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"Ein richtiger Schritt in die richtige Richtung"

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann, ist grundsätzlich mit der geplanten Unternehmenssteuerreform zufrieden. Diese bedeute einen "Schritt in die richtige Richtung", sagte er und verwies auf die geplante Absenkung der Steuersätze für Kapital- und große Personengesellschaften. Die einzige Kritik betrifft laut Thumann die "so genannte" Gegenfinanzierung, indem Zinsen und Zinsbestandteile der Ertragsbesteuerung unterworfen werden sollen.

Moderation: Christoph Heinemann |
    Christoph Heinemann: Guten Morgen.

    Jürgen Thumann: Schönen Guten Morgen.

    Heinemann: Herr Thumann, was halten Sie von dem, was bisher über die Unternehmensteuerreform bekannt geworden ist?

    Thumann: Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass das was wir bisher alle wissen und gehört haben, sicherlich im ganz Grundsätzlichen ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Denn wir müssen die Steuersätze zum einen für Kapitalgesellschaften und zum anderen in der Spitze auch für die großen Personengesellschaften weiter deutlich absenken, damit wir international wettbewerbsfähig werden und auch als Standort Deutschland für ausländische Investitionen attraktiver werden.

    Heinemann: Und jetzt kommt das Aber.

    Thumann: Das Aber bezieht sich auf einen Punkt, so weit wir das bisher alle kennen, wird wohl die Absicht dahin gehen, dass es zur Gegenfinanzierung zu einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage kommen wird. Das ist ja auch geschehen bei den letzten Steuersatzsenkungen, wobei die Nominalsätze, das ist auch richtig, deutlich abgesenkt wurden unter der Regierung Schröder, aber die Gegenfinanzierung wurde immer durch die so genannte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, also Einschränkung von Hinzurechnungen auf der steuerlichen Seite, im Bezug auf die Ertragssteuern, Einschränkung von Abschreibung und viele andere Schritte - kann ich jetzt gar nicht alle aufzählen. Die haben aber im Ergebnis dazu geführt, dass die großen Unternehmen, Kapital- wie Personengesellschaften, in der Summe pro Jahr inzwischen über sieben Milliarden Euro über diese so genannte Gegenfinanzierung überkompensieren und mehr zahlen.

    Heinemann: Nun könnte man sagen ...

    Thumann: ... das ist unser Aber, denn der Denkansatz lautet jetzt, dass man wiederum über die Hinzurechnung von Zinsen und zwar diesmal kurz- und langfristiger Zinsen und auch noch über die Hinzurechnung von Zinsbestandteilen aus Leasingverträgen und Pachtverträgen, diese so genannte Gegenfinanzierung erreichen will und lassen Sie mich noch einmal schnell hinzufügen: Die Gegenfinanzierung leisten wir eigentlich weitestgehend schon, denn wenn man sich das derzeitige Steueraufkommen ansieht, dann sprudeln ja die Steuern. Wir werden morgen erfahren, dass die Unternehmen insgesamt mit Sicherheit, ich schätze hier vorsichtig, über 20 Milliarden Euro in diesem Jahr allein mehr an Steuern zahlen werden.

    Heinemann: Wobei die Regierung ja ausgeht jetzt von einer Nettoentlastung von fünf Milliarden Euro. Das ist doch nicht von Pappe.

    Thumann: Das ist die Zielmarke und ich wünsche mir sehr, dass das zum einen auch wirklich kommt und nicht wie in der Vergangenheit geschehen, dass wir es überkompensieren über die so genannte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und dass wir auf der anderen Seite es vermeiden, dass wir sozusagen Kostenbestandteile, die wir haben, wie eben Zinsen und Zinsanteile aus Leasingverträgen beispielhaft, noch der Ertragsbesteuerung unterwerfen.

    Heinemann: Angela Merkel sprach von der Quadratur des Kreises. Es ist ja alles nicht so ganz einfach. Ist Ihnen der Kreis noch nicht quadratisch genug auf gut deutsch?

    Thumann: Herr Heinemann, das ist sicher alles sehr technisch und auch kompliziert und auch komplex. Es ist dadurch auch schwierig es zu erklären und zu kommunizieren. Aber wir müssen uns auf der anderen Seite uns auch darüber im klaren sein, dass wir mit unseren heutigen Steuersätzen von nominal rund 39 Prozent für die Kapitalgesellschaften und in der Spitze von über 47 Prozent für die Personengesellschaften international nicht wettbewerbsfähig sind.

    Heinemann: Andererseits Herr Thumann, sollte Steuerpolitik auch im Unternehmensbereich durchaus doch steuern. Das heißt die Richtung müsste doch auch lauten, Unternehmen die Arbeitsplätze schaffen werden entlastet, während Konzerne, die Beschäftigung abbauen, zur Kasse gebeten werden.

