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Ein Milliardär spielt Fußball

In Hoffenheim, dem 3300-Einwohner-Stadtteil von Sinsheim im Kraichgau, scheint die Zeit seit dem Bundesliga-Aufstieg stehengeblieben zu sein. An vielen Fassaden hängen noch immer unzählige blau-weiße Fähnchen, hier und da sind sogar komplette Hauswände in den Vereinsfarben von 1899 Hoffenheim gestrichen. Die Geschichte des vermeintlichen Dorfvereins Hoffenheim ist voll von erstaunlichen Erfolgsgeschichten - die jüngste und auch für viele Experten unglaublichste, war die vom Aufstieg in die Erste Fußballbundesliga. Dort wird sich der Verein in der heute Abend beginnenden Saison beweisen müssen.

Von Wolfgang Kessel | 15.08.2008
    Rückblende: 18. Mai 2008, im restlos ausverkauften Dietmar-Hopp-Stadion: Letztes Saisonspiel in der zweiten Liga gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth - nur ein Sieg macht für Hoffenheim den Traum vom Aufstieg wahr. Es wird ein Spaziergang: Endergebnis 5:0 - danach: grenzenloser Jubel der Fans:

    "Es ist einfach gigantisch, da muss man einfach die Stimmung hier erleben, Bombe, Mann, wir sind in der Bundesliga! / Ja, ich find's toll, dass Hoffenheim aufgestiegen ist, ein Riesenerfolg / Feiern, Feiern, Feiern, Trinken, Feiern. / Feines Gefühl, oder? - Hier im Kraichgau Erste Bundesliga nächstes Jahr, perfekt. Bayern kommt, Stuttgart, super! Wir freuen uns drauf, auf jeden Fall! / Also was hier entstanden ist, des ist natürlich unwahrscheinlich! / Das ist natürlich fantastisch, ja, ich meine: Erste Liga! Vor ein paar Jahren hat man von Hoffenheim noch nicht wirklich was gehört und deshalb find ich's toll, was hier auf die Beine gestellt wurde. / Super! Ganz tolles Gefühl! Ganz toll, ja, das ist die Krönung jetzt - für all die guten Leistungen, die sie immer gebracht haben. / Nie mehr zweite Liga, nie mehr, nie mehr."

    Noch ein Jahr zuvor hatte der Trainer des ehemaligen Zweitliga-Konkurrenten SC Freiburg, Robin Dutt, gesagt: Hoffenheim sei der einzige Verein, der dem FC Bayern München irgendwann gefährlich werden könne. - Darüber wurde damals noch gespottet. Heute lacht kaum noch jemand.

    Mit der Gemütlichkeit in Hoffenheim und der Kernstadt Sinsheim ist es jetzt wohl erst mal vorbei: Bisher hat Sinsheim eine überschaubare Zahl an Touristen angelockt. Die kamen vor allem wegen des Auto- und Technik-Museums und einiger Messen, wie die für Modell-Eisenbahn-Freunde oder Liebhaber von Auto-Hifi-Anlagen. Künftig, so glauben nicht wenige Sinsheimer, werden Massen von Fußballfans in die Stadt strömen, wenn alle zwei Wochen ein Heimspiel in der neuen Rhein-Neckar-Arena ansteht. Tatsächlich hat der Gemeinderat gleich neben dem Stadion ein Baugebiet für ein künftiges Gewerbegebiet abgenickt. Bürgermeister Achim Kessler:

    "Also die jüngste Erfahrung hat gezeigt, dass sehr viele Gewerbetreibende diese Adresse suchen, und auch an uns herangetreten sind: "Ihr seid doch Sinsheim, Hoffenheim, ist doch in der ersten Liga, da wird doch das Stadion gebaut, ist interessant für uns als Adresse."

