Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Ein Jahr nach Zika-Alarm
Vorerst scheint der Mikrozephalie-Ausbruch eingedämmt

Eine Zika-Erkrankung während der Schwangerschaft kann dazu führen, dass Kinder mit zu kleinen Köpfen zur Welt kommen, der sogenannten Mikrozephalie. Vor allem in Brasilien wurde vor einem Jahr Zika-Alarm ausgerufen. Die Zahl der Fälle ging nach einiger Zeit wieder zurück. Die Behandlung der erkrankten Kinder bleibt jedoch schwierig im maroden Gesundheitswesen.

Von Ivo Marusczyk | 13.03.2017
    Joao Batista hält am 20.01.2016 seine einen Monat alte Tochter Alice Vitoria in Recife (Brasilien) im Arm, die an Mikrozephalie erkrankt ist.
    An Mikrozephalie erkrankte Kinder haben einen zu kleinen Schädel. (dpa / picture-alliance / Rafael Fabres)
    Frauen sollten jetzt nicht schwanger werden. Die Armee zieht gegen Mücken-Brutstätten ins Feld. Müssen die Olympischen Spiele vielleicht abgesagt werden. Vor einem Jahr wurde in Brasilien - wie in vielen anderen tropischen Ländern Zika-Alarm ausgerufen.
    Studien konnten einen Zusammenhang zwischen den Zika-Virus und Mikrozephalie nachweisen. Eine Zika-Erkrankung während der Schwangerschaft kann dazu führen, dass Kinder mit viel zu kleinen Köpfen zur Welt kommen. Nach einigen Monaten ging die Zahl der Fälle plötzliche wieder zurück. Aber allein in Brasilien wurden rund 2.000 Fälle registriert, vor allem im armen Nordosten des Landes. Zum Beispiel im Bundesstaat Sergipe.
    Das Universitätskrankenhaus von Aracajú hat eine eigene Abteilung für Kinder mit Mikrozephalie eingerichtet. Die Kinder brauchen intensive medizinische Betreuung und vor allem Physiotherapie. Das verlangt den Müttern einiges ab. Luiza Sampaio spricht sehr liebevoll über ihre Tochter Sophia
    "Sie entwickelt sich ganz langsam - aber sie lernt Neues dazu. Sie macht Dinge, die sie früher nicht konnte. Sie kontrolliert den Hals besser, schaut jetzt schon öfter nach oben - früher hat sie immer nur nach unten geschaut. Sie entwickelt sich. Ein wenig, aber Gott sei dank ein wenig."
    Spezielle Behandlung für Kinder mit Mikrozephalie
    Und Josileni Tavares ist regelmäßig mit ihrer kleinen Tochter Rayane sechs Stunden im Bus unterwegs, um sie in Aracajú behandeln zu lassen.
    "Ich kümmere mich um sie, obwohl es mir selbst nicht gut geht. Ich arbeite nebenher noch. Für sie schaffe ich das. Sie verdient es, dass ich alles für sie tue. Sie hat mein Leben verändert, sie ist alles für mich."
    Das Problem ist aber das marode Gesundheitswesen. Manche Mütter bekommen Unterstützung vom Staat, wie Josileni, die im Landesinneren wohnt. In Aracajú selbst wäre die Stadt zuständig, die ist allerdings pleite und deswegen streiken die Ärzte häufig.
    "Die Regierung hier ist sehr langsam. Viele Kinder warten auf ihre Therapie oder auf Physiotherapie. Aber die Ärzte werden nicht bezahlt und streiken deswegen. Die Kinder stecken mitten in diesem Chaos, denn sie brauchen ja die Behandlung. Und deswegen machen sie keine Fortschritte."
    Und bis jetzt weiß noch niemand, wer sich um die Kinder kümmern soll, wenn sie älter werden - die Spezialstation kann nur Kinder bis drei Jahren behandeln. Die Kinderärztin Ana Jovina sagt:
    "Für die Mütter ist das sehr schwierig. Schauen Sie, was sie für Schwierigkeiten hat. Sie hat noch zwei Kinder aber sie kümmert sich sehr. Seit einem Jahr haben wir die Spezialstation für Mikrozephalie hier und am Anfang war es schwer, die Mütter haben ihr Schicksal nicht akzeptiert. Aber dann haben sie es angenommen, ohne den Mut zu verlieren. Sie sind jederzeit bereit, alles für die Kinder zu tun."
    Zika-Notstand aufgehoben
    Die gute Nachricht: Es gibt kaum noch neue Fälle. Im Oktober hat die Welt-Gesundheitsorganisation den Zika-Notstand wieder aufgehoben. Impfstoffe könnten auch bald verfügbar sein - aber vorerst scheint der Mikrozephalie-Ausbruch eingedämmt - obwohl das Zika-Virus nach wie vor grassiert. Warum, das ist nicht ganz klar.
    "Die Studien laufen weiter. Wir müssen noch viel über die Krankheit herausfinden. In den Medien ist es ruhiger geworden und die Zahl der neuen Fälle von Mikrozephalie ist auch drastisch gesunken. Im letzten Jahr gab es diese Explosion, hunderte Fälle. Aber im Lauf dieses Jahres haben die Fälle hier deutlich abgenommen."
    Über Zika wird kaum noch gesprochen. Die Aedes-Mücke, die das Virus verbreitet, kann auch andere Tropenkrankheiten übertragen, vor allem Dengue und Gelbfieber. Und diese Krankheiten bereiten Brasilien viel mehr Sorgen. Dengue, wegen der Schmerzen auch Knochenbrecher-Fieber genannt, sucht das Land immer wieder heim. Und in diesem Jahr gab es zum ersten Mal seit Langem auch wieder einen größeren Ausbruch von Gelbfieber. Mehr als 100 Todesfälle durch diese Tropenkrankheit sind bestätigt, aber bei mehr als doppelt so vielen Toten besteht der dringende Verdacht auf Gelbfieber.