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Ein Jahr nach dem Amoklauf
Parkland-Bewegung bleibt unverstanden

Trauer- und Protestmärsche, Politiker am Pranger, und ein Versprechen des US-Präsidenten: Nach dem Amoklauf an einer High School in Parkland, Florida, war die Hoffnung der Aktivisten groß, dass endlich die Waffengesetze in den USA verschärft werden. Ein Jahr später herrscht Ernüchterung.

Von Thilo Kößler | 14.02.2019
    Dem Aufruf von Schülern der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland in Florida zu Demonstrationen für ein schärferes Waffenrecht in den USA sind Hunderttausende in den USA gefolgt.
    Hunderttausende folgten dem Aufruf von Schülern der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland zu Demonstrationen für ein schärferes Waffenrecht in den USA (imago / Michael Nigro)
    Columbine, 1999: 13 Tote. Sandy Hook, 2012: 26 Tote. Parkland, 14. Februar 2018: 17 Tote. Jeder dieser Ortsnamen steht für einen blutigen Amoklauf an einer amerikanischen Schule. Jeder dieser Gewaltakte hat sich ins kollektive Gedächtnis des Landes eingegraben. Jedes Mal wurden Rufe nach Konsequenzen laut. Doch erst nach Parkland wollen diese Rufe nicht mehr verstummen.
    Trauer und Massenprotest
    "Shame on you." - Die Schüler der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland, Florida, waren 15, 16, 17, 18 Jahre alt - ihre Tränen wurden zur Anklage. Und ihre Trauer zum Massenprotest. Sie skandierten: "Schämt Euch." Und ließen sich den Mund nicht mehr verbieten.
    "Shame on you." - Die Schülerin Emma Gonzales artikulierte in ihrer unvergesslichen Trauerrede den ganzen Zorn von Jugendlichen, die in amerikanischen Schulen Angst vor alltäglicher Waffengewalt haben müssen. Der Ruf nach strengeren Waffengesetzen will nach Emmas Rede im ganzen Land nicht mehr verstummen: "Wir rufen BS - bullshit - wenn ihr noch weiter behauptet, dass schärfere Waffengesetze nichts an der Waffengewalt ändern."
    Wir rufen BS, wenn Ihr noch weiter behauptet, dass nur ein guter Typ mit einer Waffe etwas gegen einen schlechten Typen mit einer Waffe ausrichten kann.
    Politiker am Pranger
    In Windeseile wurden aus Trauermärschen Protestmärsche. Die Schüler von Parkland organisierten sogenannte Walk-outs: Demonstrationen während des Unterrichts. Sie stiegen in Busse und gaben ihrer Fahrt an andere Schulen einen Namen: "The Road to change" - "Die Straße zum Wandel". Und sie organisierten den "March for our lives" nach Washington. Das ganze Land schien damals auf den Beinen.
    Die Politiker sahen sich an den Pranger gestellt, weil die Jugendlichen die Summen benannten, die sie von der NRA einstrichen, der mächtigen Waffenlobby, die korrupte Politiker schmiert und auch Donald Trump mit Millionenbeträgen im Wahlkampf unterstützt hat. Der Präsident versprach zunächst Abhilfe, also schärfere Waffengesetze. Die Anhebung des Mindestalters für erlaubten Waffenbesitz. Ein Verbot der Zusatzeinrichtungen, die aus halbautomatischen Waffen automatische Waffen machen.
    Präsident Trump knickt vor Waffenlobby ein
    Das war am 20. Februar letzten Jahres. Am 21. Februar traf sich Trump mit der Führungsspitze der NRA, die anschließend verkündete: Der Präsident spricht sich gegen schärfere Waffengesetz aus. "Wir hatten ein tolles Treffen", twitterte Trump. Und aus seiner Forderung nach schärferen Waffengesetzen wurde die Forderung nach Aufrüstung in den Schulen. Speziell ausgebildete Lehrer sollten künftig verdeckt Waffen tragen dürfen. Eine alte Forderung der NRA.
    Dessen Chef Wayne Lapierre schien die politische Agenda vorzugeben: Macht die Schulen sicherer, forderte er.

    Macht die Schulen sicherer, sekundierte wortgleich der Präsident.
    Kaum Konsequenzen nach Parkland
    Ein Jahr später haben immerhin 26 Staaten 67 Gesetze zur Verschärfung des Waffenrechts erlassen. Doch auf Bundesebene tritt der Präsident auf die Bremse – die Republikaner immer an seiner Seite. Nur das Verbot der sogenannten Bump Stocks, die halbautomatische Waffen zu Schnellfeuergewehren aufrüsten, hat Trump verabschiedet.
    Erst die Demokraten brachten mit ihrer neu gewonnenen Mehrheit im Repräsentantenhaus im Januar ein Gesetz auf den Weg, das das Mindestalter zum Erwerb von Schusswaffen anheben und jeden Kunden vor dem Kauf einer Waffe durchleuchten soll – auch im Internet. Dieses Gesetz wird aber, so die allgemeine Einschätzung, an der republikanischen Mehrheit im Senat scheitern.
    David Hogg, einer der Parkland-Aktivisten, glaubt nicht, dass die meisten Politiker im Kongress bereits begriffen haben, worum es den Jugendlichen der Parkland-Bewegung mit ihrer Forderung nach schärferen Waffengesetzen wirklich geht.