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Ein Pflanzenschutzmittel aus der Natur

Unter den Pflanzen sind die Moose wahre Überlebenskünstler. Und seit langem schon ist bekannt, dass Moose auch Heilpflanzen sind. Die Indianer in Nordamerika beispielsweise verwendeten Moose als Windeln für ihre Babys - aus gutem Grund: denn Moose wirken antibakteriell. Das wussten auch viele Mediziner in China, die diese Pflanzen vor allem zur Wundheilung einsetzten. In unseren Breiten aber werden die unscheinbaren Moose erst seit kurzem so richtig geschätzt. Botaniker an der Universität Bonn entdeckten jetzt die Heilkräfte der Moose für den Pflanzenschutz.

von Sigrid Müller | 07.09.2001
    Moose gehören nicht gerade zu den attraktiven Pflanzen in der Natur, auch bei Biologen führen sie eher ein Schattendasein. Zwar ist unter Fachleuten schon lange bekannt, dass Moose gegen Pilze und Bakterien wirken, umfassend untersucht wurden diese Eigenschaften aber nicht. Bis Professor Jan-Peter Frahm vom Botanischen Institut der Universität Bonn vor drei Jahren ein Forschungsprojekt startete:

    Der Anlass war eigentlich, dass es mich gewurmt hat, um das mal platt auszudrücken, dass die Kenntnis über die antimikrobielle Wirkung von Moosen nie in die Praxis umgesetzt worden ist. Deswegen habe ich einen Kollegen dafür gewonnen, die ersten praktischen Gewächshaustests durchzuführen, in denen Kulturpflanzen wie Gurken, Tomaten, Getreide mit Schadpilzen infiziert worden sind und dann mit Extrakten aus verschiedenen Moosen behandelt worden sind.

    Und das Ergebnis war selbst für die Forscher verblüffend:

    Wir hatten durchaus Spitzenreiter unter den Moosen, deren Wirkung größer war, als die Wirkung von käuflichen Fungiziden.

    Und eines stellten die Wissenschaftler schnell fest: Es sind die Gesamtextrakte der jeweiligen Moosart, die die Pflanzen am besten vor Pilzbefall schützen. In einer alkoholischen Lösung werden sie direkt auf die Blätter der befallenen Nutzpflanzen gesprüht. Welche Hauptsubstanzen in diesem Cocktail aus natürlichen Abwehrstoffen stecken, wissen die Bonner Botaniker inzwischen:

    Es sind Terpeniode, es sind phenolische Substanzen, die man auch bei vielen Moosarten erschnuppern kann, wenn man sie zwischen den Fingern zerreibt. Das riecht etwas streng und erinnert an diesen Geruch von grünen Rasierwässern.

    Die Wirkung dieser natürlichen Schutzstoffe hat inzwischen auch die Mitarbeiter der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig überzeugt. Dort wurde ein Extrakt aus französischem Lebermoos als Pflanzenstärkungsmittel zugelassen. Und dieses Mittel hilft nicht nur gegen Mehltau und Kartoffelfäule. Es hält auch gefräßige Schnecken ab. Biologen ist dieser Abschreckungseffekt schon seit langem bekannt, denn Moose werden in der Natur von allen Schneckenarten gemieden:

    Insofern konnten wir also davon ausgehen, dass hier eine hohe Wirksamkeit der Moose gegen Schnecken vorliegt. Und wir konnten das testen in der Form, dass wir diese Moosextrakte genommen haben und damit Salatblätter eingesprüht haben und den Schnecken zusammen mit einer Kontrolle vorgelegt haben. Der Effekt war, dass die Schnecken über Nacht das nur mit dem Lösungsmittel besprühte Blatt ratzekahl aufgefressen und das mit dem Moosextrakt besprühte Blatt liegen gelassen haben. Wir haben sozusagen den Schnecken den Appetit verdorben.

    Ein Problem gibt es allerdings mit dem neuen Schädlingsbekämpfungsmittel aus der Natur, meint der Bonner Biologe Jan-Peter Frahm:

    Wir brauchen für eine große Vermarktung riesige Mengen von Frischmaterial, die zur Verfügung stehen müssen. Dieses Material wird zur Zeit noch aus der Natur entnommen, das heißt in Nadelforsten, die sowieso keinen großen biologischen Wert haben sozusagen rausgeharkt. Insofern ist eigentlich diese Moosgewinnung eine nachwachsende Ressource. Bloß setzen wir uns da der Kritik von Naturschützern aus, so dass für eine breitere Anwendung eigentlich erforderlich ist, dass man die Moose gärtnerisch anbaut. Und wir haben bei der Bundesstiftung Umwelt zur Zeit einen Antrag laufen zur Finanzierung eines Versuchsprojektes, um damit die gärtnerische Zucht anzukurbeln.

    Bezugsadressen: Niem Handel 64 347 Griesheim August Bebel Str. 45 Tel: 06155/ 2790

    Spinnrad Zentralverwaltung Am Bugapark 3 45 899 Gelsenkirchen Tel: 0209/ 17.00.00 (das Pflanzenstärkungsmittel wird über die Filialen vertrieben)