Dirk Müller: 50 Milliarden sollen es insgesamt sein im Konjunkturpaket II - Steuersenkungen, Abgabensenkungen, Kinderbonus, Abwrackprämie. Gut 17 Milliarden sollen als direkte Investitionen in die Infrastruktur fließen - in Schulen und Kindergärten, in Universitäten und Krankenhäuser, in Straßen und Schienen sowie in schnellere Internet-Netze. Was heißt das in der Praxis? Was können die Kommunen damit anfangen? - Gerhard Langemeyer ist Oberbürgermeister von Dortmund (SPD) und zugleich stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Städtetages. Guten Morgen!
Gerhard Langemeyer: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Langemeyer, kann die Stadt Dortmund jetzt die Mittelstreifen auf den Straßen wieder neu weißen?
Langemeyer: Ich glaube nicht. Es geht nicht um die Kleinigkeiten, sondern es geht darum, dass ein Investitionsstau bei vielen Kommunen uns eigentlich dazu motiviert, sofort in großem Stil dort einzusteigen. Der Berliner Kompromiss sagt ja ganz deutlich, es gibt zwei Schwerpunkte, auf die gesetzt werden soll. Das erste: Maßnahmen für die Bildung. Wir müssen bei Kindergärten, wir müssen bei Schulen vor allem energetisch sanieren, damit wir auch gleichzeitig Betriebskosten sparen. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass neue Angebote, die gefordert werden, wie etwa der Ausbau zum Ganztag, auch baulich dargestellt wird.
Das zweite bei der Infrastruktur. In der Tat: wir haben vieles, was erneuert werden muss. Bei den Straßen geht es nicht nur darum, die Teerdecken wieder zu erneuern, sondern es geht auch darum, den Lärm zu mindern. Inzwischen hat uns die Europäische Kommission aufgefordert, hier zur Verminderung des Lärms etwas zu tun, und dazu fehlen uns bislang die Mittel. Das kann hier helfen. Also: die beiden Schwerpunkte Infrastruktur und Bildung hat uns die Berliner Politik aufgegeben und wir sind sicherlich in der Lage, das schnell und zügig umzusetzen.
Müller: Aber wie viel Geld brauchen Sie und wie viel Geld bekommen Sie?
Langemeyer: Was wir dort bekommen? Ich habe es mal versucht, auf meine Stadt herunterzurechnen. Wenn das nach dem üblichen Schlüssel geht, werden in Dortmund etwa 60 Millionen Euro ankommen, verteilt auf zwei Jahre. Wenn ich das in Relation setze: Wir geben alleine für Schulen bei uns in jedem Jahr 58 Millionen für Investitionen aus. Das heißt, es ist ein bescheidener Betrag, der oben draufgelegt wird, aber der große Wirkung erzielen kann, denn mit dem Paket ist gleichzeitig festgelegt, dass die Vergabegrenzen nach oben gelegt werden. Man kann also, wenn man sich darauf einstellt, sehr kleine und überschaubare Maßnahmen definieren, die dann sehr schnell beim örtlichen Handwerk ankommen. Ich glaube, das ist ein Hauptziel, das wir im Auge behalten müssen. Es geht darum, in erster Linie dafür zu sorgen, dass durch die Investitionsmittel Arbeitsplätze erhalten werden.
Müller: Aber das ist bislang, Herr Langemeyer, wenn wir das richtig verstanden haben, ja nur ein Versprechen, das Vergabeverfahren beschleunigen zu können, oder können Sie das schon?
Langemeyer: Das steht in dem Berliner Papier mit drin. Wenn man es von vorne bis hinten liest, dann kann man sagen, da sind die Eckpunkte vereinbart. Wenn das jetzt in Gesetzesform gegossen wird und dann tatsächlich am 13. Februar im Bundestag beschlossen wird, dann bin ich ganz zufrieden. Die Einigung der Koalitionsfraktionen auf diese Punkte ist schon ein erheblicher Schritt nach vorne.
Müller: Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Eine Schule, eine Grundschule in Dortmund zu sanieren, neu zu gestalten, wann kann das beginnen?
Langemeyer: Das kann im Grunde dann beginnen, wenn wir die Mitteilung aus Düsseldorf, das heißt vom Land bekommen, dass Gelder bereitstehen. Unsere Hoffnung als Kommunen ist, dass wir das als Investitionspauschale kriegen, so wie das im Gemeindefinanzierungsgesetz auch möglich ist. Wenn wir eine Pauschale kriegen, müssen wir nicht für eine Einzelmaßnahme einen Antrag stellen, ein langes bürokratisches Verfahren durchlaufen, um das dann zu realisieren, sondern wir können einfach unsere Prioritätenliste aus der Schublade ziehen, die wir ja schon seit langem haben, und können sagen okay, die Fenster in der Grundschule XY, die werden wir jetzt sofort erneuern, der Auftrag geht raus.
