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"Ein paar schwarze Schafe"

Der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, hält die aktuelle Kritik an Managergehältern für überzogen. "Die Managerschelte hängt sich an Einzelbeispielen auf", sagte Lauk. Wegen ein paar schwarzen Schafen solle aber nicht der gesamte Berufsstand verteufelt werden.

Moderation: Silvia Engels |
    Silvia Engels: Vor einigen Jahren war Angela Merkel in Arbeitgeberkreisen sehr beliebt. Damals stand sie für Deregulierung und Unternehmensentlastungen. Heute als Bundeskanzlerin der Großen Koalition ist mancher Arbeitgeber enttäuscht, dass viele alte Reformpläne in der Schublade verschwunden sind. Und die Kritik Angela Merkels an hohen Manager-Abfindungen auf dem Parteitag in Hannover tat ihr Übriges dafür, dass die Bundeskanzlerin auf dem Arbeitgebertag in Berlin nicht nur begeistert empfangen wurde. ( MP3-Audio , Beitrag von Martin Steinhage)

    Und wir bleiben in der Hauptstadt. Das Bundeskabinett hat heute die lange Zeit umstrittene Reform der Erbschaftssteuer auf den Weg gebracht. Grob gesagt sollen künftig Ehepartner und Kinder sowie Enkel von einem Erbe mehr behalten dürfen. Weiter entferntere Verwandte werden dagegen stärker belastet. Unternehmen sollen zudem einfacher an die nächste Generation übergehen. ( MP3-Audio , Beitrag von Andreas Baum)

    Und am Telefon hat mitgehört der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk. Ich grüße Sie, Herr Lauk!

    Kurt Lauk: Guten Tag, Frau Engels!

    Engels:! Die Kritik, die da gerade in Form von Herrn Röttgen an der jetzigen Reform vorgetragen wurde, trifft wahrscheinlich auch den Kern, den Sie daran äußern?

    Lauk: Ja, das ist eindeutig richtig. Zunächst müssen wir die Perspektive behalten. Die Erbschaftssteuer ist schon heute eine Bagatellsteuer. Sie trägt nur 0,6 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei. Das ist der eine Punkt.

    Der zweite Punkt: Es gibt kein Unternehmen, insbesondere kein mittelständisches Unternehmen, das 15 Jahre im Voraus planen kann. Das ist völlig ausgeschlossen. Die längsten Planungen im Voraus sind zwischen drei und fünf Jahren, so dass der Zeitraum von acht bis zehn schon sehr lange ist. Wir müssen da das Augenmaß behalten. Insbesondere ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass von 10 auf 15 Jahre gegangen wird beziehungsweise die Lohnsumme bei 70 Prozent bleiben muss. Das kann keiner garantieren im wirtschaftlichen Leben, wo man täglich um Aufträge kämpfen muss.

    Engels: Auf der anderen Seite werden ja auch die Unternehmen dahingehend entlastet, wenn sie übergeben werden sollen, dass sie eben von der Steuer auch schrittweise freigestellt werden, wenn sie eben zehn Jahre im Besitz bleiben. Das ist doch eine Verbesserung oder nicht?

    Lauk: Ja. Ich sage mal, wir haben uns das ja gewünscht, dass das Abschmelzungsmodell kommt. Im Moment sieht es so aus, dass die Rahmenbedingungen des Abschmelzmodells, wenn Sie so wollen, im Kleingedruckten so sind, dass es im Grunde nicht praktikabel ist. Wir müssen also nachhaltig daran arbeiten, dass wir eine vernünftige Lösung hinkriegen.

    Engels: Auf der anderen Seite lässt sich ja auch argumentieren, bis jetzt hat es ja auch geklappt, und da gab es diese Steuerfreistellung gar nicht.

    Lauk: Ja, das ist richtig. Aber wir hatten natürlich keine den tatsächlichen Werten entsprechende Veranlagung, wenn Sie an den Einheitswert denken bei Grundstücken und Häusern beispielsweise, so dass hier der Staat im Grunde schon dem Hausbesitzer, egal ob er großer oder kleiner Hausbesitzer war, geholfen hat, vernünftig von einer Generation auf die andere das Vermögen zu leiten.

    Engels: Die SPD zeigt sich in diesem Bereich allerdings nicht bereit, deutlich nachzugeben. Rechnen Sie tatsächlich mit Chancen, dass sich hier noch etwas zu Ihren Gunsten ändert?

