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Ein Hoch auf die schottische Königin

Maria Stuart wird von vielen Schotten als grandios gescheiterte Heldin verehrt. Eine Ausstellung will die hingerichtete Königin von den vielen Legenden befreien und zeigen, dass das Schottland der Renaissance ein wichtiger Teil Europas war und sich kulturell und politisch hervorgetan hat.

Von Werner Bloch |
    Am Anfang steht der Schock. Wer die Ausstellung "Mary Queen of Scots" im Schottischen Nationalmuseum in Edinburgh besucht, der prallt am Eingang geradezu zurück vor diesem ganz in schwarz gehaltenen, monumentalen Gemälde mit barocker Überwältigungsästhetik. Was für eine Frau! 1,80 Meter ruhige Selbstgewissheit, perfekte Haltung, stoische Heiterkeit - Sekunden vor der eigenen Hinrichtung. Eine Königin, in ihrer schwersten Stunde, ganz in sich ruhend – das Stundenbuch in der einen Hand, das Kruzifix in der anderen. David Lasseron, Leiter der "schottischen Galerien" im Nationalen Museum von Schottland:

    "Dies ist das berühmte Bild eines unbekannten Malers, das Auftragswerk einer Augenzeugin, die bei der Hinrichtung dabei war. Das Gemälde wurde 20 Jahre nach der Exekution in Auftrag gegeben. Wenn Sie irgendein schottisches Schulmädchen danach fragen, wie Mary aussah, dann wird sie ihnen sagen: genau so. Diese Halskrause, das rotbraune Haar. Man sieht auf der linken Seite des Bildes die Szene der Exekution. Mary kniet da fast nackt, in einer Art rotem Mieder. Das ist die Farbe einer katholischen Märtyrerin - und so passt die Szene gut zu dem Arrangement von religiösen und politischen Bedeutungen."

    Eine Königin lässt man nicht hinrichten, so die Ethik der Zeit. Deshalb hatte die andere Königin, Elisabeth I. von England, auch so lange gezögert, das Todesurteil zu unterschreiben. Man muss dieses Bild als das lesen, was es ist: als eine Art Heiligenbild und politische Demonstration in einem. Vor allem, wenn man das mit Marys Wahlspruch verbindet, den sie in den 20 Jahren ihrer Gefangenschaft auf einen sehr langen Wandteppich stickte: "My end is my beginning". Nach ihrem Tod wurde Mary noch berühmter, als sie es vorher schon war, und triumphierte gleichsam posthum über ihre Rivalin Elisabeth, als Mutter von James VI., der als James I. König von England wurde und beide Reiche vereinigte.

    Das ist ein starkes Stück mit politischer Bedeutung. Denn in den Adern der heutigen Königsfamilie fließt auch noch schottisches Blut. "Mary Queen of Scots" ist eine umfangreiche, umfassende und sorgfältig erarbeitete Ausstellung, die erste große übrigens, die zu diesem Thema seit 1889 konzipiert wurde. Das Schottische Nationalmuseum in Edinburgh, das innerhalb kürzester Zeit nach seinem Umbau 2011 wieder zum weltweiten Leuchtturm der schottischen Kultur geworden ist, das in zwei Jahren über vier Millionen Besucher anzog und damit zu einem der erfolgreichsten Museen der Welt wurde – es hat für die aktuelle Ausstellung erlesene Schmuckstücke zusammengetragen, wie zum Beispiel die berühmten Darnley-Jewels mit ihren lebensfrohen Renaissancemotiven. Viele dieser Arbeiten befinden sich in Privatbesitz und waren bislang noch nie öffentlich zu sehen. Preziosen der Renaissancekunst, die Mary vom französischen Königshof mitgebracht hatte, wo sie vom fünften bis 18. Lebensjahr aufwuchs. Darunter auch viele Briefe und historische Dokumente, die Marys Schicksal besiegelten.

    Das Museum betont, ihm gehe es keineswegs um eine Glorifizierung Marys; man wolle zeigen, dass das Schottland der Renaissance ein wichtiger Teil Europas war und sich kulturell und politisch hervorgetan hat. Das Museum wolle Mary aus der "romantischen Kiste" herausholen, in der sie als grandios gescheiterte Heldin allzu lange steckte.

    Mary ist Schottlands Nationalheilige für die Welt, die bekannteste Schottin überhaupt. Und so verwundert es auch nicht, wenn sich Schottlands Nationalisten gern zu May bekennen. Die Kulturministerin des Kabinetts in Edinburgh, Fiona Hyslop:

    "Robert Burns, unser bekanntester Dichter, beschreibt Mary als die ‚verwundete‘ Königin der Schotten. Sie gilt als starke Herrscherin, trotz ihrer Fehler. Mary war international vernetzt, und wenn man die Geschichte einer starken Frau in einem romantischen Land erzählen will, dann erzählt uns die schottische Königin Mary diese Geschichte."