Gerd Breker: Wohl selten wurde ein Wahlkampfthema so offensichtlich eingeführt. Hessens wahlkämpfender Ministerpräsident sah sich mit sinkenden Umfragedaten konfrontiert, verspürte hohe Not, und die Verschärfung des Jugendstrafrechts wurde gefordert. Der Bundesinnenminister, ja selbst die Bundeskanzlerin zeigten sich zu Beginn von der Sache her skeptisch wie fast alle Fachleute, doch dann besannen sich die beiden auch auf ihre Parteizugehörigkeit und schwenkten auf Koch-Kurs ein. Seither redet die Republik über eine Verschärfung des Jugendstrafrechts. (
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, Beitrag von Frank Capellan)
Am Telefon begrüße ich Wolfgang Kubicki. Er ist Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten in Schleswig-Holstein, als solcher dort auch Oppositionsführer und praktizierender Rechtsanwalt. Guten Tag, Herr Kubicki!
Wolfgang Kubicki: Ich grüße Sie!
Breker: Da fordert der Wunschkoalitionspartner, die Union, eine schlichte Verschärfung des Strafrechts für Jugendliche. Früher hätte da die Bürgerrechtspartei FDP vehement Protest eingelegt. Nun bleibt das aus. Woran liegt das? Ist die FDP nur noch wirtschaftsliberal?
Kubicki: Es ist ja so, dass die FDP massiven Widerspruch eingelegt hat. Mein Bundesvorsitzender Guido Westerwelle hat beim Dreikönigstreffen extra darauf hingewiesen, dass die Forderung nach schärferen Gesetzen absoluter Unsinn ist. Wir haben kein Gesetzesdefizit, sondern wir haben ein Vollzugsdefizit, was stimmt. In den letzten Jahren sind gerade im Jugendbereich unglaubliche Stellenkürzungen vorgenommen worden, von Sozialpädagogen, von Psychologen, die eine Integration hätten möglich machen können auch von straffällig gewordenen Jugendlichen. Das heißt, so lange die Länder sparen - und das tun sie ja massiv -, ist der Aufschrei nach härteren Gesetzen einfach nur Heuchelei.
Breker: Und ein Widerspruch in sich?
Kubicki: Es ist ein Widerspruch in sich. Alle Fachleute, alle Anwälte, alle Richter, alle Staatsanwälte, mit denen sie reden, sagen, wir haben ein Personalproblem, wir haben ein Kapazitätsproblem, und das werden wir nicht dadurch bewältigen, dass wir schärfere Gesetze fordern. Wir haben ausreichend Möglichkeiten im justiziellen Bereich, was die Gesetzeslage angeht. Sie können nur nicht genutzt werden mangels Kapazitäten. Wir haben beispielsweise in Schleswig-Holstein nicht einmal eine ausreichend funktionierende Jugendhaftanstalt, die sich entsprechend um die Jugendlichen kümmern könnten, und in allen neuen Jugendstrafvollzugsgesetzen der Länder ist jetzt aufgenommen worden der Verwahrvollzug als gleichberechtigter Bestandteil gegenüber dem Resozialisierungsvollzug.
Breker: Also die Forderung einfach ein reines Wahlkampfthema?
Kubicki: Die Forderung ist sogar ein schmutziges Wahlkampfthema, weil Herr Koch wider besseren Wissens argumentiert und alle die, die mit ihm argumentieren.
Breker: Herr Kubicki, Sie haben das Dreikönigstreffen der FDP angesprochen, aber wenn man ehrlich ist, es war doch eigentlich eher ein Einkönigstreffen.
Kubicki: Sie meinen, weil Guido Westerwelle vorgeworfen wird, er betreibe eine One-Man-Show?
Breker: Genau!
Kubicki: Ich habe früher schon gesagt, das ist nicht das Problem des Bundesvorsitzenden, sondern das Problem derjenigen, die sich einfach nicht trauen, aus der Deckung zu kommen, sondern die darauf warten, dass man ihnen sozusagen ein gemachtes Bett zur Verfügung stellt.