Müller: Sie sagen, sobald Sie dieses Signal aus Düsseldorf bekommen. Über welchen Zeitraum reden wir?
Langemeyer: Die Spekulation über den ganzen Gesetzgebungsweg sagt, dass wir wahrscheinlich erst in einem halben Jahr voll verfügbar tätig werden können. Das ist aber insofern kein Problem, als wir auch intern in den Kommunen Vorläufe brauchen, um die Aufträge vorzubereiten.
Müller: Helfen Sie uns auch in dem Punkt weiter, Herr Langemeyer. Es war viel in den vergangenen Monaten und Jahren ja auch über die Richtlinien diskutiert worden. Das heißt, welche Unternehmen können einbezogen werden. Macht das Sinn, nicht Dortmunder Unternehmen damit zu beauftragen?
Langemeyer: Das Vergaberecht ist vernünftig. Es sorgt dafür, dass alle am Wirtschaftsleben beteiligten sich angemessen in den Wettbewerb begeben können. Das ist auf der einen Seite notwendig. Auf der anderen Seite: wenn die Vergabegrenzen sehr niedrig liegen, dann ist damit auch ein sehr hoher Aufwand verbunden, vor allen Dingen auch ein zeitlicher Aufwand. Wenn es darum geht, im Interesse der Konjunktur noch in diesem Jahr volle Wirkung zu entfalten, dann müssen wir einfach auf das Thema Schnelligkeit setzen. Das hat augenscheinlich die Bundesebene erkannt.
Müller: Muss der Fensterauftrag für die Schule ausgeschrieben werden?
Langemeyer: Wenn er unterhalb der eine Million liegt, dann muss er nicht ausgeschrieben werden. Dann kann er sozusagen nach Einholung von Angeboten vergeben werden.
Müller: Bei 60 Millionen könnten Sie dann 60 Projekte starten, die sofort umgesetzt werden können?
Langemeyer: Das ist der Punkt und insofern: ich habe gestern bei mir im Verwaltungsvorstand die ersten Arbeitsaufträge erteilt. Ich habe die betroffenen Dezernate aufgefordert, Maßnahmepakete zu definieren, wo wir besonders schnell und zügig umsetzen können.
Müller: Kommen wir noch einmal auf Ihre erste Analyse zurück. Sie sagen, es ist ein bescheidener Umfang. Ist es in Wirklichkeit nicht kläglich?
Langemeyer: Ich freue mich über jeden Euro, den wir da einsetzen können. Aber wenn ich das etwas spiegele vor dem Hintergrund des Sanierungsbedarfes alleine im Dortmunder Klinikum; dort haben wir einen Investitionsstau von mehr als 200 Millionen. Wir hoffen, aus dem jetzigen Paket davon 10 Millionen decken zu können. Dann ist das eben sozusagen nur ein vorübergehender kleiner Verstärkungseffekt.
Müller: Hat der Bund, haben die Länder die Kommunen im Stich gelassen?
Langemeyer: Die Gemeindefinanzen sind notorisch unterfinanziert. Das kann man einfach daran ablesen, dass etwa in Nordrhein-Westfalen, vor allem im Kernbereich des Ruhrgebietes, es eine absolute Ausnahme ist, wenn eine Kommune nicht in der Haushaltssicherung sich befindet. Das liegt also nicht an örtlichem Unvermögen, sondern liegt einfach schlicht und ergreifend daran, dass die Lasten, die die Kommunen zu schultern haben, nicht mit einer angemessenen Finanzausstattung verbunden sind. Wir haben über die Gemeindefinanzreform geredet. Wir haben auch da den einen oder anderen Erfolg erzielt, etwa bei der Gewerbesteuer. Auf der anderen Seite hat uns - das ist jetzt wieder Nordrhein-Westfalen - das Land Nordrhein-Westfalen planmäßig wieder Mittel entzogen.
Müller: Ärgert Sie das, Herr Langemeyer - die Diskussion müssen wir auch noch kurz führen, zumindest in einer Frage -, dass viel Geld in den Osten fließt, aber wenig in die westdeutschen Städte?
Langemeyer: Ja. Wir finanzieren ja über die kommunalen Haushalte den Solidarbeitrag Ost aus Krediten. Diese Kredite fehlen uns für die eigenen Aufwendungen. Ich bin sehr dafür, dass man Solidarität übt und dass man einen Ausgleich vornimmt. Dann muss man aber auch die Leistungsfähigkeit beurteilen und insofern finde ich es richtig, dass die Frage des Finanztransfers auch beurteilt wird nicht nach der Himmelsrichtung, sondern nach der Bedürftigkeit.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk Gerhard Langemeyer (SPD), Oberbürgermeister von Dortmund. Danke für das Gespräch.