    Thumann: Nun, ich glaube, wir das können nicht so eins zu eins aneinander messen. Tatsache ist, wenn die Unternehmen gut verdienen, dann sind sie auch in der Lage zu investieren. Wenn der Standort Deutschland in Bezug auf die Steuersätze attraktiv ist, dann werden auch ausländische Unternehmen verstärkt in Deutschland investieren und dann bin ich mir auch sicher über den Weg der Investitionen werden wir hier Arbeitsplätze schaffen. Auch hier werden wir ja hören, dass die Arbeitslosigkeit aufgrund der nun immer besser werdenden Konjunktur, der besseren Beschäftigungslage, der steigenden Investitionen und damit auch der steigenden Steuerzahlungen seitens der Wirtschaft, werden wir die Arbeitslosigkeit ja auch senken. Wir erwarten im Übrigen 4.150.000 Arbeitslose, das ist der niedrigste Stand seit langem, den wir erreichen werden.

    Heinemann: Herr Thumann, wir haben es eben im Bericht von Gerhard Irmler gehört. Seit 1993 sind die Steuersätze von knapp 60 Prozent auf jetzt geplant unter 30 Prozent gesunken. Müsste da nicht das Lamento der Wirtschaft langsam mal einer vorsichtigen Laudatio weichen?

    Thumann: Nun, wir haben anerkannt, auch die ersten Schritte der Steuersenkungen der vergangen Jahren und wir anerkennen jetzt natürlich auch die Absenkung von 39 auf 29 Prozent - ich darf wiederholen für Kapital- und Personengesellschaften in der Spitze - und das anerkennen wir sehr und da sprechen wir auch ein Lob aus. Einzige Kritik die wir üben ist, wenn es denn wirklich zu einer Besteuerung von Zinsen kommt, weil wir damit Kostenbestandteile versteuern müssen, die eigentlich nichts damit zu tun haben, dass wir wirklich Erträge erwirtschaftet haben, die wir auch der Besteuerung unterwerfen müssen und das tun wir auch gerne. Die deutsche Wirtschaft zahlt auch gerne Steuern, wenn sie denn gute Ergebnisse und gute Gewinne erwirtschaftet. Und dann wird sie auch Arbeitsplätze schaffen.

    Heinemann: Den Satz rahmen wir uns, dass sie gerne Steuern zahlen.

    Thumann: Ja, das dürfen Sie auch wirklich so festhalten.

    Heinemann: Herr Thumann, süßer die Kassen nie Klingeln, als in dieser Vorweihnachtszeit. Der Finanzminister bekommt mehr Geld aus den Portemonnaies der Bürger als bisher berechnet. Was sollte mit diesem Geld geschehen?

    Thumann: Nun, an allererster Stelle sage auch ich dazu, es sollte ein Großteil dazu verwandt werden, die Haushalte weiter zu konsolidieren. Also das Geld nicht auszugeben für irgendwelche weiteren sozialen Bereiche, soziale Aufwendungen. Wir sollten zweitens versuchen, die Senkung der Lohnzusatzkosten zu erreichen und zwar eine weitere deutliche Senkung und drittens bei der Unternehmenssteuerreform darauf achten, dass hier nicht überkompensiert wird und die Wirtschaft am Ende noch einmal zur Kasse gebeten wird, über den Weg zur Zinsbesteuerung.

    Heinemann: Jürgen Rüttgers, der Lebenslügendetektor der CDU schlägt eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I vor, dieses solle entsprechend der Versicherungsdauer ausgezahlt werden. In Zukunft wird damit eine Gerechtigkeitslücke geschlossen, wie Rüttgers behauptet?

    Thumann: Nun, damit schneiden Sie ein völlig anderes Thema an. Ich kann dazu nur sagen, dass wir sehr vorsichtig sein sollten mit weiter steigenden Sozialleistungen. Wir kämpfen ja an allen Fronten schon damit, dass wir zu hohe Sozialaufwendungen haben. Bedenken Sie bitte, dass alleine im Bundesshaushalt über 50 Prozent des Haushaltes und zwar deutlich über 50 Prozent schon heute für soziale Leistungen aufgewendet werden müssen. Ich sage dazu, wir sollten jeden einzelnen Schritt ganz sorgfältig prüfen und wir sollten die Wirtschaft nicht be-, sondern entlasten und wir sollten auch die Haushalte nicht be-, sondern entlasten und wir sollten alles tun, dass wir wieder handlungsfähiger werden in Deutschland und damit unseren Standort Deutschland attraktiver machen.