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Ein Ende in Raten

Chemische Kühlmittel für Auto-Klimaanlagen stehen vor dem Aus. Beim neuen Mittel R1234yf wurde eine Brandgefahr festgestellt, einige Autobauer lehnen das Produkt deswegen ab. Umweltschützer fordern schon lange ein Umstellen auf CO2. Ab 2017 sollen chemische Kältemittel ganz verboten werden.

Von Brigitte Scholtes | 27.08.2013
    Es geht um ein großes Geschäft: Weltweit gibt es nur zwei Hersteller, die das chemische Kältemittel herstellen - das sind die amerikanischen Konzerne Honeywell und Dupont. Sie bangen nun um ihr Monopol, erklärt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe:

    "Hier geht es um Milliardenverdienste pro Jahr. Denn die Entscheidung, auf ein natürliches Kältemittel wie CO2 zu setzen, was wir als Deutsche Umwelthilfe seit Langem fordern, führt dazu, dass eine Produktgruppe komplett verschwindet, nämlich die Produktgruppe chemischer Kältemittel. Und daran hat natürlich ein Unternehmen wie Honeywell überhaupt kein Interesse. Die möchten natürlich weiter chemische Kältemittel verkaufen, egal wie es heißt, Hauptsache, es ist eine chemische Formel und ein Produkt, das sie irgendwo auf der Welt für viel Geld herstellen können."

    Etwa zehn Milliarden Euro werden, so schätzt man, im Jahr mit chemischen Kältemitteln umgesetzt. Dabei war die deutsche Autoindustrie schon vor 14 Jahren so weit, dass sie eigentlich auf natürliche Kältemittel umrüsten wollte, sie hatte sich schon auf CO2 geeinigt. Dann aber habe es plötzlichen von den amerikanischen Chemiekonzernen Honeywell und Dupont die neue Entwicklung des Kältemittels R1234yf gegeben, das den Klimaanforderungen entsprach. Während das alte Kältemittel R 134 a nämlich die Umwelt gut 1400-mal so stark schädigt wie Kohlendioxid, ist dieser Faktor bei dem neuen chemischen Mittel nur 150. Der große Vorteil: Das neue Mittel konnte ohne Weiteres in die alten Anlagen eingefüllt werden, während bei der Verwendung von CO2 neue Anlagen benötigt werden, die festere Leitungen erfordern. Das bedeutet also Mehrkosten, die die Autoindustrie gern vermieden hat, meint Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe:

    "Deswegen rechnen wir mit ungefähr 100 Euro Mehrkosten im ersten Jahr für eine CO2-Kälteanlage. Wenn ein Autohersteller zwei Millionen Fahrzeuge herstellt, dann sind das natürlich schnell einmal hohe Beträge. Wir haben dann sofort 100, 200 Millionen Mehrkosten. Deswegen versucht eben die Automobilindustrie im Moment bis zum Jahr 2017 zu kommen. Ab 2017 sind für Alt- wie für Neufahrzeuge diese chemischen Kältemittel, wie sie heute eingesetzt werden, nicht mehr zulässig."

    Dann aber kam eben die Sicherheitsüberprüfung durch Daimler, die die Brandgefahr des neuen chemischen Kältemittels feststellte. Das ändert die Lage nicht nur für Daimler, sagt Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach:

    "Man hört einerseits von Toyota, die sich öffentlich gegen dieses neue Kältemittel entschieden haben, aber auch unter der Hand von anderen deutschen Herstellern, dass man hier nach Alternativen sucht und CO2 möglicherweise das neue Kältemittel der Zukunft sein wird."

    Es scheint so, als seien die Tage der chemischen Kältemittel gezählt. Von 2017 an darf das alte R134 a ohnehin nicht mehr eingesetzt werden. Dann wird es wohl CO2 werden, denn das scheint sich nun auch in den USA durchzusetzen. Die Erkenntnisse der deutschen Autoindustrie wirken bis dahin. Autoexperte Bratzel:

    "Günstig wird es sicherlich für die Hersteller nicht. Aber man darf nicht vergessen: Das sicherheitsrelevante Thema ist ja auch sehr medienrelevant und insofern auch kunden- und verkaufsrelevant. Insofern glaube ich nicht, dass man längerfristig auf ein Klimamittel setzen wird, dass so negativ in der Öffentlichkeit stand."

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