    Vater des Hoffenheimer Erfolges ist für viele einzig und allein Mäzen Dietmar Hopp - der 68-jährige Unternehmer aus Heidelberg gründete 1972 den Software-Konzern SAP. Was damals als kleine "Garagen-Firma" begann, ist heute ein weltweit operierender Konzern für Unternehmens-Software mit Stammsitz in Walldorf, in dem über 40.000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Der Umsatz beträgt inzwischen über zehn Milliarden Euro pro Jahr. Bis vor drei Jahren saß Mitbegründer Hopp noch im Aufsichtsrat, seitdem kümmert er sich vor allem um seine Stiftung und seine finanziellen Engagements u.a. in Biotech- und IT-Unternehmen, medizinische Forschung und natürlich in sein Lieblings-Projekt: 1899 Hoffenheim. Der Grund ist die eigene Fußballvergangenheit: Als Jugendlicher stand er selbst im Hoffenheimer Trikot auf dem Platz, damals noch in der Kreisklasse:

    "In meiner Jugendzeit war Fußball der einzige Mannschaftssport, den man betreiben konnte, Fußball hat mich fasziniert von Beginn an, ist für mich heute noch die Sportart, die ich auch im Fernsehen am liebsten schaue, wenngleich ich sicher altersbedingt nur noch Golfen kann."

    Es wird erzählt, dass Hopp damals für jedes Tor als Prämie eine Dose Leberwurst bekam. Wie auch immer: Der Grundstein für eine lebenslange Liebe zum Verein war gelegt. Seit 1991 unterstützt Hopp seinen Heimatverein. Das Privatvermögen des gebürtigen Heidelbergers wird auf 6,3 Milliarden Euro geschätzt. Experten zufolge soll Hopp mindestens 100 Mio. Euro in den Klub investiert haben. Mit eitler Selbstdarstellung hat das aber wenig zu tun. Vergleiche mit dem russischen Ölmilliardärs Roman Abramowitsch verbittet sich Hopp. Sein Investment soll nachhaltig und zukunftsgerichtet sein. Von Abramowitschs Millionen profitiert Jahr für Jahr lediglich das Profiteam des englischen Premier-League-Clubs FC Chelsea. Hoffenheim-Manager Jan Schindelmeiser legt Wert auf eine klare Trennlinie:

    "... weil das dann wieder auch Vergleiche heranzieht, die einfach auch nicht passend sind - mit Abramowitsch und anderen Menschen, die sich in Vereine eingekauft haben. Herr Hopp ist hier aufgewachsen, er hat hier selbst Fußball gespielt, das heißt: Er hat eine hohe emotionale Bindung an diesen Klub und hat vor vielen, vielen Jahren, als dieser Verein noch in den untersten Gefilden beheimatet war, gesagt: OK, ich engagiere mich hier in meinem Heimatort. Aber wenn, dann machen wir das strategisch und Schwerpunkt soll sein: die Jugendarbeit in den Vordergrund zu stellen. Die gibt es immer noch, und zwar auf allerhöchstem Niveau - aber darüber hinaus dann natürlich auch eine erste Mannschaft, die im Laufe der Zeit auch höheren Ansprüchen genügen sollte. Das heißt, ursprünglich noch in der Oberliga, der Gedanke, dass dort junge Spieler dann Platz finden in dieser Oberligamannschaft aber gleichzeitig auch noch eine Ausbildung bekommen."

    Der Grundgedanke Hopps war damals: Fußballer sollten nach ihrer aktiven Karriere nicht ins Bodenlose fallen, sondern sollten sich nebenbei ein zweites berufliches Standbein schaffen. Dietmar Hopp sagte im Herbst 2003, als Hoffenheim gerade seine zweite Saison in der Regionalliga Süd absolvierte:

    "Wir werden nicht der Versuchung unterliegen und nun Profis engagieren, um in die zweite Liga zu kommen. Wenn wir in die zweite Liga kommen, mit den Talenten aus der Region, dann bin ich voll damit einverstanden und freu mich, aber wir werden nicht aufrüsten, um die zweite Liga zu erreichen."