    Lauk: Ja, wir müssen, denn es ist schlicht nicht praktikabel. Wir können keine Regelungen machen, die nicht praktikabel sind. Und noch mal: Die Erbschaftssteuer ist eine Länderangelegenheit. Eigentlich sollten wir das den Ländern überlassen. Und sie ist eine Bagatellsteuer. Sie trägt zum Gesamtsteueraufkommen so gut wie nichts bei. Bei 0,6 Prozent machen wir hier einen Aufstand über Erbschaftsbürokratie, die eigentlich nicht sehr sinnvoll ist.

    Engels: Derzeit, damit zu einem anderen Thema, hat der Wirtschaftsflügel der Union ja direkt bei einigen Punkten Kritik an der Regierung zu äußern. Wie ist es angekommen, dass die Bundeskanzlerin so deutlich angeblich überzogene Abfindungen für Manager auf dem Parteitag der CDU kritisierte?

    Lauk: Zunächst mal ist es so, dass Abfindungen und Gehälter von Managern in 99,9 Prozent der Fälle in der Republik gut funktionieren. Die Managerschelte hängt sich an Einzelbeispielen auf. Dort mag es durchaus Berechtigung geben, weil einige überzogen haben. Aber ich brauche nicht die gesamte Gattung, nur weil es ein paar schwarze Schafe gibt, verteufeln. Hier wurde im Grunde zu viel des Guten getan, wenn Sie so wollen, das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

    Engels: Aber diese Fälle sind nun einmal spektakulär. Da könnten sich die Manager doch auch eine gewisse Vorbildfunktion zurechnen lassen oder?

    Lauk: Das müsste in der Tat sein. Hier muss im Einzelfall genauer überlegt werden, dass hier verantwortlich und auch insgesamt verteidigbar gehandelt wird. Aber das ist in allererster Linie eine Aufgabe der Aufsichtsräte und der Anteilseigner und nicht der Politik. Wir müssen hier aufpassen, dass die Politik sich nicht Themen anmaßt, über die sie eigentlich nicht befinden sollte, denn die Unternehmen tragen über ihre Unternehmensverfassung und über ihre Anteilseigner selbst Sorge dafür, dass es vernünftig abläuft, und sie haben natürlich auch Sorge dafür zu tragen, dass es nicht diese Ausreißer gibt, die Anlass zur Kritik geben.

    Engels: Herr Lauk, aber diese Diskussion um Managergehälter kommt ja immer wieder hoch. Da wird dann immer von Unternehmensseite auch die Verantwortung der Aufsichtsräte benannt. Da wird auch der Corporate-Governance-Kodex benannt. Das ist ja eine Vereinbarung, an der Wissenschaftler und Unternehmen beteiligt sind, und dort ist viel von Transparenz und angemessener Unternehmensführung die Rede. Aber es gibt immer wieder diese Fälle, wo offenbar dann doch Abfindungen durchrutschen, die dem Vernehmen nach dann einfach zu hoch ausgefallen sind. Die Selbstkontrolle greift doch nicht.

    Lauk: Ja. Da weisen Sie auf einen richtigen Sachverhalt hin. Wir haben in der Tat, was die Corporate Governance in Deutschland angehen, Nachholbedarf. Wir müssen uns dort verbessern. In anderen Ländern beispielsweise werden die Spitzengehälter namentlich für alle Spitzenmanager offengelegt. Ich halte das für richtig. Die können sie in anderen Ländern im Geschäftsbericht nachlesen. Das könnte auch in Deutschland der Fall sein.

    Das zweite ist: Wir müssen bei der Gehaltsfestsetzung, was in der Regel im Präsidium, im Aufsichtsrat bei gelisteten Firmen passiert, darauf achten. Da sitzen zwei Kapitalseitenvertreter und zwei Gewerkschaftsvertreter drin. Alle diese Abfindungen wurden einvernehmlich - damit ist diese Entscheidung nicht besser - zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaften gemacht. Das heißt, hier müssen sich beide Seiten an der Nase fassen und sagen, diese Ausreißer dürfen eigentlich nicht passieren, es sei denn, die Shareholder sagen, das ist in Ordnung so, der hat unser Unternehmen gerettet, der hat im Grunde jeden Pfennig verdient.

    Engels: Kritiker leiten allerdings aus der eben genannten Beobachtung ab, dass viele Wirtschaftsvertreter nun Asche auf das eigene Haupt streuen, um die Debatte zu beruhigen und dann so weiter zu machen wie bisher.

    Lauk: Das sollte eigentlich nicht der Fall sein. Wir haben in Deutschland deutlich im Vergleich zu anderen Ländern, wo auch nicht alles Gold ist, was glänzt, Nachholbedarf in der Corporate Governance. Wir sollten uns darum bemühen, dass wir das möglichst schnell diskutieren und implementieren.

    Engels: Der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk. Ich bedanke mich herzlich für das Gespräch.