Breker: Warum trauen sie sich denn nicht?
Kubicki: Ich glaube, dass die etwas jüngere Generation, das heißt, die Generation nach mir - ich bin ja mittlerweile auch schon 56 - glaubt, dass man Karriere innerhalb der Partei am besten dadurch macht, dass man leise ist. Ich glaube, dass politische Kompetenz darin besteht, dass man einen eigenen Ansatz hat, den man auch verlautbart, egal was andere davon halten, und das ist in meiner Partei mittlerweile etwas unterentwickelt.
Breker: Aber das kommt doch nicht von ungefähr, wenn die jüngeren Mitglieder Ihrer Partei glauben, man müsse leise sein, um Karriere zu machen?
Kubicki: Ja, aber ich kenne nun Guido Westerwelle lange und gut, und wir geraten ja auch häufig aneinander. Das weiß ja jeder. Aber er ist nicht derjenige, der Diskussionen verhindert. Die Mutlosen in der Partei sind diejenigen, die immer nach einem starken Vorsitzenden rufen und sich selbst dann nicht trauen, sich öffentlich zu äußern.
Breker: Für die öffentliche Wahrnehmung der größten Oppositionspartei in Berlin im Deutschen Bundestag sorgt vor allen Dingen Guido Westerwelle. Lässt er denn Leute neben sich gelten, oder liegt es daran, dass die anderen mutigen Köpfe, wie Sie sagen, definitiv fehlen?
Kubicki: Wir haben noch einige wenige mutige Köpfe, aber zu wenige. Es ist wie gesagt kein Problem von Guido Westerwelle, sondern ist ein Problem der Partei und derjenigen - das sind die Vorgänger von Guido Westerwelle gewesen -, die im Rahmen einer Koalitionsregierung immer wieder versucht haben zu erklären, eine eigenständige Profilierung der FDP in einer Koalition schade. Ich bin gegenteiliger Auffassung. Jetzt rächt sich im Prinzip in Zeiten der Opposition, dass eine entsprechende Pflege von kreativen Köpfen, die auch quer denken, nicht betrieben wurde.
Breker: Einer der Vorgänger von Guido Westerwelle heißt Wolfgang Gerhardt. Er hat sich vor dem Dreikönigstreffen mit Kritik zu Wort gemeldet. Hinterher gibt es nur eitlen Sonnenschein. War also dessen Kritik in der Sache falsch?
Kubicki: Die Bestandsaufnahme ist in der Sache zutreffend, solange man das nicht auf den Bundesvorsitzenden alleine fokussiert. Dass er das in der öffentlichen Kommunikation gemacht hat, glaube ich, ist etwas ein Nachkarten der Tatsache, dass Guido Westerwelle ihn als Fraktionsvorsitzenden abgelöst hat und der Kollege Wolfgang Gerhardt das noch nicht ganz verwunden hat. Aber in der Sache selbst, was die Pointierung der FDP-Position angeht, nicht so wie Dirk Niebel das macht, sondern mit Werten unterlegt, teile ich die Auffassung von Wolfgang Gerhardt.
Breker: Kann man eigentlich, Herr Kubicki, noch mit Leidenschaft Mitglied der Westerwelle-FDP sein?
Kubicki: Ich bin aus Leidenschaft und mit Leidenschaft Liberaler, und ich denke, dass die liberalen Kräfte keine andere wirkliche politische Heimat finden als die der FDP. Alles was man dort kritisieren kann, kann man verändern und verbessern. Ich wünsche mir - und daran werde ich arbeiten -, dass die Positionierung der FDP gerade in Bürgerrechtsfragen wieder deutlicher wahrgenommen wird als in der Vergangenheit, denn mittlerweile merken die Menschen, dass unter dem Stichwort "wir bekämpfen den Terror und garantieren Sicherheit" ihnen viele Freiheitsrechte und Bürgerrechte weggenommen werden.