    Aber irgendwann wuchsen die Ansprüche des Investors Hopp doch, und die Weichen Richtung erste Bundesliga wurden gestellt. Die Ausgangsfrage Hopps war: Soll der von mir unterstützte Klub noch weitere fünf, sechs Jahre nett und harmlos in der Regionalliga kicken, oder helfe ich mit, die "Metropolregion Rhein-Neckar" rund um die Oberzentren Mannheim, Heidelberg und Sinsheim zu einem Bundesligastandort zu machen? - Manager Jan Schindelmeiser denkt die Frage zu Ende:

    "In dieser Region leben 2,5 Mio. Menschen. Und das wäre doch Klasse, wenn man hier eine Bundesligamannschaft etablieren könnte. Und dann versuchen wir jetzt die Strukturen aufzubauen, die es uns ermöglichen, innerhalb eines Zeitraumes von fünf, sechs, sieben Jahren tatsächlich die Bundesliga anzugreifen. Der Startschuss ist 2006 gefallen. Und dass wir dann zwei Jahre später schon in der Bundesliga spielen, das hat von uns, ehrlich gesagt, auch keiner erwartet."

    Hopps strategische Entscheidung für die Verwirklichung seines Lebenstraumes Bundesliga: Die Verstärkung des Teams mit erfahrenen ehemaligen Erst-Liga-Spielern wie Francisco Copado oder dem Ex-Wolfsburger Tomislav Maric und jungen, hungrigen Talenten teilweise aus der eigenen Jugendabteilung. Nach dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga 2007 ließen Hoffenheims Transfer-Paukenschläge die Fußball-Nation erneut aufhorchen: 20 Mio. Euro investierte der Klub, einmalig für einen Zweitligisten! Hoffenheims Kapitän Selim Teber:

    "Die Entscheidung, die Spieler zu holen, im Sommer letzten Jahres, war komplett richtig. Das hat noch mal das Niveau der Mannschaft richtig in die Höhe getrieben. Der Konkurrenzkampf war richtig stark in der Runde, und ich denk, nur deswegen konnte die Mannschaft auch immer wieder am Limit spielen."

    So entwickelten sich vor allem die Neuzugänge Chinedu Obasi aus Nigeria, die Brasilianer Carlos Eduardo und Luis Gustavo sowie der Senegalese Demba Ba zu Garanten des Bundesligaaufstiegs. Vielleicht noch wichtiger als die Transfers aber war der Aufbau eines Trainerstabs, der bereits in der zweiten Liga höchsten Ansprüchen genügte. An erster Stelle: Ex-Schalke und Ex-VfB-Stuttgart-Trainer Ralf Rangnick, der sich in Hoffenheim wohl fühlt, weil...

    "... es hier im Prinzip ähnlich wie in England so ist, dass ich im Rahmen eines für jedes Jahr vereinbarten Budgets mit meinem Manager Jan Schindelmeiser zusammen sportliche Entscheidungen treffen kann, ohne irgendeinen Aufsichtsrat oder sonst jemand fragen zu müssen. Insofern bin ich hier einfach mehr als nur eine temporäre Erscheinung. Das ist sicher der gravierendste Unterschied gegenüber anderen Trainern der Ersten oder Zweiten Bundesliga."

    Neben Cheftrainer Ralf Rangnick komplettieren u.a. ein Athletik-Trainer, Sportpsychologe Hans-Dieter Hermann, der auch bei der Nationalmannschaft regelmäßig im Einsatz ist, sowie der Chef der Sport- und Nachwuchsförderung Bernhard Peters das Trainer- und Betreuer-Team. Peters, der ehemalige Trainer der deutschen Hockey-Weltmeister-Mannschaft, stand vor zwei Jahren auch auf der Wunschliste des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann. Peters ist auch in Hoffenheim ein gefragter "Querdenker", der Schwachstellen konkret benennen kann, wie er das für den deutschen Fußball insgesamt immer wieder tut:

    "Ich glaube, dass es deutliche Defizite in der Persönlichkeits-Öffnung, zum Beispiel in dem Herausbilden von mental starken Siegertypen gibt; dass es Defizite auch in einem kindgerechten Training gibt, dass da keine vernünftige Trainingskonzeption bis in den unteren Vereinsbereich wirklich kommuniziert ist."

