lehre und Kultur. Erst danach folgen Manager, Verwaltungs-, Bank-, Versicherungsberufe und Juristen.