Doris Simon: Am Telefon ist nun Helmut Thoma, er kommt aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber in Deutschland ist er der Mann, der RTL aufgebaut hat zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten für die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen. Herr Thoma, nach all den Skandalen um Schleichwerbung und Sonderverträge wie mit Jan Ulrich, konnte denn die ARD da eigentlich anders als bei Günter Jauch, wo jeder ganz genau hinschaut, auf ganz klaren Verhältnissen zu bestehen?
Helmut Thoma: Also der Auffassung bin ich nicht. Man hätte sehr wohl auf klare Verhältnisse bestehen können, aber diese ellenlange Diskussion, wo sich alle möglichen Menschen eingemischt haben, ob kompetent oder inkompetent, die war natürlich quälend.
Simon: Sie sagen, ellenlange Diskussion, aber warum sollte man Günter Jauch Sonderkonditionen einräumen. Andere Moderatoren dürfen ja zum Beispiel auch nicht gleichzeitig im privaten und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auftreten.
Thoma: Na ja, also wenn ich mir das so anschaue, so ganz strikt wird das ja auch nicht gehalten. Es soll ja jetzt abgestellt worden sein, aber immerhin der Herr Kerner ist ja für den Atkiengang beziehungsweise für den Aktienkauf von Air Berlin aufgetreten und, und, und. Gottschalk macht ja auch einiges von Gummibärchen bis, glaube ich, irgendwelche Versicherungen, was soll das eigentlich? Ich meine, wenn man so einen Star, und das ist Jauch geworden, also im Grunde der universellste Moderator, den Deutschland hat, holen möchte und wirklich einen guten Coup gelandet hat damit, dann kann man das doch nicht in einer ellenlangen, wie ich schon sagte, Diskussion zerreden, bis der entnervt sozusagen das Ganze hinschmeißt. Das ist doch eine Blamage sondergleichen.
Simon: Sie nennen gerade den Fall Kerner, aber das ZDF hat genau deswegen dauernd Ärger. Wieso sollte sich die ARD auf noch so einen Fall einlassen?
Thoma: Na ja, gut, also noch so einen Fall, ich meine, man kann alles mit ihm vereinbaren, das wäre, glaube ich, nicht der entscheidende Punkt, das haben wir von Anfang gesagt, so viel Werbung macht der Jauch gar nicht, und bei Jauch ist es noch so, dass er die Werbeerlöse, zumindest sagt er das, ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, auch für karitative Zwecke ausgibt. Ich meine, das spielt jetzt nicht die große Rolle, aber es ist jedenfalls jemand, der nicht dauernd in der Werbung ist, sondern das kann man natürlich regeln, und wenn man so einen Star einkaufen möchte, dann muss man gewisse Bedingungen einhalten. Das kann man sich vereinbaren, dann muss man es halt abgelten, aber ich glaube, dass das eine Riesenchance gewesen wäre für die ARD, jemanden von dieser hohen Kompetenz zu bekommen, der also dann Frau Christiansen nicht nur ersetzen, sondern, ich würde fast sagen, übertreffen kann und damit eine große politische Sendung starten könnte. Also das vergeben zu haben ist, glaube ich, schon schade. Ich bin heilfroh, dass er bei RTL geblieben ist, ich habe ihn ja damals zu RTL geholt, und der hat sich ganz toll entwickelt.
Simon: Glauben Sie, dass bei der ARD alle wirklich von Anfang an scharf waren auf den Moderator Günter Jauch, oder dass sich erst im Laufe der Zeit gezeigt hat, wie unterschiedlich die Meinungen waren über diesen Einkauf?
Thoma: Ich glaube, dass da das Übliche entstanden ist, da gönnt der eine dem andern nichts. Das war ein großer Erfolg für einige Intendanten, und darum haben sich die anderen sozusagen geärgert, das ihnen das nicht gelungen ist, und dann wurde es in einer wirklich seltsamen Form zerredet. So eine Kakophonie von irgendwelchen Äußerungen, da links, da rechts, der eine ist einverstanden, der nächste nicht, also dass der Jauch so lange zugeschaut hat, hat mich eh gewundert.
Simon: Glauben Sie, dass nur Günter Jauch die Lust verloren hat oder hat auch die ARD so ganz zum Schluss die Lust an diesem Deal verloren?