    Dass jemand wie Bernhard Peters in Hoffenheim für den Nachwuchsbereich zuständig ist, unterstreicht, wie wichtig Hopp die Nachhaltigkeit, sprich: die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen im Verein ist. Die ersten Erfolge sind schon da: In diesem Sommer holten die 16 und 17 Jahre alten Spieler der B-Jugendmannschaft Hoffenheims die Deutsche Junioren-Meisterschaft.

    Weiterer Baustein in Hopps Nachwuchsarbeit: Das Projekt "Anpfiff fürs Leben" - ein von seiner Stiftung finanziertes Netzwerk aus momentan sieben Jugendförderzentren rund um Sinsheim. Schwerpunkt der Förderung, neben dem Training auf dem Platz, sind vor allem die Schulung für soziales Miteinander und Unterstützung in der Schule oder beim Berufseinstieg. - So etwas, sagen Hoffenheims Verantwortliche, suche man bei Abramowitsch und Co. vergeblich.

    Was für die Jugendförderung gilt, das gilt freilich auch für das Bundesligateam von 1899 Hoffenheim: Mit Bedacht und Weitsicht wurden mit Dietmar Hopps Hilfe Trainerstab und Team in den vergangenen drei Jahren professionell und zukunftstauglich aufgestellt und aufgebaut. Das hat den Klub in der Vergangenheit allerdings nicht vor zum Teil heftiger Kritik der Konkurrenz geschützt. Der Manager von Mainz 05, Christian Heidel, sagte vor etwa einem Jahr, Hoffenheim sei ein Klub, der es nur mit einem Mäzen nach oben geschafft habe, und der nun einem anderen Verein den Platz wegnehme, der mit seinem selbst erwirtschafteten Geld über Jahre versuche, aufzusteigen. Die Fans vieler Vereine aus der vergangenen Zweit-Liga-Saison sahen das ähnlich - zum Beispiel die von Carl-Zeiss Jena:

    "Das ist einfach nur Kommerz, was die betreiben, das zerstört den ganzen Fußball. Wenn die zig Millionen ausgeben in der zweiten Liga - das ist unnatürlich / Dann noch diese arroganten Spruchbänder, von wegen "Eure Armut kotzt uns an" und so was / Ich bin ganz klar gegen eine Kommerzialisierung des Fußballs. Es ist irgendwo eine Zerstörung der Werte des Fußballs, und wenn sich ein Zweitligaverein einen Brasilianer für achteinhalb Mio. Euro oder wie viel holt, da ist irgendwo keine Relation mehr da. Wo soll das noch hingehen? - Ganz klar: das kann nicht sein!"

    Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp reagierte auf solche Proteste in der vergangenen Zweitligasaison so:

    "Ich bin, muss ich sagen, überrascht. In der Fußballszene ist es offensichtlich so, dass man halt Neues nicht so schnell verdaut. Man braucht länger, um sich dran zu gewöhnen. Ich bin sicher, dass die Sache irgendwann sich beruhigen wird. Es ist nicht so, dass das nun ganz glatt an mir vorbeigeht, aber es beirrt mich keinesfalls in dem Weg, den wir eingeschlagen haben."

    Der Weg von 1899 Hoffenheim führte in einem Zeitraum von nur neun Jahren von der Verbandsliga in die Bundesliga. Das hat natürlich viel mit der Unterstützung von Dietmar Hopp zu tun, aber nicht nur, sagt auch der Chefredakteur des Fußball-Fachblatts "Kicker":