Breker: Wird denn, Herr Kubicki, die FDP überhaupt noch als politische Heimat wahrgenommen oder wird sie nicht in den Augen der Öffentlichkeit eher wahrgenommen als Wahlverein zur Teilhabe an der Macht?
Kubicki: Dieser Diskussion stellt sich die FDP, seitdem ich sie kenne. Ich bin jetzt 37 Jahre Mitglied dieser Partei, und es gab kein Jahr, wo nicht diese Frage gestellt wurde. Ich kann mich aber an Zeiten erinnern, da hatten wir schlechtere Umfrageergebnisse als acht, neun oder zehn Prozent stabil, und ich bin sicher, dass wir auch nach den Wahlkämpfen in Hessen und Niedersachsen dokumentieren können, dass die FDP von den Ländern ausgehend wieder zu einer gestaltenden politischen Kraft wird.
Breker: Sie haben die Umfragen angesprochen, Herr Kubicki. Die FDP liegt in etwa bei zehn Prozent. Nur diese zehn Prozent, das ist in etwa das Ergebnis der Bundestagswahl von 2005. Normalerweise, wenn es Große Koalitionen gibt, profitieren die kleinen. Die FDP profitiert nicht. Woran liegt das?
Kubicki: Zunächst einmal müssen sich die Kleinen, wie Sie das sagen, Grüne, Linke und FDP, einen wesentlichen Teil von Wählern teilen, die mit der Großen Koalition unzufrieden sind. Aber ich kann mich nur wiederholen: Es gab Zeiten auch nach herausragenden Wahlergebnissen von zwölf Prozent, die wir hatten, da sind wir innerhalb von zwei Jahren wieder auf die Hälfte reduziert worden. Wir bleiben stabil bei den zehn Prozent auch in meinem Land. Das ist etwas, was es in der Geschichte der FDP so konstant nicht gegeben hat, und ich bin sicher, dass das eine gute Ausgangsbasis ist, auch bei den Landtagswahlen und bei der Bundestagswahl noch erheblich zuzulegen und damit zu dokumentieren, dass es doch eine bürgerliche Mehrheit in Deutschland gibt.
Breker: Und die Themen, mit denen man eine Mehrheit herstellen kann, wären außer eben halt Wirtschaftsliberalismus?
Kubicki: Ich glaube, dass der Begriff, den Sie verwenden, Wirtschaftsliberalismus zu kurz gesprungen ist. Wir sind keine Verteidiger von Wirtschaftsinteressen, aber wir sind eine Partei, die darauf Wert legen muss, dass alle an dem Wohlstand, der erwirtschaftet werden muss, partizipieren können. Das zentrale Thema 2009 wird aber nicht die Wirtschaft sein. Das zentrale Thema 2009 wird sein, wie garantieren wir die bürgerlichen Freiheiten gegenüber einem Staat, der immer mächtiger wird?
Breker: Und welche Persönlichkeiten innerhalb der FDP sehen Sie da, die dafür stehen?
Kubicki: Schon in der Vergangenheit wünschte ich mir, dass Guido Westerwelle auf diesen Punkt mehr Wert legen würde, und ich bin sicher, dass er in diese Rolle hineinschlüpfen kann. Ansonsten hat die FDP eine Reihe von herausragend guten jungen Politikern, ob ich an den Kollegen Fricke denke, an den Kollegen Rösler aus Niedersachsen oder auch an den Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, den ehemaligen, Herrn Vogel. Das sind alles Persönlichkeiten, von denen wir in den nächsten Jahren noch erheblich Gutes hören werden.
Breker: Und die brauchen einfach nur mehr Mut?
Kubicki: Die brauchen mehr Mut und vor allen Dingen auch mehr Durchsetzungsfähigkeit, was ihre eigenen Positionen angeht, nicht immer warten, dass man unterstützt wird, sondern für die eigene Position kämpfen. Das ist der Ausgangspunkt jedes Erfolges.