Langemeyer: Ich danke auch.
Gerhard Langemeyer: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Langemeyer, kann die Stadt Dortmund jetzt die Mittelstreifen auf den Straßen wieder neu weißen?
Langemeyer: Ich glaube nicht. Es geht nicht um die Kleinigkeiten, sondern es geht darum, dass ein Investitionsstau bei vielen Kommunen uns eigentlich dazu motiviert, sofort in großem Stil dort einzusteigen. Der Berliner Kompromiss sagt ja ganz deutlich, es gibt zwei Schwerpunkte, auf die gesetzt werden soll. Das erste: Maßnahmen für die Bildung. Wir müssen bei Kindergärten, wir müssen bei Schulen vor allem energetisch sanieren, damit wir auch gleichzeitig Betriebskosten sparen. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass neue Angebote, die gefordert werden, wie etwa der Ausbau zum Ganztag, auch baulich dargestellt wird.
Das zweite bei der Infrastruktur. In der Tat: wir haben vieles, was erneuert werden muss. Bei den Straßen geht es nicht nur darum, die Teerdecken wieder zu erneuern, sondern es geht auch darum, den Lärm zu mindern. Inzwischen hat uns die Europäische Kommission aufgefordert, hier zur Verminderung des Lärms etwas zu tun, und dazu fehlen uns bislang die Mittel. Das kann hier helfen. Also: die beiden Schwerpunkte Infrastruktur und Bildung hat uns die Berliner Politik aufgegeben und wir sind sicherlich in der Lage, das schnell und zügig umzusetzen.
Müller: Aber wie viel Geld brauchen Sie und wie viel Geld bekommen Sie?
Langemeyer: Was wir dort bekommen? Ich habe es mal versucht, auf meine Stadt herunterzurechnen. Wenn das nach dem üblichen Schlüssel geht, werden in Dortmund etwa 60 Millionen Euro ankommen, verteilt auf zwei Jahre. Wenn ich das in Relation setze: Wir geben alleine für Schulen bei uns in jedem Jahr 58 Millionen für Investitionen aus. Das heißt, es ist ein bescheidener Betrag, der oben draufgelegt wird, aber der große Wirkung erzielen kann, denn mit dem Paket ist gleichzeitig festgelegt, dass die Vergabegrenzen nach oben gelegt werden. Man kann also, wenn man sich darauf einstellt, sehr kleine und überschaubare Maßnahmen definieren, die dann sehr schnell beim örtlichen Handwerk ankommen. Ich glaube, das ist ein Hauptziel, das wir im Auge behalten müssen. Es geht darum, in erster Linie dafür zu sorgen, dass durch die Investitionsmittel Arbeitsplätze erhalten werden.
Müller: Aber das ist bislang, Herr Langemeyer, wenn wir das richtig verstanden haben, ja nur ein Versprechen, das Vergabeverfahren beschleunigen zu können, oder können Sie das schon?
Langemeyer: Das steht in dem Berliner Papier mit drin. Wenn man es von vorne bis hinten liest, dann kann man sagen, da sind die Eckpunkte vereinbart. Wenn das jetzt in Gesetzesform gegossen wird und dann tatsächlich am 13. Februar im Bundestag beschlossen wird, dann bin ich ganz zufrieden. Die Einigung der Koalitionsfraktionen auf diese Punkte ist schon ein erheblicher Schritt nach vorne.
Müller: Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Eine Schule, eine Grundschule in Dortmund zu sanieren, neu zu gestalten, wann kann das beginnen?
Langemeyer: Das kann im Grunde dann beginnen, wenn wir die Mitteilung aus Düsseldorf, das heißt vom Land bekommen, dass Gelder bereitstehen. Unsere Hoffnung als Kommunen ist, dass wir das als Investitionspauschale kriegen, so wie das im Gemeindefinanzierungsgesetz auch möglich ist. Wenn wir eine Pauschale kriegen, müssen wir nicht für eine Einzelmaßnahme einen Antrag stellen, ein langes bürokratisches Verfahren durchlaufen, um das dann zu realisieren, sondern wir können einfach unsere Prioritätenliste aus der Schublade ziehen, die wir ja schon seit langem haben, und können sagen okay, die Fenster in der Grundschule XY, die werden wir jetzt sofort erneuern, der Auftrag geht raus.
Müller: Sie sagen, sobald Sie dieses Signal aus Düsseldorf bekommen. Über welchen Zeitraum reden wir?