    "Natürlich spielt Geld eine Rolle. Aber die zweite Grundvoraussetzung - und die ist nie von der Hand zu weisen -: Es müssen auch Fachleute am Werk sein, die wirklich Ahnung von der Materie haben und die auch das Herz mitbringen. Und wenn dieses alles zusammenkommt, dann kann man wirklich daran denken und nicht nur davon träumen, mal Erfolge im Fußball zu setzen. Ein Kunstprodukt ist es immer dann, wenn ein Sponsor herkommt - das ist ganz wichtig, dieser Unterschied zwischen Mäzen und Sponsor - wenn ein Sponsor herkommt und einfach sagt: "Ich gebe Euch jetzt mal eine Million oder zwei oder zehn oder 15, wie viel auch immer, und damit müsst ihr jetzt möglichst schnell irgendwas erreichen". Wir werden uns sowieso in Zukunft damit befassen müssen, dass Geld immer mehr in den Fußball gepumpt wird. Und dabei ist mir dann ein Mäzen lieber, als irgendwelche - sagen wir's brutal - Heuschrecken, wie sie im Wirtschaftsbereich ja genannt werden, die nichts anderes als ihr Geld reinschicken wollen, um es nach kurzer Zeit wieder rauszunehmen und ihr Geld auf diese Art und Weise zu vermehren."

    So ähnlich sehen das auch die Hoffenheimer Fans, die den Anteil Hopps an der Erfolgsgeschichte ihres Klubs natürlich auch nicht verhehlen können:

    "Der Dietmar Hopp: 90 Prozent bestimmt, wenn nicht 100. In erster Linie die Finanzen, aber auch sein Engagement so, auch vom Menschen her - er ist ja Hoffenheimer. / Ja gut, ich sag mal, da gibt's natürlich den finanziellen Hintergrund, ganz klar! Aber die Spiele müssen trotzdem die Spieler gewinnen. / Er hat sicherlich einen großen Anteil, er hat die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Aber das ist nur die eine Hälfte - Geld allein schießt keine Tore - und von daher: 60 Prozent Hopp, 40 Prozent Trainer."

    Hopp legt viel Wert darauf, dass er bei 1899 Hoffenheim im Hintergrund bleibt - das betrifft vor allem das operative Geschäft. Regelmäßige Treffen mit Hopp, der Geschäftsführung, dem Trainer und dem Manager gebe es nicht, erklären Manager Jan Schindelmeiser und Geschäftsführer Jochen Rotthaus:

    Rotthaus: "Bei Verpflichtungen von Spielern wird die sportliche Abteilung, Herr Schindelmeiser und auch Herr Rangnick und dann auch mal mit Herrn Peters und auch mit mir Herrn Hopp informieren, da ist auch ein ständiger Austausch per Telefon möglich. Also: wichtig ist, es gibt keine "jours fixes" oder keine regelmäßigen Treffen. Das Schöne ist bei Herrn Hopp - das kann ich nur aus meiner täglichen Arbeit sagen: Er ist immer erreichbar, immer offene Türen."
    Schindelmeiser: "Er dient uns als Mentor. Er ist nicht da und fragt oder redet herein, sondern: er steht uns zur Verfügung und sagt: "Wenn ihr mich braucht, scheut euch nicht, mich jederzeit zu kontaktieren". Und das ist natürlich eine Konstellation, wie sie Sie in Deutschland in den meisten Vereinen in dieser Form nicht antreffen. Wir können in bestimmten Situationen sehr schnell entscheiden. Wir müssen nicht erst noch einen Aufsichtsrat einberufen, wo Leute, die mit dem Fußball eigentlich gar nichts zu tun haben, dann auch noch meinen, möglicherweise auch einen sportlichen Kommentar zu einem bestimmten Spieler abzugeben und dann solche Sachen Entscheidungsfindungsprozesse blockieren oder erschweren. Das gibt es bei uns nicht. Das ist ein ganz kleiner Kreis derer, die die Entscheidungen treffen, und dabei haben wir die maximale Rückendeckung von Dietmar Hopp."