Breker: Im Deutschlandfunk war das Wolfgang Kubicki. Er ist der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten im schleswig-holsteinischen Landtag. Herr Kubicki, danke für dieses Gespräch.
Kubicki: Ich danke Ihnen.
Am Telefon begrüße ich Wolfgang Kubicki. Er ist Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten in Schleswig-Holstein, als solcher dort auch Oppositionsführer und praktizierender Rechtsanwalt. Guten Tag, Herr Kubicki!
Wolfgang Kubicki: Ich grüße Sie!
Breker: Da fordert der Wunschkoalitionspartner, die Union, eine schlichte Verschärfung des Strafrechts für Jugendliche. Früher hätte da die Bürgerrechtspartei FDP vehement Protest eingelegt. Nun bleibt das aus. Woran liegt das? Ist die FDP nur noch wirtschaftsliberal?
Kubicki: Es ist ja so, dass die FDP massiven Widerspruch eingelegt hat. Mein Bundesvorsitzender Guido Westerwelle hat beim Dreikönigstreffen extra darauf hingewiesen, dass die Forderung nach schärferen Gesetzen absoluter Unsinn ist. Wir haben kein Gesetzesdefizit, sondern wir haben ein Vollzugsdefizit, was stimmt. In den letzten Jahren sind gerade im Jugendbereich unglaubliche Stellenkürzungen vorgenommen worden, von Sozialpädagogen, von Psychologen, die eine Integration hätten möglich machen können auch von straffällig gewordenen Jugendlichen. Das heißt, so lange die Länder sparen - und das tun sie ja massiv -, ist der Aufschrei nach härteren Gesetzen einfach nur Heuchelei.
Breker: Und ein Widerspruch in sich?
Kubicki: Es ist ein Widerspruch in sich. Alle Fachleute, alle Anwälte, alle Richter, alle Staatsanwälte, mit denen sie reden, sagen, wir haben ein Personalproblem, wir haben ein Kapazitätsproblem, und das werden wir nicht dadurch bewältigen, dass wir schärfere Gesetze fordern. Wir haben ausreichend Möglichkeiten im justiziellen Bereich, was die Gesetzeslage angeht. Sie können nur nicht genutzt werden mangels Kapazitäten. Wir haben beispielsweise in Schleswig-Holstein nicht einmal eine ausreichend funktionierende Jugendhaftanstalt, die sich entsprechend um die Jugendlichen kümmern könnten, und in allen neuen Jugendstrafvollzugsgesetzen der Länder ist jetzt aufgenommen worden der Verwahrvollzug als gleichberechtigter Bestandteil gegenüber dem Resozialisierungsvollzug.
Breker: Also die Forderung einfach ein reines Wahlkampfthema?
Kubicki: Die Forderung ist sogar ein schmutziges Wahlkampfthema, weil Herr Koch wider besseren Wissens argumentiert und alle die, die mit ihm argumentieren.
Breker: Herr Kubicki, Sie haben das Dreikönigstreffen der FDP angesprochen, aber wenn man ehrlich ist, es war doch eigentlich eher ein Einkönigstreffen.
Kubicki: Sie meinen, weil Guido Westerwelle vorgeworfen wird, er betreibe eine One-Man-Show?
Breker: Genau!
Kubicki: Ich habe früher schon gesagt, das ist nicht das Problem des Bundesvorsitzenden, sondern das Problem derjenigen, die sich einfach nicht trauen, aus der Deckung zu kommen, sondern die darauf warten, dass man ihnen sozusagen ein gemachtes Bett zur Verfügung stellt.
Breker: Warum trauen sie sich denn nicht?