Thoma: Ich glaube, dass primär Jauch die Lust verloren hat, denn ich meine, es wäre auf jeden Fall ein gewaltiger Gewinn gewesen, es gibt niemanden vergleichbaren momentan. Das muss erst wieder aufgebaut werden. Ich meine, wer glücklich sein muss, ist RTL, das ist klar, nur die werden ihn jetzt höchstwahrscheinlich auch nicht so weitermachen können wie bisher, sondern sie werden dem auch irgendwelche politischen Talkrunden und was immer geben müssen, was er ja machen möchte, um ihn zu halten. Das war jemand, der eine Spitze erreicht hat, in der er es faktisch sich das aussuchen kann, und wenn man das hat, es ist in der selben Liga, vielleicht sogar etwas höher wie Gottschalk, dann muss man sozusagen gewisse Bedingungen eingehen, und das wussten die in der ARD, die mit ihm verhandelt haben.
Simon: Günter Jauch, Sie haben es angesprochen, ist ein sehr beliebter Moderator, aber jetzt klingt das bei manchen, als ob das wirklich ein Drama ist. Ist das denn ein Drama, hätte nicht zum Beispiel auch die Arbeit bei Günter Jauch bisher bei RTL, zum Beispiel die Quizformate, die er gemacht hat, hätten die nicht seine Arbeit in der Talkshow überschattet?
Thoma: Na ja, es war für alle Beteiligten, glaube ich, klar, dass, wenn er das auch macht, der hat ja dort laufende Verträge, das wussten auch alle, dass er das eine Zeit lang machen würde und dass das aber sicher eine Angelegenheit würde, die dann in die eine oder andere Richtung entschieden würde und höchstwahrscheinlich in die Richtung der ARD. Man wollte ihm sogar ein zweites Format geben, damit er beispielsweise Stern TV aufgibt, und ich glaube, da wäre sicher ein Kompromiss möglich gewesen. Ich meine, deswegen wird die ARD nicht untergehen, das ist klar, aber es ist schon ein gewaltiger Prestigeverlust.
Simon: Ein gewaltiger Verlust für die ARD. Die ARD hat noch bis September Zeit, einen Nachfolger zu suchen für die Sendung, für Sabine Christiansen. Hand aufs Herz, es gibt auch Eigengewächse, gute, wie zum Beispiel Frank Plasberg.
Thoma: Frank Plasberg ist sicher sehr, sehr gut. Frank Plasberg ist sicher eines der ganz großen Talente. Nur: Er hat natürlich noch nicht die Strahlkraft und die Popularität, die ein Jauch hat. Ja klar, aber wenn man so argumentiert, hätte man auch keinen Beckmann holen dürfen. Ich meine, das ist inzwischen das Gesetz dieser Medien, dass hier einer aufbaut, der andere holt ihn, dann geht er dort wieder zurück, das ist ja überall so, das ist ja nicht etwas spezielles Deutsches. Nur, wenn man dann einmal einen Star hat, die sind auch sehr selten, dann muss man sehr pfleglich mit so jemandem umgehen.
Helmut Thoma: Also der Auffassung bin ich nicht. Man hätte sehr wohl auf klare Verhältnisse bestehen können, aber diese ellenlange Diskussion, wo sich alle möglichen Menschen eingemischt haben, ob kompetent oder inkompetent, die war natürlich quälend.
Simon: Sie sagen, ellenlange Diskussion, aber warum sollte man Günter Jauch Sonderkonditionen einräumen. Andere Moderatoren dürfen ja zum Beispiel auch nicht gleichzeitig im privaten und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auftreten.
Thoma: Na ja, also wenn ich mir das so anschaue, so ganz strikt wird das ja auch nicht gehalten. Es soll ja jetzt abgestellt worden sein, aber immerhin der Herr Kerner ist ja für den Atkiengang beziehungsweise für den Aktienkauf von Air Berlin aufgetreten und, und, und. Gottschalk macht ja auch einiges von Gummibärchen bis, glaube ich, irgendwelche Versicherungen, was soll das eigentlich? Ich meine, wenn man so einen Star, und das ist Jauch geworden, also im Grunde der universellste Moderator, den Deutschland hat, holen möchte und wirklich einen guten Coup gelandet hat damit, dann kann man das doch nicht in einer ellenlangen, wie ich schon sagte, Diskussion zerreden, bis der entnervt sozusagen das Ganze hinschmeißt. Das ist doch eine Blamage sondergleichen.
Simon: Sie nennen gerade den Fall Kerner, aber das ZDF hat genau deswegen dauernd Ärger. Wieso sollte sich die ARD auf noch so einen Fall einlassen?