    1899 Hoffenheim geht bestens gerüstet in seine erste Bundesligasaison. Die Vorfreude bei den Fans ist riesig: Der Vorverkauf der Dauerkarten wurde beim Stand von fast 14.000 Tickets gestoppt - die Schlangen an den Kassenhäuschen waren extrem lang:

    "Ich hab schon gedacht, dass was los ist, aber dass es soviel ist, hab ich nicht gedacht. / Mein Mann hat sich aus dem Staub gemacht, sitzt im Auto, fährt Richtung Schweiz und hat gesagt "Schatzi, geh mal hin, fünf Minuten fährst du dahin, holst eine Karte, ruckzuck... Babysitter sitzt zu Hause - so ist das. Nein, mit fünf Minuten wird mal nichts, aber: was tut man nicht alles für die Liebe, für den Mann, für Hoffenheim!"

    Die ersten beiden Heimspiele gegen Borussia Mönchengladbach und den VfB Stuttgart sind bereits ausverkauft. Kleiner Wermutstropfen: Bis Anfang nächsten Jahres müssen die Hoffenheimer ihre Heimspiele im etwa 50 Kilometer entfernten Carl-Benz-Stadion in Mannheim austragen - denn ihr eigenes neues Stadion in Sinsheim an der A 6 ist noch im Bau - dort wird gerade das Dach aufmontiert. Finanziert wird die neue etwa 60 Mio. Euro teure "Rhein-Neckar-Arena" natürlich von Mäzen Dietmar Hopp:

    "Ja, ich glaube, das mit dem Stolz, das beginnt dann, wenn wir's mal eröffnen können. Aber es ist natürlich auch eine spannende Phase, wenn man sieht, wie das wächst und gedeiht und sich dann vorstellt, irgendwann ist dann der grüne Rasen drin, irgendwann sind die Ränge gefüllt und es gibt spannende Spiele - es ist ein schönes Gefühl."

    Irgendwann aber, das weiß auch Hopp, wird das alles auch mal ohne ihn laufen müssen:

    "Wenn Sie sich anschauen, was an Infrastruktur derzeit entsteht: in Sinsheim das Stadion für 30.000 Zuschauer, in Zuzenhausen ein hochmodernes Trainingszentrum - das ist eine Langfristgeschichte. Aber: Wir haben das so angelegt, dass es sich selbst tragen wird, dass es unabhängig sein wird von mir, und zwar möglichst schnell."

    Wie das funktionieren soll, also eine Zukunft von 1899 Hoffenheim ohne die schützenden und geldgebenden Hände des Mäzens Hopp, das skizziert Geschäftsführer Jochen Rotthaus so:

    "Es ist letztendlich nur dann Licht am Tunnel zu erkennen, wenn wir zur ersten Liga dazugehören, wenn wir an die großen Töpfe TV-Gelder, Sponsoring-Einnahmen, Merchandising- und Zuschauer-Einnahmen - wenn wir die maximieren können. Das können wir nur in unserem neuen Stadion, das können wir auch verstärkt nur bei einer längeren Zugehörigkeit zur ersten Liga, weil dort die Erlöse am höchsten sind, und insofern kann keiner von uns verlangen - und das weiß auch Herr Hopp, und das hat er auch nie artikuliert - dass wir im ersten Jahr theoretisch, sag ich mal, die "schwarze Null" schreiben. Aber wir müssen letztendlich relativ schnell sehen, dass wir in ein Fahrwasser kommen, das uns dahin führt. Und das benötigt schon einen etwas längeren Zeitraum. Wichtig ist für ihn (Hopp) immer, dass die Richtung stimmt. Und die Kosten haben Frank Briel, mein kaufmännischer Leiter, und ich auch täglich im Visier. Wir haben da relativ viel getan, wir sind in allen Bereichen ausverkauft. Und wenn man das mal alles sieht, für einen Aufsteiger, der vor anderthalb Jahren noch Regionalligist war, dann haben wir Steigerungsraten hingelegt, also, die können sich sehen lassen, und ich bin zuversichtlich, dass wir das in den nächsten Jahren auch schaffen, dort betriebswirtschaftlich in einen sehr, sehr guten Bereich zu kommen."