Kubicki: Ich glaube, dass die etwas jüngere Generation, das heißt, die Generation nach mir - ich bin ja mittlerweile auch schon 56 - glaubt, dass man Karriere innerhalb der Partei am besten dadurch macht, dass man leise ist. Ich glaube, dass politische Kompetenz darin besteht, dass man einen eigenen Ansatz hat, den man auch verlautbart, egal was andere davon halten, und das ist in meiner Partei mittlerweile etwas unterentwickelt.
Breker: Aber das kommt doch nicht von ungefähr, wenn die jüngeren Mitglieder Ihrer Partei glauben, man müsse leise sein, um Karriere zu machen?
Kubicki: Ja, aber ich kenne nun Guido Westerwelle lange und gut, und wir geraten ja auch häufig aneinander. Das weiß ja jeder. Aber er ist nicht derjenige, der Diskussionen verhindert. Die Mutlosen in der Partei sind diejenigen, die immer nach einem starken Vorsitzenden rufen und sich selbst dann nicht trauen, sich öffentlich zu äußern.
Breker: Für die öffentliche Wahrnehmung der größten Oppositionspartei in Berlin im Deutschen Bundestag sorgt vor allen Dingen Guido Westerwelle. Lässt er denn Leute neben sich gelten, oder liegt es daran, dass die anderen mutigen Köpfe, wie Sie sagen, definitiv fehlen?
Kubicki: Wir haben noch einige wenige mutige Köpfe, aber zu wenige. Es ist wie gesagt kein Problem von Guido Westerwelle, sondern ist ein Problem der Partei und derjenigen - das sind die Vorgänger von Guido Westerwelle gewesen -, die im Rahmen einer Koalitionsregierung immer wieder versucht haben zu erklären, eine eigenständige Profilierung der FDP in einer Koalition schade. Ich bin gegenteiliger Auffassung. Jetzt rächt sich im Prinzip in Zeiten der Opposition, dass eine entsprechende Pflege von kreativen Köpfen, die auch quer denken, nicht betrieben wurde.
Breker: Einer der Vorgänger von Guido Westerwelle heißt Wolfgang Gerhardt. Er hat sich vor dem Dreikönigstreffen mit Kritik zu Wort gemeldet. Hinterher gibt es nur eitlen Sonnenschein. War also dessen Kritik in der Sache falsch?
Kubicki: Die Bestandsaufnahme ist in der Sache zutreffend, solange man das nicht auf den Bundesvorsitzenden alleine fokussiert. Dass er das in der öffentlichen Kommunikation gemacht hat, glaube ich, ist etwas ein Nachkarten der Tatsache, dass Guido Westerwelle ihn als Fraktionsvorsitzenden abgelöst hat und der Kollege Wolfgang Gerhardt das noch nicht ganz verwunden hat. Aber in der Sache selbst, was die Pointierung der FDP-Position angeht, nicht so wie Dirk Niebel das macht, sondern mit Werten unterlegt, teile ich die Auffassung von Wolfgang Gerhardt.
Breker: Kann man eigentlich, Herr Kubicki, noch mit Leidenschaft Mitglied der Westerwelle-FDP sein?
Kubicki: Ich bin aus Leidenschaft und mit Leidenschaft Liberaler, und ich denke, dass die liberalen Kräfte keine andere wirkliche politische Heimat finden als die der FDP. Alles was man dort kritisieren kann, kann man verändern und verbessern. Ich wünsche mir - und daran werde ich arbeiten -, dass die Positionierung der FDP gerade in Bürgerrechtsfragen wieder deutlicher wahrgenommen wird als in der Vergangenheit, denn mittlerweile merken die Menschen, dass unter dem Stichwort "wir bekämpfen den Terror und garantieren Sicherheit" ihnen viele Freiheitsrechte und Bürgerrechte weggenommen werden.
Breker: Wird denn, Herr Kubicki, die FDP überhaupt noch als politische Heimat wahrgenommen oder wird sie nicht in den Augen der Öffentlichkeit eher wahrgenommen als Wahlverein zur Teilhabe an der Macht?
