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Ein Leben auf der Bühne

Noch mit über 90 Jahren stand sie auf der Bühne: Marianne Hoppe. Die Schauspielerin, die bereits zu Lebzeiten zur Theaterlegende wurde, debütierte mit 19 Jahren am Deutschen Theater, und ging später ans Preußische Staatstheater, wo sie mit ihrem damaligen Ehemann Gustaf Gründgens zu den Vorzeigekünstlern des Dritten Reichs gehörte.

Von Eva Pfister |
    "Sie haben Recht. Sie brauchen mich ja nicht mehr. Die Romanze ist keine unvollendete mehr - und eine Abschiedsmelodie ist sie auch geworden."

    Marianne Hoppe in der Rolle der unglücklichen Madeleine im Film "Romanze in Moll" von Helmut Käutner. 1943 war die Schauspielerin mit dem klaren Blick und der kühlen Ausstrahlung ein Star, nicht nur bei der UFA. Sie war damals am Preußischen Staatstheater Berlin engagiert bei Gustaf Gründgens, mit dem sie seit 1936 verheiratet war. Unter seiner Regie spielte sie unter anderem die Titelrollen in Lessings "Emilia Galotti" und "Minna von Barnhelm" sowie die "Effi Briest" in seinem Film "Der Schritt vom Wege".

    Gründgens spielte im Dritten Reich ein doppeltes Spiel: Er hofierte die Machthaber und versuchte doch, in seinem Haus einen freien Geist walten zu lassen

    "In seinem Theater fand das Dritte Reich nicht statt!","

    so befand Marianne Hoppe rückblickend. Auch sie fühlte sich dem Nationalsozialismus gegenüber immun, obwohl sie mit Gründgens zum kulturellen Aushängeschild des Dritten Reichs gehörte.

    Geboren wurde Marianne Hoppe am 26. April 1909 in Rostock. Sie wuchs auf dem elterlichen Gut im brandenburgischen Felsenhagen auf. Nach dem Besuch einer Höheren Handelsschule sollte sie sich 1928 in Berlin bei einer Bank bewerben, stattdessen fuhr sie zum Deutschen Theater.

    ""Ich habe bei Reinhardt dort vorgesprochen und wurde gleich angenommen…"

    …zunächst an der Schauspielschule, dann in einem ersten Engagement. Anschließend kam Marianne Hoppe nach Frankfurt am Main, zwei Jahre später an die Münchner Kammerspiele zu Otto Falckenberg. Hier spielte sie neben Stars wie Therese Giehse und Albert Bassermann, und erlebte eine kurze Liaison mit Ödön von Horváth.

    "Dieses Stück, 'L'inconnue de la Seine', das er gerade geschrieben hatte, wollte er, dass ich das spiele. Und da kamen die Nazis, und da wurde das Theater geschlossen. Und wir standen ja unter keinem sehr guten Ruf bei denen, und so weiter. Ja, das habe ich hier mitgemacht."

    Die Kammerspiele wurden genau genommen nicht geschlossen, sondern als städtisches Theater weitergeführt. Marianne Hoppe blieb unter Vertrag, bis sie im Sommer 1933 als Filmschauspielerin debütierte.

    Trotz ihrer Präsenz im Kulturleben des Dritten Reichs wurde sie 1945 von den Alliierten als "nicht belastet" eingestuft und war bald wieder auf der Bühne zu sehen: zuerst in Düsseldorf bei Gründgens, von dem sie mittlerweile geschieden war, 1950 wieder in Berlin. Am Schlossparktheater spielte sie die unglückliche Blanche DuBois in "Endstation Sehnsucht" von Tennessee Williams. Solche gebrochenen Frauenfiguren - "Knacksdamen", wie sie es selbst nannte - wurden ihr neues Rollenfach.

    Marianne Hoppe war eine herausragende Handwerkerin, deren schöne, etwas herbe Ausstrahlung von ihrer ausgefeilten Sprechkunst unterstützt wurde. Stets blieb sie neugierig auf neue Autoren und neue Ästhetiken.

    "Ich bin ein Mensch, der sich sehr gerne in der Gegenwart, überhaupt nur in der Gegenwart bewegt."

    Und so ließ sie sich im Alter von 80 Jahren darauf ein, in der Regie von Robert Wilson die Hauptrolle in Shakespeares "König Lear" zu spielen. Mit 84 Jahren wurde sie von Heiner Müller an das Berliner Ensemble engagiert und spielte unter anderem in seinem Stück "Das Quartett" die Marquise.

    "Warum sollte ich Sie hassen? Ich habe Sie nicht geliebt. Reiben wir unsere Felle aneinander. Ach, die Sklaverei der Leiber! Die Qual zu leben und nicht Gott zu sein! Ein Bewusstsein haben und keine Gewalt über die Materie!"

    Ihre große Liebe galt jedoch dem österreichischen Autor Thomas Bernhard, seit sie in "Die Jagdgesellschaft" die Generalin darstellte. Er schrieb für sie den Monolog "Am Ziel" - und in dem Wiener Skandalstück "Heldenplatz" war sie auch dabei.

    "Jeder Satz von ihm ist klar, und die Rücksichtslosigkeit, mit der er die Wahrheit ausspricht, ist ja sehr selten, und deshalb bin ich von ihm und von den Sachen, vor allen Dingen die er schreibt, so beeindruckt, dass sie mir eigentlich am liebsten sind - zu spielen und zu lesen."

    Marianne Hoppe starb am 23. Oktober 2002, im Alter von 93 Jahren.