Langemeyer: Die Spekulation über den ganzen Gesetzgebungsweg sagt, dass wir wahrscheinlich erst in einem halben Jahr voll verfügbar tätig werden können. Das ist aber insofern kein Problem, als wir auch intern in den Kommunen Vorläufe brauchen, um die Aufträge vorzubereiten.
Müller: Helfen Sie uns auch in dem Punkt weiter, Herr Langemeyer. Es war viel in den vergangenen Monaten und Jahren ja auch über die Richtlinien diskutiert worden. Das heißt, welche Unternehmen können einbezogen werden. Macht das Sinn, nicht Dortmunder Unternehmen damit zu beauftragen?
Langemeyer: Das Vergaberecht ist vernünftig. Es sorgt dafür, dass alle am Wirtschaftsleben beteiligten sich angemessen in den Wettbewerb begeben können. Das ist auf der einen Seite notwendig. Auf der anderen Seite: wenn die Vergabegrenzen sehr niedrig liegen, dann ist damit auch ein sehr hoher Aufwand verbunden, vor allen Dingen auch ein zeitlicher Aufwand. Wenn es darum geht, im Interesse der Konjunktur noch in diesem Jahr volle Wirkung zu entfalten, dann müssen wir einfach auf das Thema Schnelligkeit setzen. Das hat augenscheinlich die Bundesebene erkannt.
Müller: Muss der Fensterauftrag für die Schule ausgeschrieben werden?
Langemeyer: Wenn er unterhalb der eine Million liegt, dann muss er nicht ausgeschrieben werden. Dann kann er sozusagen nach Einholung von Angeboten vergeben werden.
Müller: Bei 60 Millionen könnten Sie dann 60 Projekte starten, die sofort umgesetzt werden können?
Langemeyer: Das ist der Punkt und insofern: ich habe gestern bei mir im Verwaltungsvorstand die ersten Arbeitsaufträge erteilt. Ich habe die betroffenen Dezernate aufgefordert, Maßnahmepakete zu definieren, wo wir besonders schnell und zügig umsetzen können.
Müller: Kommen wir noch einmal auf Ihre erste Analyse zurück. Sie sagen, es ist ein bescheidener Umfang. Ist es in Wirklichkeit nicht kläglich?
Langemeyer: Ich freue mich über jeden Euro, den wir da einsetzen können. Aber wenn ich das etwas spiegele vor dem Hintergrund des Sanierungsbedarfes alleine im Dortmunder Klinikum; dort haben wir einen Investitionsstau von mehr als 200 Millionen. Wir hoffen, aus dem jetzigen Paket davon 10 Millionen decken zu können. Dann ist das eben sozusagen nur ein vorübergehender kleiner Verstärkungseffekt.
Müller: Hat der Bund, haben die Länder die Kommunen im Stich gelassen?
Langemeyer: Die Gemeindefinanzen sind notorisch unterfinanziert. Das kann man einfach daran ablesen, dass etwa in Nordrhein-Westfalen, vor allem im Kernbereich des Ruhrgebietes, es eine absolute Ausnahme ist, wenn eine Kommune nicht in der Haushaltssicherung sich befindet. Das liegt also nicht an örtlichem Unvermögen, sondern liegt einfach schlicht und ergreifend daran, dass die Lasten, die die Kommunen zu schultern haben, nicht mit einer angemessenen Finanzausstattung verbunden sind. Wir haben über die Gemeindefinanzreform geredet. Wir haben auch da den einen oder anderen Erfolg erzielt, etwa bei der Gewerbesteuer. Auf der anderen Seite hat uns - das ist jetzt wieder Nordrhein-Westfalen - das Land Nordrhein-Westfalen planmäßig wieder Mittel entzogen.
Müller: Ärgert Sie das, Herr Langemeyer - die Diskussion müssen wir auch noch kurz führen, zumindest in einer Frage -, dass viel Geld in den Osten fließt, aber wenig in die westdeutschen Städte?
Langemeyer: Ja. Wir finanzieren ja über die kommunalen Haushalte den Solidarbeitrag Ost aus Krediten. Diese Kredite fehlen uns für die eigenen Aufwendungen. Ich bin sehr dafür, dass man Solidarität übt und dass man einen Ausgleich vornimmt. Dann muss man aber auch die Leistungsfähigkeit beurteilen und insofern finde ich es richtig, dass die Frage des Finanztransfers auch beurteilt wird nicht nach der Himmelsrichtung, sondern nach der Bedürftigkeit.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk Gerhard Langemeyer (SPD), Oberbürgermeister von Dortmund. Danke für das Gespräch.
Langemeyer: Ich danke auch.