Kubicki: Dieser Diskussion stellt sich die FDP, seitdem ich sie kenne. Ich bin jetzt 37 Jahre Mitglied dieser Partei, und es gab kein Jahr, wo nicht diese Frage gestellt wurde. Ich kann mich aber an Zeiten erinnern, da hatten wir schlechtere Umfrageergebnisse als acht, neun oder zehn Prozent stabil, und ich bin sicher, dass wir auch nach den Wahlkämpfen in Hessen und Niedersachsen dokumentieren können, dass die FDP von den Ländern ausgehend wieder zu einer gestaltenden politischen Kraft wird.
Breker: Sie haben die Umfragen angesprochen, Herr Kubicki. Die FDP liegt in etwa bei zehn Prozent. Nur diese zehn Prozent, das ist in etwa das Ergebnis der Bundestagswahl von 2005. Normalerweise, wenn es Große Koalitionen gibt, profitieren die kleinen. Die FDP profitiert nicht. Woran liegt das?
Kubicki: Zunächst einmal müssen sich die Kleinen, wie Sie das sagen, Grüne, Linke und FDP, einen wesentlichen Teil von Wählern teilen, die mit der Großen Koalition unzufrieden sind. Aber ich kann mich nur wiederholen: Es gab Zeiten auch nach herausragenden Wahlergebnissen von zwölf Prozent, die wir hatten, da sind wir innerhalb von zwei Jahren wieder auf die Hälfte reduziert worden. Wir bleiben stabil bei den zehn Prozent auch in meinem Land. Das ist etwas, was es in der Geschichte der FDP so konstant nicht gegeben hat, und ich bin sicher, dass das eine gute Ausgangsbasis ist, auch bei den Landtagswahlen und bei der Bundestagswahl noch erheblich zuzulegen und damit zu dokumentieren, dass es doch eine bürgerliche Mehrheit in Deutschland gibt.
Breker: Und die Themen, mit denen man eine Mehrheit herstellen kann, wären außer eben halt Wirtschaftsliberalismus?
Kubicki: Ich glaube, dass der Begriff, den Sie verwenden, Wirtschaftsliberalismus zu kurz gesprungen ist. Wir sind keine Verteidiger von Wirtschaftsinteressen, aber wir sind eine Partei, die darauf Wert legen muss, dass alle an dem Wohlstand, der erwirtschaftet werden muss, partizipieren können. Das zentrale Thema 2009 wird aber nicht die Wirtschaft sein. Das zentrale Thema 2009 wird sein, wie garantieren wir die bürgerlichen Freiheiten gegenüber einem Staat, der immer mächtiger wird?
Breker: Und welche Persönlichkeiten innerhalb der FDP sehen Sie da, die dafür stehen?
Kubicki: Schon in der Vergangenheit wünschte ich mir, dass Guido Westerwelle auf diesen Punkt mehr Wert legen würde, und ich bin sicher, dass er in diese Rolle hineinschlüpfen kann. Ansonsten hat die FDP eine Reihe von herausragend guten jungen Politikern, ob ich an den Kollegen Fricke denke, an den Kollegen Rösler aus Niedersachsen oder auch an den Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, den ehemaligen, Herrn Vogel. Das sind alles Persönlichkeiten, von denen wir in den nächsten Jahren noch erheblich Gutes hören werden.
Breker: Und die brauchen einfach nur mehr Mut?
Kubicki: Die brauchen mehr Mut und vor allen Dingen auch mehr Durchsetzungsfähigkeit, was ihre eigenen Positionen angeht, nicht immer warten, dass man unterstützt wird, sondern für die eigene Position kämpfen. Das ist der Ausgangspunkt jedes Erfolges.
Breker: Im Deutschlandfunk war das Wolfgang Kubicki. Er ist der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten im schleswig-holsteinischen Landtag. Herr Kubicki, danke für dieses Gespräch.
Kubicki: Ich danke Ihnen.