Thoma: Na ja, gut, also noch so einen Fall, ich meine, man kann alles mit ihm vereinbaren, das wäre, glaube ich, nicht der entscheidende Punkt, das haben wir von Anfang gesagt, so viel Werbung macht der Jauch gar nicht, und bei Jauch ist es noch so, dass er die Werbeerlöse, zumindest sagt er das, ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, auch für karitative Zwecke ausgibt. Ich meine, das spielt jetzt nicht die große Rolle, aber es ist jedenfalls jemand, der nicht dauernd in der Werbung ist, sondern das kann man natürlich regeln, und wenn man so einen Star einkaufen möchte, dann muss man gewisse Bedingungen einhalten. Das kann man sich vereinbaren, dann muss man es halt abgelten, aber ich glaube, dass das eine Riesenchance gewesen wäre für die ARD, jemanden von dieser hohen Kompetenz zu bekommen, der also dann Frau Christiansen nicht nur ersetzen, sondern, ich würde fast sagen, übertreffen kann und damit eine große politische Sendung starten könnte. Also das vergeben zu haben ist, glaube ich, schon schade. Ich bin heilfroh, dass er bei RTL geblieben ist, ich habe ihn ja damals zu RTL geholt, und der hat sich ganz toll entwickelt.
Simon: Glauben Sie, dass bei der ARD alle wirklich von Anfang an scharf waren auf den Moderator Günter Jauch, oder dass sich erst im Laufe der Zeit gezeigt hat, wie unterschiedlich die Meinungen waren über diesen Einkauf?
Thoma: Ich glaube, dass da das Übliche entstanden ist, da gönnt der eine dem andern nichts. Das war ein großer Erfolg für einige Intendanten, und darum haben sich die anderen sozusagen geärgert, das ihnen das nicht gelungen ist, und dann wurde es in einer wirklich seltsamen Form zerredet. So eine Kakophonie von irgendwelchen Äußerungen, da links, da rechts, der eine ist einverstanden, der nächste nicht, also dass der Jauch so lange zugeschaut hat, hat mich eh gewundert.
Simon: Glauben Sie, dass nur Günter Jauch die Lust verloren hat oder hat auch die ARD so ganz zum Schluss die Lust an diesem Deal verloren?
Thoma: Ich glaube, dass primär Jauch die Lust verloren hat, denn ich meine, es wäre auf jeden Fall ein gewaltiger Gewinn gewesen, es gibt niemanden vergleichbaren momentan. Das muss erst wieder aufgebaut werden. Ich meine, wer glücklich sein muss, ist RTL, das ist klar, nur die werden ihn jetzt höchstwahrscheinlich auch nicht so weitermachen können wie bisher, sondern sie werden dem auch irgendwelche politischen Talkrunden und was immer geben müssen, was er ja machen möchte, um ihn zu halten. Das war jemand, der eine Spitze erreicht hat, in der er es faktisch sich das aussuchen kann, und wenn man das hat, es ist in der selben Liga, vielleicht sogar etwas höher wie Gottschalk, dann muss man sozusagen gewisse Bedingungen eingehen, und das wussten die in der ARD, die mit ihm verhandelt haben.
Simon: Günter Jauch, Sie haben es angesprochen, ist ein sehr beliebter Moderator, aber jetzt klingt das bei manchen, als ob das wirklich ein Drama ist. Ist das denn ein Drama, hätte nicht zum Beispiel auch die Arbeit bei Günter Jauch bisher bei RTL, zum Beispiel die Quizformate, die er gemacht hat, hätten die nicht seine Arbeit in der Talkshow überschattet?
Thoma: Na ja, es war für alle Beteiligten, glaube ich, klar, dass, wenn er das auch macht, der hat ja dort laufende Verträge, das wussten auch alle, dass er das eine Zeit lang machen würde und dass das aber sicher eine Angelegenheit würde, die dann in die eine oder andere Richtung entschieden würde und höchstwahrscheinlich in die Richtung der ARD. Man wollte ihm sogar ein zweites Format geben, damit er beispielsweise Stern TV aufgibt, und ich glaube, da wäre sicher ein Kompromiss möglich gewesen. Ich meine, deswegen wird die ARD nicht untergehen, das ist klar, aber es ist schon ein gewaltiger Prestigeverlust.
Simon: Ein gewaltiger Verlust für die ARD. Die ARD hat noch bis September Zeit, einen Nachfolger zu suchen für die Sendung, für Sabine Christiansen. Hand aufs Herz, es gibt auch Eigengewächse, gute, wie zum Beispiel Frank Plasberg.
Thoma: Frank Plasberg ist sicher sehr, sehr gut. Frank Plasberg ist sicher eines der ganz großen Talente. Nur: Er hat natürlich noch nicht die Strahlkraft und die Popularität, die ein Jauch hat. Ja klar, aber wenn man so argumentiert, hätte man auch keinen Beckmann holen dürfen. Ich meine, das ist inzwischen das Gesetz dieser Medien, dass hier einer aufbaut, der andere holt ihn, dann geht er dort wieder zurück, das ist ja überall so, das ist ja nicht etwas spezielles Deutsches. Nur, wenn man dann einmal einen Star hat, die sind auch sehr selten, dann muss man sehr pfleglich mit so jemandem umgehen.